»Autostraße« und »Drogendealer«: Ein absurder Morgen
Ich hatte einen Morgen, an dem ich mir Schwachsinn über »Autostraßen« anhören musste. Als wäre das nicht genug, hielt mich auf dem Rückweg noch eine für einen Drogendealer. Einer der absurdesten Tage, die ich seit längerem hatte.
Auf dem Weg zum Fitnessstudio komme ich in der Karl-Legien-Straße vorbei. Ich fahre da immer hinten herum zum REWE. Das ist kürzer als erstmal über die Römerstraße zu fahren. Mir kam eine Frau mit blauem Auto entgegen, ich schätze sie so auf um 40 Jahre alt. Auf ihrer Seite sind diverse geparkte Autos. Ich habe das mal symbolisch dargestellt:
An sich sind die Regelungen hier ganz eindeutig: Das Hindernis ist auf ihrer Seite, sie hat auf mich zu warten. Auf dem Gehweg darf ich nicht fahren. Sie hätte mich vorbeilassen müssen oder zumindest so weit auf ihre rechte Seiten fahren müssen, dass ich passieren könnte.
Das hatte sie nicht gemacht. Anstelle dessen fuhr sie relativ weit auf ihrer linken Seite, ich musste stark abbremsen. Sie fuhr dann sehr widerwillig etwas zur Seite. Als ich vorbei war, hörte ich sie pöbeln. Ich drehte um und erkundigte, was ihr Problem sei.
Da wurde es dann sehr absurd. Sie lenkte etwas auf den Gehweg, um sich mit mir zu unterhalten. Sie erklärte mir, dass ich doch bitte Platz machen sollte. Ihrer Meinung nach hätte ich als Radfahrer auf dem Gehweg fahren sollen um den Autos Platz zu machen. Sie nannte die Fahrbahn »Autostraße«. Ich hielt dagegen, dass man auf dem Gehweg nicht mit dem Fahrrad fahren darf, die Fahrbahn für alle Fahrzeuge ist und außerdem sie das Hindernis auf ihrer Seite hätte. Mir war natürlich klar, dass sie das nicht verstehen will oder kann.
Wie immer, wenn Leuten argumentativ verlieren, verändern sie den Diskussionsrahmen. Sie kam dann mit »man sei doch auch Mensch«, und man könnte doch Platz machen. Gut, ist sie etwa kein Mensch, dass sie keinen Platz auf der Fahrbahn machen kann? Außerdem sollen sich die Leute meiner Meinung nach ersteinmal an ihre grundlegende Pflichten halten, und dann können wir gerne über Kulanz sprechen. Wer aber mit dem Auto derart dreist auf mich zuhält, dem komme ich nicht noch entgegen.
Im Auto saßen noch einige Jugendliche, vielleicht die Kinder. Die versuchten durch Pöbeln irgendwie noch die Diskussion zu gewinnen. Das beste Argument des Typen hinten im Auto war, dass ich ja eine Maske tragen würde und daher auch auf dem Gehweg fahren könnte. Das ich eine Maske trage hat er schon korrekt erkannt, das mache ich gegen die Pollen. Auf meine Nachfrage, was das eine mit dem anderen zu tun hätte, konnte er mir nichts sagen.
Dann kam in der Straße noch eine Frau in einem Auto aus meiner Richtung. Sie konnte nicht an dem blauen Auto vorbei, die stand ja total im Weg damit. Die Fahrerin entschuldigte sich ganz lieb dafür, dass sie der anderen Autofahrerin im Weg stand. Das ist auch mal wieder ziemlich typisch.
Die Fahrerin übernahm dann wieder. Sie wollte sich ja gar nicht streiten, behauptete sie. Aber anscheinend doch. Da war echt keinerlei Einsicht auf ihrer Seite. Die hat wohl ein geistiges Bild vom Straßenverkehr wie dieser Senior hier, der die Aufhebung der allgemeinen Nutzungspflicht 1998 noch nicht mitbekommen hat. Aber gut, solche Gespräche sind nie zielführend, die Leute sind wohl so voller Hass, dass sie für Argumente nicht zugänglich sind. Sie fahren ihre gefühlte StVO, alles andere verwirrt nur.
Ich bin dann erstmal ins Fitnessstudio gegangen, habe versucht die Wut über die dumme Frau an den Gewichten auszulassen. Das hat auch einigermaßen funktioniert, nach dem Training konnte ich schon fast wieder darüber lachen.
Die Straße lädt auch ein bisschen dazu ein, dass man sie ein bisschen als Einbahnstraße wahrnimmt. Der meiste Verkehr dort wird wohl nicht von den zwei Häusern am Ende kommen, sondern vom Parkplatz des Rewe.
Und die Auffahrt dort ist eine Einbahnstraße. Da kommt einem also niemand mit dem Auto entgegen.
Mit dem Fahrrad kann ich aber absteigen, schieben und dann gilt das Schild nicht mehr für mich. Das ist dann ziemlich praktisch. Viel Autoverkehr hat man dort aber nicht in die andere Richtung. Trotzdem ist die Straße selbst keine Einbahnstraße.
Auf dem Rückweg nach Hause kam mir dann eine ältere Frau im Auto entgegen. Weil nun ich die Hindernisse auf meiner Seite hatte, blieb ich entsprechend zwischen den geparkten Autos stehen. Dann blieb sie auf meiner Höhe stehen und lies das Fenster herunter, um mich anzusprechen. Gutgläubig, wie ich so bin, dachte ich an eine Nachfrage nach dem Weg oder so etwas. Nein.
Sie meinte, dass ich ihr schon heute morgen aufgefallen sei. Da hätte ich mit einem Auto voller Jugendlicher gesprochen. Ich wollte gerade ansetzen und diese Geschichte erzählen, da fiel sie mir ins Wort. Sie sei überzeugt davon, dass ich da Drogen dealen würde; sie hätte ein Auge für sowas. Sie würde das im Blick behalten. Und wenn sie mich noch einmal dort sehen würde, riefe sie die Polizei. Uff.
Ich war einfach sprachlos. Würde man mir vorhalten den Verkehr aufzuhalten, würde mich das nicht überraschen. Aber das? Ich stelle mir meine Karriere als Drogendealer so vor, dass ich innerhalb der ersten Stunde einem Polizisten in Zivilkleidung was zu verkaufen versuche und dann die Karriere auch schon zu Ende ist. Aber gut, die alte Frau hat ja laut eigener Aussage einen Blick dafür. Da das hier direkt neben meinem Fitnessstudio war, wird sie mich wohl noch häufiger dort sehen. Vielleicht gibt es dann ja noch Material für einen weiteren Blogartikel.
Was für ein Tag. Und das alles noch vor dem Mittagessen.