Geringe Fahrbahnbreite ermuntert Gehwegparken

In einem relativ neuen Baugebiet in Vilich-Müldorf in Bonn parken die Anwohner*innen immer so ein bisschen auf dem Gehweg:

Ich habe mich gefragt, warum Leute das eigentlich tun. Warum stellen die ihr Auto nicht einfach satt auf die Fahrbahn, müsste doch breit genug sein? Ist das einfach so eine Gewohnheitssache, dass man immer irgendwie auf dem Gehweg stehen muss? Oder ist die Fahrbahn womöglich echt so schmal, dass man so parken muss, damit andere Autos durchpassen? Messen wir doch einmal nach!

Die Straße setzt sich so zusammen:

Teil Breite / cm
Gehweg 170
Bordstein 15
Rinnstein 30
Fahrbahn 390
Rinnstein 30
Bordstein 15
Gehweg 170

Die Messwerte habe ich ein bisschen gerundet, so präzise kommt es ja nicht.

Insgesamt hat die Straße dann 820 cm Breite. Die Aufteilung können wir auf StreetMix schick visualisieren:

Und hier kann man schon erkennen, wie viel Fahrbahn übrig bleibt, wenn man hier auf der Fahrbahn parkende Autos vorsieht. Rechnet man die Rinnsteine drauf, so haben wir 450 cm Fahrbahn. Davon muss man dann gut 180 cm Breite für ein Auto abziehen, Seitenspiegel kommen noch einmal dazu. Bleiben nur noch 270 cm übrig. Sobald etwas entspannter geparkt wird, sind es wohl weniger als 250 cm.

Fahrzeuge dürfen zugelassen werden mit einer maximalen Breite von 255 cm1. Das wird also sehr knapp. Und ich gehe davon aus, dass die Autofahrenden das merken. Oder sich vielleicht selbst ärgern, wenn die Fahrbahn durch parkende Autos so schmal wird. Und man nimmt dann Rücksicht auf die anderen Autofahrenden, indem man ein bisschen auf dem Gehweg parkt. Aus der Perspektive eines Autos ist das sehr logisch.

Unlogisch wird es für die Menschen, die dort zu Fuß gehen. Die haben einen Gehweg, der mit 170 cm schon unterhalb des Regelmaßes von 250 cm liegt. Durch die parkenden Autos ist der schnell auf unter 150 cm reduziert, das neue Mindestmaß das man in Bonn auch mehr oder wenig wirklich willens ist durchzusetzen.

Die Bordsteine sind auch alle niedrig, laden also zum Parken ein. Aber das ist trotzdem nicht erlaubt, auf dem Gehweg zu parken. Es ist aber auch verboten, auf der Fahrbahn zu parken, wenn weniger als 305 cm frei bleiben. Dies ist hier immer der Fall, somit ist Fahrbahnparken auch immer verboten. Effektiv ist dort Parkverbot. Trotzdem parken die Leute da, die geringe Fahrbahnbreite und die niedrigen Bordsteine laden dazu ein. Ich habe mich gefragt, warum man so anlegt. Vielleicht kann und möchte mir das Stadtplanungsamt der Stadt Bonn diese Frage ja beantworten.

E-Mail an stadtplanungsamt@bonn.de am 08.07.2022

Sehr geehrte Damen und Herren,

der Buschweg in Vilich-Müldorf scheint Teil eines eher neueren Wohngebietes zu sein. Dort sehe ich fast immer Fahrzeuge, die zum Teil auf dem Gehweg geparkt sind. Ich fragte mich, ob die Autofahrer*innen das einfach aus Gewohnheit machen, oder ob die Fahrbahn wirklich so schmal ist. Zählt man den Rinnstein (30 cm) dazu, so hat man 450 cm Fahrbahnbreite. Da man 305 cm Breite freilassen muss, darf das Auto maximal 145 cm breit sein, das trifft wohl auf kein heutiges Auto mehr zu. Somit herrscht auf der Fahrbahn faktisch Parkverbot.

Die Gehwege haben inklusive Bordstein (15 cm) nur eine Breite von 185 cm, das ist also auch unter dem Regelmaß von 250 cm. Mit den parkenden Autos verringert sich die nutzbare Breite dann eher auf unter 150 cm, mit allen bekannten Problemen. Nach meinem Wissenstand wird in Wohngebieten das Gehwegparken auch (abgesehen von konkreten Beschwerden) geduldet, zumindest wollte mich 33-1 bisher nicht vom Gegenteil überzeugen.

Die Bordsteine sind dort alle niedrig, sie laden förmlich zum Überfahren und Parken ein. Die eher schmal ausgelegte Fahrbahn führt zu einem Parkverbot auf der Fahrbahn. Leider gibt es überall im Stadtgebiet mehr Autos als legale Parkplätze, daher wird ausgewichen. Ich würde allerdings trotzdem gerne wissen, warum hier die Fahrbahn trotz dem dann verbotenen Fahrbahnparken so bemessen worden ist, und warum die Bordsteine so niedrig sind, obwohl dort keine Einfahrten sind.

Mit freundlichen Grüßen

Martin Ueding

Am 26.07.2022 bekam ich eine Antwort aus dem Stadtplanungsamt. Der Bebauungsplan dieser Wohnsiedlung ist 2003 rechtskräftig geworden, entspricht also Planungen aus den 90er Jahren. Daher entspricht es auch nicht den heutigen Standards. Weil die Fahrbahn noch in gutem Zustand sei, würde man da aktuell nichts verändern. Der Ordnungsdienst sei aber auf die Situation aufmerksam gemacht worden.

Ich denke, wahrscheinlich geprägt durch meine Arbeit als Softwareentwickler, in viel kürzeren Iterationen. Ich hätte das Wohngebiet irgendwie aktueller eingeschätzt. Aber so kann man sich da auch irren. Dass sie dort nichts verändern wollen, kann ich gut verstehen. Den Ordnungsdienst da einmal Streife fahren lassen geht das eigentliche Problem, das Gehwegparken, an. Das klingt für mich nach einer vernünftigen Lösung, um die Gehwege wieder für den Fußverkehr freizubekommen.

Es wurde um Rückmeldung bei Zeiten gebeten, da kann ich dann berichten, ob das mit dem Ordnungsdienst geklappt hat. Das klingt nach Interesse, das finde ich ebenfalls sehr gut.

Drei Monate später

Ich bin die Strecke zwei- bis dreimal die Woche gefahren. Ohne eine Statistik geführt zu haben scheinen nun mehr Fahrzeuge auf der Fahrbahn geparkt zu werden. Es stehen natürlich weiterhin immer mal wieder Fahrzeuge auf dem Gehweg. Das System scheint sich allerdings etwas gewandelt zu haben. Das ist durchaus ein Fortschritt! Entsprechend habe ich das am 29.10.2022 auch einmal an die Stadtverwaltung weitergegeben.