Homöopathie bei MaiThink X

Die Tage habe ich die Folge zu Homöopathie von MaiThink X gesehen. Moderatorin Mai Thi Nguyen-Kim ist Chemikerin und erachtet als Naturwissenschaftlerin die Homöopathie natürlich als ausgemachten Quatsch. Aber sie hat versucht sich auf die Aussagen einzulassen und diese dann gekonnt zu Widersprüchen geführt. Einige der Argumente fand ich so gut, dass ich hier noch einmal darüber schreiben möchte.

Die Grundidee bei Homöopathie ist, dass man den Wirkstoff immer weiter verdünnt. Dabei verdünnt (»potenziert«) man entweder um einen Faktor 10 (D-Potenz) oder Faktor 100 (C-Potenz). Eine Dosierung wie C30 wurde also 30-Mal um einen Faktor 100 verdünnt. Das bedeutet also eine Verdünnung um 60 Größenordnungen. Die Masse der Erde ist ungefähr 10²⁶ kg. Nimmt man wohlwollend an, dass das alles Wasserstoff ist, so hätte man ungefähr 10⁵³ Wasserstoffatome (Erdmasse geteilt durch Protonmasse). Selbst wenn man die komplette Erde an Globoli hätte, dann müsste man noch einmal einen Sechser im Lotto haben, damit da ein Wirkstoffmolekül dabei wäre. So viel Zucker kann man gar nicht essen.

Und natürlich erhöht man die Wassermenge nicht immer weiter, sondern man schüttet die Zwischenergebnisse weg. Allerdings, merkt sie in der Sendung an, enthält dieses Abwasser doch laut Homöopathie einen Wirkstoff. Man darf ja auch nicht echte Medikamente in Wasser auflösen und wegschütten, sondern das muss entsprechend gereinigt werden. Chemie- und Pharmakonzerne müssen ihr Abwasser entsprechend vorbereiten und dann schaut die Abwasserbehörde natürlich auch drauf. Sie haben im Rahmen der Sendung einmal nachgefragt, und bekamen von den Städten, in denen die Hersteller ansässig sind, eine Antwort. Da das Wasser ja durch Aktivkohle im Abwasserwerk gereinigt wird, besteht da kein Problem. Es sei in dem Wasser ja auch nichts drin. Aber Moment, sagt sie, die Wirkung von Homöopathie ist doch gerade nicht stofflich. Vielmehr ist es die Erinnerung des Wassers an den Wirkstoff. Und wie setzt man denn die Erinnerung des Wassers zurück? Da ist offensichtlich eine Regelungslücke.

Dann kommt noch die nächste tolle Frage: Selbst wenn man glaubt, dass das Wasser das Gedächtnis hat, warum sollte das dann auf die Zuckerkugeln übergehen? Das Wasser wird auf die Kugeln gesprüht und verdunstet dann. Danach ist es weg. Wie geht die Erinnerung an den Zucker über? Hat der Zucker auch ein Gedächtnis?

In der Sendung produzieren sie einen Eistee, der mit Globuli gesüßt ist. Und sie versuchen den als Lebensmittel zuzulassen. Dazu stellen sie zwei Anfragen. Einmal fragen sie, ob sie in der Apotheke Safran-Globuli kaufen und reinfüllen dürfen. Und dann fragen sie, ob sie Safran kaufen, diesen verdünnen und auf Zuckerkugeln sprühen, und diese dann in den Tee packen dürfen. Sie haben für die Anfrage exakt die Herstellungsanweisung der Homöopathie zitiert. Die Behörde hat gesagt, dass das erste nicht erlaubt ist, das zweite aber schon.

Dass Leute bei Heilpraktiker*in sich zum ersten Mal ernstgenommen fühlen, weil sie psychosomatische Beschwerden haben, aber auch nicht zu Psychiater*in oder Therapeut*in gehen wollen, kann ich verstehen. Aber dass die Krankenkassen die Homöopathie bezahlen und teilweise Heilpraktiker*innen Krankheiten verschleppen, finde ich überhaupt nicht gerechtfertigt. Die Sendung hat gut aufgezeigt, wie bescheuert die Gesetzgebung da ist. Es kann nicht sein, dass gesegnete Zuckerkügelchen einen besonderen Status haben. Mal schauen, ob sich da eine generelle Stimmungsänderung für ergibt und das Zeug wegkommt.

Insgesamt eine lustige und irgendwie frustrierende Sendung, kann ich sehr empfehlen! Ich war echt erstaunt, dass die Abgründe noch tiefer sind, als ich anfangs gedacht hatte.