Anfrage zum Vorgehen der städtischen Verkehrsüberwachung

Im Bonner Rat haben die Fraktionen der Linke, SPD und Volt am 29.04.2022 eine große Anfrage an die Stadtverwaltung mit dem Titel »Vorgehen der städtischen Verkehrsüberwachung« gestellt. Darin geht es um das geduldete Gehwegparken und die Frage, ob die Verwaltung plant eine Dienstanweisung und Regelfälle zu erstellen. Und natürlich die Frage nach der Fahrradstaffel. Die Anfrage findet man im Ratssystem der Stadt Bonn, ich habe hier auch noch eine Kopie der Anfrage (PDF).

Diese Anfrage wurde am 25.05.2022 im Ausschuss für Mobilität und Verkehr (manchmal »MoVe« genannt) zur Kenntnisnahme vorgelegt. Die Verwaltung bat um Vertagung auf die nächste Sitzung am 31.08.2022, da sie für die Antwort noch mehr Zeit braucht. Im Oktober war die Antwort dann online verfügbar, man findet sie unter »ST 2« oder hier als Kopie der Antwort (PDF).

Hier möchte ich die einzelnen Fragen einmal durchgehen und die Antworten etwas kommentieren.

Urteil aus Bremen

Die Frage 1:

Wie bewertet die Verwaltung das Urteil zum aufgesetzten Parken des VG Bremen (5 K 1968/19)? Welche Folgen ergeben sich für die Stadt, die Straßenverkehrsbehörde und den Ordnungsdienst dadurch?

Das Urteil findet man auf der Seite des VG Bremens, es hat dort den Titel »Administratives Einschreiten gegen Gehwegparken«. Dort ist auch das Urteil verlinkt, ich habe hier noch eine Kopie des Urteils (PDF).

Tatbestand

Die Situation dort in Bremen scheint analog zu der in Bonn zu sein. Fünf Anwohner*innen hatten geklagt, weil in ihren Wohnstraßen die Gehwege beparkt werden und das Ordnungsamt der Stadt dort nicht eingeschritten ist. Die Kläger*innen sprechen von einer ausdrücklichen Duldung:

Die Parksituation sei für Fußgänger, insbesondere für Kinder, immer unerträglicher. Nur selten, d.h. in gravierenden Fällen werde eingeschritten. […] Ein Gespräch mit Mitarbeitern des Stadtamtes habe ergeben, dass es eine ausdrückliche Anweisung gebe, ordnungswidrigkeitsrechtlich nicht gegen das rechtswidrige Gehwegparken vorzugehen. […] Die Straßenverkehrsbehörde teilte mit, dass die Situation bekannt und das aufgesetzte Gehwegparken ordnungswidrig sei. Es handele sich um ein reines Überwachungsproblem; zuständig sei die Verkehrsüberwachung.

Die Situation ist vergleichbar mit der Max-Bruch-Straße, in der auch illegal auf dem Gehweg geparkt wird. Aus der damaligen E-Mail lese ich eine Duldung heraus. Offiziell gäbe es keine Duldung. Sie hätten schlicht zu wenig Personal, um überall zu sein. Auf eine E-Mail bezüglich Duldung an das Ordnungsamt der Stadt Bonn bekam ich keine Antwort. Da wollte man sich wohl nicht angreifbar machen. In einer damaligen Anfrage im Rat hat die Verwaltung ebenfalls davon gesprochen, dass es offiziell keine Duldung gäbe, sie hätten einfach nur nicht genug Personal um überall zu kontrollieren.

Und das alleine ist schon ein Unding für mich. Durch die mangelnde Kontrolle wird ein effektiv rechtsfreier Raum geschaffen. Und gerade die angeblichen Parteien mit »Law & Order« fordern doch immer, dass es keine rechtsfreien Räume geben darf. Also außer, es geht ums Parken.

Die Kläger*innen wandten sich per Fachaufsichtsbeschwerde an den Senator für Inneres. Es wurde eine Ortsbegehung zeigte, dass trotz parkender Autos noch genug Platz bleiben würde:

Eine Ortsbegehung in der im Februar 2017 habe ergeben, dass durch das aufgesetzte Gehwegparken die erforderliche Restfahrbahnbreite sogar für größere Kraftfahrzeuge verbleibe. Dadurch sei es auf den Gehwegen vereinzelt zwar etwas enger, ein Durchkommen sei jedoch auch mit Kinderwagen weiterhin möglich und ein Ausweichen auf die Fahrbahn nicht erforderlich. […] Insgesamt sei die Situation vor Ort im Vergleich zu anderen Straßen im Stadtgebiet komfortabel und absolut verkehrssicher. […] Bei Verkehrsbehinderungen sei es dem Kläger zu 1. unbenommen, sich an das Ordnungsamt oder die Polizei zu wenden.

Und auch das kommt mir sehr bekannt vor. Ich hatte mich wegen des illegalen Gehwegparkens auch an die Bezirksregierung gewandt. Diese sieht da kein Problem, schließlich käme man dort noch durch. Das offizielle Kriterium »Kinderwagen im Begegnungsverkehr«, das ich auf etwas über zwei Kinderwagenbreiten auslegen würde, legt die Bezirksregierung auf etwas mehr als eine Kinderwagenbreite aus und die Möglichkeit in Lücken auf den passierenden Gegenverkehr zu warten.

Die Kläger*innen versuchten erneut die Straßenverkehrsbehörde (zuständig für Schilder und Poller) dazu zu bringen, hier etwas zu tun. Diese weigerten sich und verwiesen darauf, dass die Rechtslage vor Ort klar ist und es nicht ihre Aufgabe sei dort etwas zu unternehmen. Da habe ich in Bonn schon positive Ausnahmen erlebt, ein ehemaliger Parkplatz auf dem Gehweg wurde mit Pollern gesichert. In Köln weiß ich von einem Fall, bei dem sich die Straßenverkehrsbehörde analog zu Bremen geweigert hat Poller gegen illegales Gehwegparken zu installieren. Dies ging dann noch mehrfach zwischen Senator, Straßenverkehrsbehörde und den Kläger*innen hin und her. Schön ist dann noch dieser Abschnitt aus der Tatbestandsbeschreibung:

Verkehrszeichen seien nicht anzuordnen, da der Grundsatz „So viele Verkehrszeichen wie nötig, so wenig Verkehrszeichen wie möglich“ gelte und zweifelhaft sei, ob sich durch die Anordnung Rechtsverstöße verhindern ließen. Es sei davon auszugehen, dass die Parkvorschriften allen Verkehrsteilnehmern ausreichend bekannt seien und aufgrund des Parkdrucks dennoch verkehrsordnungswidrig geparkt werde. […] Den Klägern sei es unbenommen, mit einer Anzeige ein Tätigwerden der Ordnungsbehörden zu bewirken.

Man darf immer davon ausgehen, dass sich andere Personen rechtskonform verhalten, sonst könnte man nichts mehr sinnvoll machen. Bei Autofahrer*innen eine Regelkenntnis bezüglich des Parkens anzunehmen ist daher korrekt, erscheint mir aber naiv. Außerdem ist es korrekt, dass man keine redundanten Schilder aufstellen darf. Erschreckend finde ich allerdings wie die Straßenverkehrsbehörde hier die Ausrede der Autofahrer*innen, »Parkdruck«, einfach übernimmt.

Sie verweist auf die Ordnungsbehörden, womit sie allerdings auch Recht hat. Würde der Ordnungsdienst an diesen Stellen konsequent einschreiten, dann wäre das Problem auch schnell aus der Welt.

Die Kläger*innen beschreiben, wie die Ordnungsbehörden nur in dringenden Fällen aktiv werden und keine systematischen Probleme lösen. Daher sehen sie die Straßenverkehrsbehörde in der Pflicht etwas zu tun. Sie erheben daher Verpflichtungsklage gegen die Straßenverkehrsbehörde und wollen sie dazu zwingen hier Maßnahmen zu ergreifen und zu evaluieren.

Die Behörde widerspricht dem natürlich. Die Begründung erscheint mir allerdings haarsträubend. Dort stünden ja keine Verkehrszeichen, die das Parken explizit verbieten:

[…] fehle es an einem vollstreckungsfähige Verwaltungsakt, da in den betroffenen Straßen keine das aufgesetzte Gehwegparken verbietenden Verkehrszeichen aufgestellt seien.

Wahrscheinlich übersehe ich dort Nuancen, jedoch scheint es so, als wolle die Behörde keine Schilder aufstellen, weil es schon ein generelles ein Parkverbot auf Gehwegen gibt. Sie will aber auch nichts tun, weil das Gehwegparken nicht explizit verboten ist. Grundsätzlich ist alles erlaubt, was nicht explizit verboten ist. Gehwegparken ist explizit durch die StVO verboten. Und daher darf die Behörde keine Schilder aufstellen. Soweit okay. Aber dann will sie nichts machen, weil es ja nicht explizit durch Schilder verboten ist. Und damit sei es dann erlaubt, dort zu parken‽

Und dann wird darauf verwiesen, dass die Verstöße (jetzt doch wieder illegales Verhalten?) gar nicht so schlimm seien:

Die nach § 11 Abs. 2 BremVwVG notwendigen Voraussetzungen lägen ebenfalls nicht vor, da die festgestellten Parkverstöße nicht so gravierend seien, dass ein ordnungsbehördliches Eingreifen geboten sei; die Fahrbahn und die Gehwege seien noch breit genug.

Wenn also Ordnungsamt oder Polizei da nicht einschreiten würden, dann wäre es also gar nicht so schlimm.

Die »Duldung«, die in Gesprächen wohl zum Anklang kam, konnte natürlich nicht auf dem offiziellen Weg rekonstruiert werden. Es wäre auch verwunderlich, wenn eine Behörde sich derart angreifbar machen würde.

Der vom Kläger zu 1. beschriebene Vorgang zu einer vermeintlichen Weisungslage bezüglich der Mitarbeiter der Verkehrsüberwachung lasse sich nicht mehr abschließend nachvollziehen.

Und dann schreibt die Straßenverkehrsbehörde auch noch die folgenden tollen Sätze, zu deren Einordnung ich aber ein bisschen Kontext geben muss.

Der Verweis auf eine Schwerpunktsetzung in der Überwachung des ruhenden Verkehrs aufgrund beschränkter personeller Kapazitäten werde oft missverstanden. Eine hundertprozentige Überwachung könne nicht gewährleistet werden.

Generell gibt es in den meisten Bundesländern die Aufteilung, dass sich die Polizei um den »fließenden Verkehr«, das Ordnungsamt um den »ruhenden Verkehr« kümmert. Diese Aufteilung finde ich etwas befremdlich. Wenn ein Auto auf dem Radweg geparkt wird und dort den Radverkehr behindert, dann wird der fließende Radverkehr behindert. Zuständig ist hier aber das Ordnungsamt, weil es sich um ein geparktes Auto handelt. »Ruhender Verkehr« meint also den Autoverkehr. Jedenfalls ist das mit »Schwerpunktsetzung in der Überwachung des ruhenden Verkehrs« gemeint.

Und die Aussage der Straßenverkehrsbehörde ließt sich für mich so, als wäre es akzeptabel sich hinter den Personalmangel zurückzuziehen. Dieser Mangel kann auch strategisch oder politisch gewollt sein. Denn wenn man zu wenig Personal für die Überwachung einstellt, schafft man rechtsfreie Räume. Das kann durchaus politisch gewollt sein.

Ich sehe parallelen zur Garantie für Plätze in Kindertagesstädten. Man hat die Garantie einen Platz zu bekommen. Also außer, dass zu wenige Plätze da sind. Dann hat man halt Pech. Man kann diese Argumentation eigentlich auf die komplette Daseinsvorsorge des Staates ausweiten. In Gesetzen seien zwar viele Dinge geregelt, aber man lässt das einfach schleifen. Wenn man nicht genügend Kontrolleure im Gesundheitsamt hat, werden halt nicht 100 % aller Restaurants kontrolliert. Gerade in den Außenbezirken sollte man als Kund*in die gesetzlichen Vorgaben nicht missverstehen, nicht jedes Restaurant kann kontrolliert werden. Dass es dann immer wieder zu Lebensmittelvergiftungen kommt, wäre halt einfach so. Mich macht das wütend und fassungslos.

Entscheidungsbegründung

Dann geht es zur Entscheidungsbegründung. Die Verwaltung kann nicht auf die Umsetzung von »geeigneten« Maßnahmen verklagt werden, die Maßnahmen müssen »spruchreif« konkretisiert sein. Dies ist nicht der Fall, daher wird das abgelehnt.

Das haben die Kläger*innen allerdings schon kommen sehen und entsprechend vorgesorgt, indem sie noch diesen Antrag gestellt haben:

Nunmehr beantragen sie […] hilfsweise die Beklagte zu verpflichten, sie unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.

Und dieser Antrag ist zulässig. Die Erläuterung der Zulässigkeit geht über viele Seiten. Interessante ist dabei die Zulässigkeit über den Drittschutz. Auf Kinder oder Rollstuhlfahrer*innen konnten sich die Kläger*innen allerdings nicht berufen, weil sie nicht dieser Personengruppe angehören. Das sollte man im Hinterkopf behalten. Die Forderung nach Prävention sei auch zulässig, weil die Fahrzeuge dort immer wieder bewegt und neu abgestellt werden.

Zum Erfolg in der Sache schreibt das Gericht:

Die Weigerung der Straßenverkehrsbehörde, in den von den Klägern bewohnten Straßen Maßnahmen gegen das aufgesetzte Gehwegparken zu ergreifen, ist rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO. Die tatbestandlichen Voraussetzungen der einschlägigen Anspruchsgrundlagen (1.) für ein Vorgehen liegen in formeller (2.) und materieller (3.) Hinsicht vor. Während das Entschließungsermessen auf Null reduziert ist, verbleibt der Straßenverkehrsbehörde ein Auswahlermessen, mit welchen Maßnahmen sie gegen das aufgesetzte Gehwegparken einschreitet. Die Beklagte hat die Kläger daher unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden, § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO (4.).

Noch ein bisschen Kontext zum Ermessen: Es gibt es Einschreitenermessen, mit dem eine Behörde entscheiden kann, ob sie etwas tun möchte. Das ist das oft genannte Opportunitätsprinzip. Weil die Behörde nicht überall kontrollieren kann, ist sie damit dann auch in konkreten Fällen fein raus. Dieses Ermessen wird aber »auf Null reduziert«, wenn der Behörde konkrete Fälle gemeldet werden. Schreitet die Behörde ein, kann sie aus verschiedenen Maßnahmen wählen. Sie muss von den wirksamen Maßnahmen immer die mildeste Wählen. Das ist das Auswahlermessen.

Interessant ist auch, dass das Gericht hier wirklich die Straßenverkehrsbehörde in der Pflicht sieht, und nicht die Ordnungsbehörde:

Es handelt sich entgegen der in der mündlichen Verhandlung geäußerten Auffassung des Beklagtenvertreters nicht um eine „Stellvertreterklage“, die sich dem Grunde nach gegen die Ordnungsbehörden richtet.

Das Aufstellen von Pollern ist die Straßenverkehrsbehörde nicht zuständig, weil es keine offiziellen Verkehrseinrichtungen sind:

b) Soweit die Kläger das Aufstellen von Pollern und Pfählen am Gehwegrand begehren, die das aufgesetzte Gehwegparken faktisch verhindern, ist die Straßenverkehrsbehörde hingegen sachlich nicht zuständig. Zutreffend wird im Widerspruchsbescheid vom 12.08.2019 darauf verwiesen, dass es sich dabei nicht um Verkehrseinrichtungen im Sinne der §§ 43 Abs. 1 Satz 1, 45 Abs. 1 Satz 1, Abs. 9 Satz 1 StVO handelt.

Sehr amüsant formuliert ist, dass das Parken dort illegal ist:

Zwischen den Beteiligten besteht auch kein Streit darüber, dass das Gehwegparken in den betroffenen Straßen ordnungswidrig ist […]

Generell gilt das Ziel »Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs« vor Parkmöglichkeiten. Und da weist das Gericht noch einmal auf den Fußverkehr hin:

Diese Verstöße haben zur Folge, dass die Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs, wozu auch der Fußgängerverkehr zählt (Samuel, in: BeckOK StVR, 13. Ed. 15.10.2021, StVO § 1 Rn. 12), erheblich behindert wird.

Anscheinend dürfen Halteverbotsschilder zur Klärung aufgestellt werden:

Denn für ein bereits kraft Gesetzes bestehendes Halt- und Parkverbot (§ 12 Abs. 3 Nr. 3 StVO) ist anerkannt, dass dieses der Anordnung von Verkehrszeichen mit identischem Ge- bzw. Verbot nicht entgegensteht, wenn das normativ angeordnete Parkverbot nicht hinreichend erkennbar ist oder von den Parkraum suchenden Verkehrsteilnehmern nicht hinreichend beachtet wird (siehe dazu BVerwG, Urt. v. 24.01.2019 – 3 C 7.17 –, juris Rn. 14).

Genau wie in der Max-Bruch-Straße in Bonn-Endenich ist die Fahrbahn zu schmal, um auf beiden Seiten zu parken. Das Gericht hält hier ein einseitiges Halteverbot für zulässig:

Dies schließt die Anordnung eines (eingeschränkten) einseitigen Haltverbotes jedoch nicht aus. Denn ist die Fahrbahn – wie in den streitgegenständlichen Wohnstraßen – derart schmal, dass dort nicht gleichzeitig am linken und am rechten Fahrbahnrand (ohne Inanspruchnahme des Gehweges) geparkt werden kann, ohne die Durchfahrtsbreite zu sehr einzuschränken, folgt – bei einem am gegenüberliegenden Fahrbahnrand abgestellten Kraftfahrzeug – jedenfalls aus § 12 Abs. 1 Nr. 1 StVO ein gesetzlich geregeltes Haltverbot, das nach einem Erst-Recht-Schluss auch für das Parken gilt.

Dann gibt es dort noch einen Abschnitt zum Abschleppen:

Ein Anspruch auf Einschreiten im Wege des gestreckten Verwaltungsvollstreckungsverfahrens, insbesondere in Gestalt des Abschleppens als Ersatzvornahme im Sinne von §§ 13 Abs. 1 Nr. 2, 15 BremVwVG scheitert daran, dass es an einem vollstreckbaren Verwaltungsakt fehlt. Verkehrszeichen, die das Parken auf dem Gehweg untersagen (z.B. Haltverbotszeichen, die neben dem Verbot des Haltens auch ein Wegfahrgebot enthalten), sind in den streitgegenständlichen Straßen nicht angeordnet worden. Denkbar wäre allenfalls die zwangsweise Durchsetzung von im Einzelfall erlassenen Entfernungsanordnungen. Sofern die Kläger in den Widmungen der Gehwege für den Fußgängerverkehr einen zu vollstreckenden Grundverwaltungsakt des Amtes für Straßen und Verkehr sehen, fehlt es insoweit an der Vollstreckungsfähigkeit. Denn die Widmungen zwingen niemanden, es zu unterlassen, den Gehweg zum Abstellen von Kraftfahrzeugen zu nutzen. Die Widmung hat lediglich die Funktion, die öffentliche Sache zu kreieren, die das zivilrechtliche Eigentum überlagernde Sachherrschaft zu begründen und die Nutzung der Sache zu regeln.

Ich bin mir nicht ganz sicher, was dort steht. Allerdings scheint mir ein reiner Gehweg ohne explizite Halteverbotsschilder zwar keine Freigabe zum Parken zu haben, jedoch gibt es anscheinend auch keinen Zwang das Parken zu unterlassen. Und daraus könnte man dann keinen Anspruch auf Abschleppen konstruieren. Ich weiß nicht ob damit ein Abschleppen auf Gehwegen generell nicht zulässig ist. Das wird ja durchaus gemacht, wenn zu wenig Platz bleibt. Vielleicht ist es nur das Fehlen eines Anspruchs auf Abschleppen, nicht aber das Verbot des Abschleppens, sollte sich die Ordnungsbehörde dazu entscheiden.

Abschleppen ist auch nicht verhältnismäßig, schreibt das Gericht:

Ein bloßer Verstoß gegen das Verbot des Gehwegparkens allein rechtfertigt hingegen nicht ohne weiteres eine Abschleppmaßnahme.

Damit habe ich kein Problem. Wenn in derartigen Wohnstraßen regelmäßig mit Verwarnungs- oder Bußgeldern geahndet wird, dann reicht das schon vollkommen aus um den Gehweg mittelbar freizubekommen. Das muss dann aber auch gemacht werden.

Ziemlich klar formuliert ist der Ermessensfehler:

Die Entscheidung der Straßenverkehrsbehörde, auf den Antrag der Kläger keinerlei Maßnahmen gegen das aufgesetzte Gehwegparken zu ergreifen, ist ermessensfehlerhaft. Die Straßenverkehrsbehörde ist aufgrund der Besonderheiten des Einzelfalles verpflichtet, gegen das aufgesetzte Gehwegparken in den streitgegenständlichen Straßen einzuschreiten.

Interessant ist, dass das Gericht die Straßenverkehrsbehörde in der Pflicht sieht, wenn die Ordnungsbehörde überlastet ist:

Hinzukommt, dass vorliegend als besonderer Umstand auf Seiten der Verwaltung auch zu berücksichtigen ist, dass ein verkehrsordnungswidriger (Dauer-)Zustand gegeben ist, deren Behebung nicht allein in der Zuständigkeit der Straßenverkehrsbehörde liegt. Sind wie vorliegend auch die Ordnungsbehörden – hier die Verkehrsüberwachung des Ordnungsamtes – dazu berufen, gegen aufgesetztes Gehwegparken einzuschreiten und müssen diese aufgrund endlicher Ressourcen Schwerpunkte setzen mit der Folge, dass ein Einschreiten gegen falsch parkende Kraftfahrzeuge im Umfeld „sensibler Bereiche“ wie Schulen, Krankenhäuser und Pflegeheime und gefahrgeneigten Stellen priorisiert wird, erscheint es grundsätzlich nicht unzumutbar, die Anwohner auf diese Behörden zu verweisen.

Da auch in Bremen der Ordnungsdienst nur dann kommt, wenn man ihn ruft, muss die Straßenverkehrsbehörde bauliche Lösungen finden:

Entscheidend kommt hinzu, dass die Ordnungsbehörden nach dem unbestritten gebliebenen Vortrag der Kläger lediglich dann gegen das aufgesetzte Gehwegparken einschreiten, wenn es dadurch zu einer konkreten Verkehrsbehinderung auf der Fahrbahn kommt oder „sensible Bereiche“ betroffen sind. Damit geht der Verweis auf ein ordnungsbehördliches Vorgehen der Polizei und des Ordnungsamtes Bremen ins Leere.

Außerdem lässt das Gericht hier diesen »rechtsfreien Raum« nicht zu:

Wird bei „nur“ verkehrsordnungswidrigem Parken auf Gehwegen ohne Verkehrsbeeinträchtigung nicht eingeschritten, stünden die Kläger faktisch rechtsschutzlos.

Und ein Gewohnheitsrecht wegen Parkdruck gibt es auch nicht:

Die Personen, die verkehrsordnungswidrig aufgesetzt parken, können sich auch nicht auf ein „Gewohnheitsrecht“ des aufgesetzten Gehwegparkens berufen und selbst keine schutzwürdigen Belange ins Feld führen; der Mangel an öffentlichem Parkraum führt zu keinem anderen Ergebnis.

Auch spannend ist die Referenz auf das in der Bevölkerung veränderte Bewusstsein bei Verkehrsthemen:

Sofern die Straßenverkehrsbehörde auf Erfahrungen mit einem einseitigen eingeschränkten Haltverbot in der bis zum Jahr 2015 verweist, hätte sie bei der Entscheidung über den Antrag der Kläger vier Jahre später jedenfalls in Betracht ziehen müssen, dass sich die Sensibilität der Verkehrsteilnehmer für verkehrspolitische Aspekte seit 2015 erhöht haben dürfte.

Insgesamt ein hochspannendes Urteil, finde ich! Ich nehme daraus mit, dass die Straßenverkehrsbehörde durchaus bauliche Maßnahmen ergreifen darf und sogar muss, sofern die Ordnungsbehörden nicht hinterherkommen können.

Antwort der Stadt Bonn

Kommen wir nun zur Frage in der großen Anfrage an die Bonner Verwaltung zurück. Dort wurde gefragt, wie die Stadt das Urteil bewertet und welche Folgen sich dadurch für Stadt, Straßenverkehrsbehörde und Ordnungsamt ergeben.

Die Antwort der Stadt Bonn:

Bei dem Urteil handelt es sich um ein Urteil eines Untergerichtes, bezogen auf einen konkreten Einzelfall in Bremen. Daher hat das Urteil zunächst keine Folgen für die Bundesstadt Bonn.

Ich weiß nicht, ob man sich das Urteil überhaupt im Detail angeschaut hat. Eventuell hat man sich die Arbeit gespart. Juristisch mag das so auch alles korrekt sein. Ich finde das Urteil allerdings hochspannend und auch sehr übertragbar auf Bonn. Unter der Annahme einer detaillierten Auseinandersetzung der Stadt Bonn könnte man die Antwort als Eingeständnis der inhaltlichen Anwendbarkeit und Relevanz sehen, man musste sich aber über die juristische Anwendbarkeit retten. Man kann es nicht wissen, wie es genau gelaufen ist.

Fakt ist allerdings ein Mangel an freiwilliger Beschäftigung mit dem Urteil. Nur weil es juristisch nicht anwendbar ist, könnte die Stadt Bonn trotzdem daraus für den Fußverkehr positive Maßnahmen ableiten. Und das hat sie nicht getan.

Duldung des Gehwegparkens

Die zweite Frage und Unterfragen zielen auf die Duldung des Gehwegparkens ab. Die Frage 2 lautet:

Gibt es Straßen oder Gebiete, in denen der städtische Ordnungsdienst Gehwegparken duldet, obwohl es nicht explizit erlaubt ist?

Die Antwort der Stadt:

Seitens des Stadtordnungsdienstes werden Verstöße nicht geduldet. Eine flächendeckende und dauerhafte Überwachung des gesamten Stadtgebietes ist allerdings nicht möglich, so dass nicht festgestellte Verstöße in gewissem Umfang entsprechende Normalität sind. Allgemein üben die Mitarbeitenden der Verkehrsüberwachung aber das Ihnen eingeräumte Ermessen aus, so dass im Einzelfall auch bei festgestellten Verstößen von einer Ahndung abgesehen oder von einem Verwarngeld Gebrauch gemacht wird.

So richtig beantwortet das die Frage nicht. Denn man könnte im Prinzip auch mit beliebig wenig Personal kontrollieren. Man kann nie überall gleichzeitig sein, dafür bräuchte man an jedem Ort einen Blockwart. Oder überall Überwachungskameras. Das ist soweit klar. Aber warum gibt es kein Zweierteam, das sich nach und nach durch die Straßen arbeitet und alle Fahrzeuge mit Verwarnungen belegt? Ich nehme an, dass sie ein paar Minuten pro Fahrzeug brauchen. Zehn bis Zwanzig Fahrzeuge pro Stunde sollte machbar sein. Pro Stunde ein paar Straßenzüge. Und pro Arbeitstag könnten sie dann einige Straßenzüge schaffen. Das dauert dann zwar ziemlich lange, bis sie einmal durch sind, aber das würde machbar sein.

Da sie aber nur an Schwerpunkten oder auf Zuruf kontrollieren, fühlt sich das wie eine Duldung an allen anderen Stellen an.

Dienstanweisungen

Frage 2a:

Bestehen hierzu Dienstanweisungen oder andere Vorgaben, Leitlinien oder Empfehlungen zum Vorgehen der Verkehrsüberwacher*innen?

Das Land Berlin hat hier eine Dienstanweisung mit Regelfällen für die dort zuständige Polizei erlassen. Damit ist ganz klar, was sie tun sollen. Und Bürger*innen können das entsprechend auch einfordern.

Die Antwort der Stadt:

Es bestehen keine formellen Dienstanweisungen, allerdings werden die Mitarbeitenden durch regelmäßige Informationen und Schulungen bei der Ausübung ihres Ermessens unterstützt oder führen Entscheidungen der Führungskräfte herbei, wo diese erforderlich sind.

Es gibt also keinen Hebel, über den man ansetzen könnte.

Duldung anstelle von Anordnung

Frage 2b:

Wieso nutzt die Verwaltung nicht das vorgesehene Mittel der verkehrsrechtlichen Anordnung, wenn Gehwegparken geduldet wird, also offenbar zulässig sein soll?

Das zielt darauf ab, dass man ein Zeichen 315 anbringen könnte, um das Gehwegparken zu erlauben. Man muss also gar nicht dulden, man könnte das offiziell machen.

Antwort der Stadt:

Sofern eine Mindestrestbreite von mind. 1,50 m verbleibt, kann das Parken grundsätzlich angeordnet werden. Der Verwaltung sind keine Stellen bekannt, wo dies der Fall ist (siehe auch 2.).

Die Frage ist ein bisschen, welche Stellen der Stadt nicht bekannt sein sollen.

  • Sind es Stellen, an denen die Restgehwegbreite unter 150 cm ist, aber trotzdem Autos illegal parken? Das wäre unzutreffend, ich hatte den Abteilungsleiter auf die Max-Bruch-Straße hingewiesen.
  • Oder Stellen, an denen über 150 cm bleibt, es aber nicht explizit erlaubt ist? Das würde ja voraussetzen, dass wir Gehwege mit 350 cm Breite haben. Davon kenne ich spontan auch keine.
  • Oder Stellen, an denen das Gehwegparken angeordnet ist, und weniger als 150 cm verbleiben? Auf diese Stellen hatten wir als Radentscheid die Stadt aufmerksam gemacht, die werden jetzt im Rahmen des Parkraumkonzeptes geprüft.

Transparenz für die Anwohner*innen

Frage 2c:

Falls in Wohngebieten nur auf Beschwerden reagiert wird: Wie ist sichergestellt, dass die Betroffenen bzw. Anwohner*innen davon erfahren, dass der Ordnungsdienst ohne Beschwerde Gebiete grundsätzlich nicht kontrolliert?

Antwort der Stadt:

Es gibt keine Gebiete, die nicht kontrolliert werden. Allerdings werden die Einsätze priorisiert, so dass manche Bereiche häufiger angefahren werden als andere. Im Servicebereich von www.bonn.de oder über eine Direktsuche, z.B. mit dem Begriff „Anzeige“, findet sich das Anliegen „Parkverstoß anzeigen“, so dass alle Bürger*innen die Möglichkeit haben, unter Verwendung eines Formulars Parkverstöße anzuzeigen (sog. Privatanzeige). Für akute Verkehrsbehinderungen sind auch die Öffnungszeiten sowie die Erreichbarkeit des Stadtordnungsdienstes (0228/773333) oder– für dringende Fälle außerhalb der Öffnungszeiten – die Kontaktdaten der Polizei hinterlegt.

Dann wüsste ich ja gerne mal, wann sie das letzte Mal in der Max-Bruch-Straße kontrolliert haben. Oder sie wissen gar nicht von einem Problem?

Der Hinweis auf die Privatanzeige ist problematisch. Die persönlichen Daten werden nämlich an die beschuldigte Person weitergegeben. Und da man in der Regel im Umkreis seines Wohnorts den regelmäßigen Bedarf nach nutzen Gehwegen hat, bekommen die Nachbar*innen dann Post mit Nennung des Zeugens. Einzelne Nachbar*innen werden dann auch gerne mal vorstellig, weil sie das Problem bei der anzeigenden Person und nicht sich selbst sehen. Die Argumentation ist dann immer, dass ohne die Anzeige nichts passiert wäre und sie seit Jahrzehnten immer dort friedlich parken. Und damit widersprechen sie auch der Antwort der Stadt, es würde überall kontrolliert werden. Anscheinend gibt es doch ganze Straßenzüge oder Ortsteile, in denen nicht verwarnt wird.

Das Ordnungsamt anzurufen klappt in der Tat; die lassen auch ab, wenn es nötig ist. Und außerhalb deren Zeiten kommt auch die Polizei. Das ist also tatsächlich korrekt.

Wie die Anwohner*innen davon allerdings erfahren, wurde nicht beantwortet. Die meisten Anwohner*innen werden wohl annehmen, dass die Fahrzeuge dort alle legitim stehen. Und das ganze einfach hinnehmen und gar nicht auf die Idee kommen, ihre Nachbarn anzuzeigen oder beim Ordnungsdienst anzurufen. Ich sehe das ähnlich zu Werbebannern im Internet: Man hat sich so an Autos im Stadtbild gewöhnt, dass man sie nicht mehr bewusst wahrnimmt. Vielmehr regen sich Leute über die E-Tretroller auf, die Gehwege versperren. Dabei ist im verlinkten Beispiel die Einschränkung durch (legal) auf dem Gehweg geparkte Autos viel größer.

Vorgehen bei Umsetzung

Frage 3:

Wie geht der Ordnungsdienst vor, wenn ein Fahrzeug umgesetzt werden soll? Wird grundsätzlich versucht zuerst die/den Halter*in zu erreichen? Wird in diesem Fall, wenn die Person das Fahrzeug eigenständig wegfährt eine Gebühr für eine „vermiedene Umsetzung“ zusätzlich zum Verwarn-/Bußgeld erhoben, um die verlorene Arbeitszeit auszugleichen?

Antwort der Verwaltung:

Steht ein Fahrzeug so, dass es abgeschleppt/umgesetzt werden muss, wird zu allererst eine entsprechende schriftliche Verwarnung erteilt. Währenddessen wird in der Regel versucht, die fahrzeughaltende Person zu ermitteln und zu erreichen. Eine Gebühr kann in diesen Fällen nicht erhoben werden, weil eine entsprechende Tarifstelle in der Verwaltungsgebührenordnung nicht vorgesehen ist. Wurde das Abschleppunternehmen allerdings schon beauftragt, weil der Fahrzeughaltende verspätet reagiert, aber vor Eintreffen des Abschleppwagens am Ort eintrifft, werden die Kosten für eine sog. „Leerfahrt“ fällig.

Soweit alles gut. Habe ich auch schon exakt so beobachten können.

Fahrzeuge im Kreuzungsbereich

Frage 4:

Werden Fahrzeuge, die im Kreuzungsbereich (5-m-Bereich) parken, vom Ordnungsdienst umgesetzt oder erfolgt nur ein Verwarngeld? Wie viele Umsetzungen und Verwarnungen sind in den letzten drei Jahren erfolgt? Gibt es hierzu eine Dienstanweisung oder vergleichbare Richtlinien?

Antwort der Verwaltung:

Hat der Stadtordnungsdienst entsprechende Feststellungen getroffen, werden Verwarnungen erteilt. Bei Sichtbehinderung werden die Fahrzeuge im Rahmen der Ermessensausübung auch abgeschleppt. In den letzten 3 Jahren wurden 4.621 Ordnungswidrigkeitenverfahren wg. Parkens im Kreuzungsbereich (5 Meter Raum) eingeleitet. Eine formelle Dienstanweisung hierzu gibt es nicht.

Es fehlt die Zahl der Umsetzungen. Drei Jahre sind 1095 Tage, somit sind es 4,2 Verfahren pro Tag. Das erscheint mir angesichts der noch anderen Tatbestände gar nicht mal so wenig. Wahrscheinlich ist das allerdings nur die Ahndung eines Bruchteils der tatsächlich vorkommenden Verstöße.

Dienstanweisungen, Regelfälle

Frage 5:

Plant die Verwaltung entsprechende Dienstanweisungen, Schulungen oder sonstige Maßnahmen für die städtische Verkehrsüberwachung, um die Situation zu verbessern? Ist beispielweise die Definition von „Regelfällen“ für eine Umsetzung vorgesehen, wie sie andere Ordnungsdienste oder bspw. die Berliner Polizei verwenden?

Antwort der Verwaltung:

Aus Sicht der Verwaltung wird die Einschätzung, dass die Situation verbesserungswürdig ist, nicht geteilt. Selbstverständlich kommt es täglich zu Parkverstößen in Bonn, allerdings führen diese nicht zu besonderen Problematiken im Vergleich zu anderen Kommunen. Auch Unfallhäufungsstellen gibt es mit Blick auf Parkverstöße nicht. Schulungen und Seminare für die Mitarbeitenden der Verkehrsüberwachung sollen diese auf einen einheitlichen Stand bringen, nicht zuletzt um vor Ort ein sicheres Auftreten zu gewährleisten. „Regelfälle“ anderer Ordnungsbehörden sind hier nicht bekannt.

Der Verwaltung sieht keine Notwendigkeit zu einer Verbesserung. Alleine die Existenz der Anfrage zeigt doch aber, dass Unzufriedenheit damit herrscht. Die Verwaltung könnte auch nur die Situation bezüglich der Dienstanweisungen meinen, ich fürchte es meint aber die Gesamtsituation. Und da sehe ich gerade in den Wohngebieten in den äußeren Stadtteilen durchaus noch viel Bedarf.

Auch die angebliche Abwesenheit von besonderen Problemen mag auch nur im Vergleich mit anderen Kommunen bestehen. In Sankt Augustin reagiert man auf Telefonanrufe gar nicht, schlimmer geht es also immer. Aber ist das der Maßstab? Beim Gerichtsurteil aus Bremen hieß es ja noch, dass man das nicht vergleichen könnte.

Bei der Anfrage an das Innenministerium NRW antwortete jenes auf die Frage nach eines landesweiten Erlasses:

Eine landesweite Regelung im Wege eines Erlasses ist schon aufgrund der unterschiedlichen örtlichen Gegebenheiten nicht beabsichtigt.

Beim Land ist man der Meinung, dass man die Kommunen nicht vergleichen kann. Und konsequenterweise dürfte sich die Stadt Bonn dann ebenfalls auch hier nicht vergleichen.

Unkenntnis über die Regelfälle aus dem Land Berlin finde ich ziemlich schwach. Wenn ich das als Bürger über Twitter erfahren habe, dann sollte eine Ordnungsbehörde doch wissen, was an anderer Stelle vor sich geht. Woher kommen denn die Inhalte für die Schulungen und Seminare? Wird das alles nur lokal ausgearbeitet ohne Kommunikation mit anderen Kommunen?

Fahrradstaffel

Frage 6:

Ist die 2018 beschlossene Fahrradstaffel des Ordnungsdienstes inzwischen im Einsatz? Wenn nicht, wann erfolgt dies?

Antwort der Verwaltung:

Die Fahrradstaffel ist stellenweise im Einsatz. Die Verwaltung ist derzeit dabei, das Konzept weiterzuentwickeln und auch die Voraussetzungen für einen dauerhaften Einsatz zu schaffen.

Ich habe sie bisher noch nicht bewusst wahrgenommen. Aber sie soll existieren. Schön.

Baustellenführungen

Frage 7:

Welche Auflagen gelten für die Sicherstellung einer ausreichend sicheren und barrierefreien Geh- (und ggf. Radverkehrsführung) bei Baustellen auf Gehwegen? Welche Auswirkungen werden hier analog der Rechtsprechung gesehen?

Antwort der Verwaltung:

Laut den Richtlinien für die verkehrsrechtliche Sicherung von Arbeitsstellen an Straßen ist dem Fußgängerverkehr „besondere Sorgfalt zu widmen." (RSA 21) So darf „die Sicherheit der Fußgänger und Radfahrer im Bereich von Arbeitsstellen nicht beeinträchtigt werden. Auf blinde, sehbehinderte und mobilitätseingeschränkte Menschen sowie Kinder ist besondere Rücksicht zu nehmen. Geh- und Radwege sind nach Möglichkeit weiterzuführen, ggf. über Notwege [...]. Ist dies nicht möglich, so ist die Einrichtung von Überquerungshilfen (z.B. Fußgängerüberweg) zu prüfen und ggf. anzuordnen.“(RSA21 2.4.1) Notwege sind Wegeführungen auf der gleichen Straßenseite, und sie haben Vorrang vor der Einrichtung einer Querungsanlage mit Wegeführung auf der gegenüberliegenden Straßenseite. (RSA21 2.4.8)

Grundsätzlich gilt diese Verkehrssicherungspflicht nicht nur zu Zeiten der Baustellen-Tätigkeiten, sondern zu allen Tages- und Nachtzeiten. Das setzt voraus, dass die Baustellen für Kraftfahrerinnen und Kraftfahrer auch bei Dunkelheit gut erkennbar und die Wege für Fußgängerinnen und Fußgänger ebenfalls beleuchtet sein müssen, sofern „die öffentliche Beleuchtung nicht ausreicht oder nicht die ganze Nacht über eingeschaltet ist.“ (RSA21 2.4.3)

Die Richtlinien für die Sicherung von Arbeitsstellen an Straßen (RSA) ist in diesem Zusammenhang als verbindliche Regelwerk zu betrachten.

Mir ist hier nicht so ganz klar, was die Frage genau bezwecken wollte. Interessant ist eigentlich nur, dass die Stadt Bonn ein an sich nicht bindendes Regelwerk als verbindlich ansieht. Das kann man als Hebel für weitere Anfragen oder Klagen nutzen. Mit dem Gehwegparken hat es nicht direkt zu tun.

Fazit

Die Stadtverwaltung sieht keinen Bedarf etwas zu tun. Es wird auch nichts geduldet. Es ist nur einfach zu wenig Personal da, um flächendeckend zu kontrollieren. Anwohner*innen sollen anrufen oder private Anzeigen einschicken, wenn sie sich gestört fühlen.

Da mir hier einzelne Nachbarn ungefragt erzählt haben, dass sie seit Jahrzehnten dort parken und noch nie eine Verwarnung bekommen haben, glaube ich der Stadt jedoch die Sache mit den flächendeckenden Kontrollen nicht. Es gibt also Straßenzüge oder ganze Ortsteile, in denen maximal auf Zuruf kontrolliert wird. Und solange man nicht bereit ist sich mit allen Nachbarn anzulegen, wird die Stadt da auch von sich aus nicht aktiv. Das finde ich zu wenig.