»Gemeinsam mit Rücksicht« in der Fußgängerzone

Die Friedrichstraße in Bonn ist eine Fußgängerzone, durch die man auch mit dem Fahrrad fahren darf. Die Hierarchie zwischen den Verkehrsarten ist somit ganz klar: Der Fußverkehr ist dort das wichtigste. Der Radverkehr ist dort zu Gast, und darf sich mit Schrittgeschwindigkeit durch die Menschenmassen schlängeln. Aber man darf nicht klingeln, nicht bedrängen, oder deutlich schneller fahren, als die Fußgänger*innen sich bewegen. Umso irritierender fand ich dieses Schild, das ich dort gesehen habe:

Auf dem Schild steht »Gemeinsam mit Rücksicht« und zeigt Rad- und Fußverkehr. Das mag auf gemeinsamen Wegen (Zeichen 240 oder Feldwege) durchaus sinnvoll sein. Aber dort in der Fußgängerzone ist es keine Gemeinsame Verkehrsfläche. Radverkehr ist zu Gast und hat sich unterzuordnen.

Dass die Friedrichstraße überhaupt für den Radverkehr freigegeben ist, liegt an der parallelen Oxfordstraße. Dort war bis vor kurzen nur ein mickriger Schutzstreifen, mit dem man sich nicht sicher gefühlt hat. Daher haben viele lieber die parallele Route durch die Fußgängerzone genommen:

Nun haben wir inzwischen einen Umweltstreifen auf der Oxfordstraße. Man kann dort deutlich besser langfahren. Die Notwendigkeit, durch die Friedrichstraße zu fahren, ist also geringer als vorher. Und wenn man sich die Straße an einem Samstagmittag einmal anschaut, dann ist da auch wirklich nicht so viel Platz für Radverkehr:

Man kann dort übringens kein Schild Fußgängerzone sehen, weil das alles Teil der Fußgängerzone ist. Hier endet nur die Ausnahme für den Bus- und Taxiverkehr auf dem Friedensplatz.

Bekloppterweise hat der Fahrradlieferdienst Gorillas in der Friedrichstraße sein Lager. Das ist eine Fehlkonstruktion. Konkurrent Flink hat das Lager in der Oxfordstraße, das ist viel sinnvoller.

Ich verhalte mich mit dem Fahrrad rücksichtsvoll, auch in freigebenen Fußgängerzonen. Aber der Gaststatus stört mich nicht. Wahrscheinlich soll das »Gemeinsam mit Rücksicht« vor allem ein Appell an die Radfahrer*innen sein. Aber ich fürchte, dass es dem Radverkehr einen falschen Eindruck über das vorgesehene Verhalten gibt.

Es ist immer wieder interessant, wenn sich für den Fußverkehr einsetzende Personen annehmen, ich würde immer pauschal die Seite des Radverkehrs einnehmen. Das ist beim Konflikt mit dem Autoverkehr häufig der Fall. Aber ich sehe den Fußverkehr ebenfalls als wichtig an, ich selbst gehe ja auch gerne durch die Fußgängerzone. Und hier muss man einfach mal sagen, dass der Radverkehr halt nicht das wichtigste ist.

Vielmehr will ich auch der Politik und Verwaltung nicht aus der Pflicht nehmen, sinnvolle Radrouten zu schaffen. Wenn man eine Radroute durch die Friedrichstraße als ernsthafte Lösung betrachten würde, dann würde dadurch die Notwendigkeit für den Umweltstreifen auf der Oxfordstraße negieren. Und das ist gar nicht in meinem Interesse.