Unzuständigkeit des Ordnungsamtes Sankt Augustin

Analog zu den Meldungen von Verkehrsbehinderungen an das Ordnungsamt in Bonn habe ich das mal in Sankt Augustin ausprobiert. Das Ergebnis war allerdings sehr ernüchternd.

Im Bonner Stadtgebiet habe ich inzwischen einige Erfahrung mit der Beseitigung von Verkehrsbehinderungen durch das Ordnungsamt. Die kommen auch wirklich raus und setzen Fahrzeuge um, wenn der Gehweg unter 1 m Restbreite hat. Ebenfalls werden Privatanzeigen bearbeitet. Bonn ist groß genug, dass es eine Leitstelle für das Ordnungsamt hat, und mindestens eine Person, die Privatanzeigen bearbeitet. In Sankt Augustin sieht das anders aus. Es ist schon ein Kampf gewesen, überhaupt die Telefonnummer des Ordnungsamtes herauszufinden. Auf Twitter hatte ich gelesen, dass das Ordnungsamt dort nie rauskommt. Beim letzten Anruf hatte ich schon den Eindruck, dass die auch kommen.

Am 22.06.2021 bin ich beim Einkaufen an einem Fahrzeug auf dem Gehweg vorbeigekommen. Die restliche Breite vom Gehweg waren ungefähr 60 cm, also deutlich unter den Grenzen, die sonst gelten. Ich habe schon viele Privatanzeigen nach Sankt Augustin geschickt, die werden auch bearbeitet. Aber in diesem Fall bestand eine echte Behinderung, die kann ich durch eine Verwarnung nicht entfernen.

Also habe ich um 08:39 bei dem Herrn angerufen, den ich Mitte Juni ausfindig gemacht hatte. Ich habe mich mit Namen gemeldet (er wird mich von den Privatanzeigen kennen) und habe eine Verkehrsbehinderung melden wollen. Ich habe ihm auch beschrieben, dass dort der verbleibende Gehweg nur noch ungefähr 60 cm breit ist, man dort also nicht mit Rollstuhl oder Rollator durchkommen würde. Er sagte mir, dass er für das Ordnungsamt generell bei solchen Dingen keinen Einsatz durchführen würde, sonst müssten die ja ständig zu irgendwelchen Autos im Stadtgebiet fahren. Er hat mir aber angeboten das ganze schriftlich anzuzeigen, das würde er ohne Frage verwarnen. Ich habe ihm noch versucht zu erklären, dass hier eine unkonkrete Behinderung vorliegt und daher wegen Gefahrenabwehr das Ordnungsamt eingreifen müsste. Wollte er nicht. Das interpretiere ich als klare Arbeitsverweigerung.

Klärung mit Polizei

Als ich wieder zuhause war, habe ich um 09:02 bei der Polizeiwache in Sankt Augustin angerufen. Dem freundlichen Disponenten dort habe ich die Situation erklärt. Er hat mir nochmal bestätigt, dass das Ordnungsamt für den ruhenden Verkehr zuständig ist. Die sind auch für die Gefahrenabwehr zuständig. Der Polizist fragte mich, wer bei der Stadt Sankt Augustin denn diese Aussage getätigt hätte. Ich nannte ihm den Namen, der ihm nicht unbekannt war. Er sagte mir, dass es da schon häufiger Beschwerden gegeben hätte. Diese Bestätigung tat mir sehr gut. Der Polizist sagte mir auch zu, dass er nochmal beim Ordnungsamt nachhören würde.

Bestätigung Telefongespräch

Ich habe mich entschlossen das ganze nicht einfach dabei zu belassen, sondern da mal den ganzen Weg zu gehen. Es läuft gerade parallel eine Fachaufsichtsbeschwerde über das Bonner Ordnungsamt, da fällt dann eine über das in Sankt Augustin ziemlich einfach ab. Zuerst wollte ich ihn nochmal auf das Telefongespräch festnageln, habe also nochmal per E-Mail nachgefragt.

E-Mail an Ordnungsamt St. Augustin am 22.06.2021

Sehr geehrter Herr […],

vielen Dank für das freundliche Telefonat. Ich hatte Sie so verstanden, dass das Ordnungsamt St. Augustin grundsätzlich keine Fahrzeuge entfernt (Halterabfrage oder Umsetzung). Auch würden Sie keine Einsätze auslösen, sodass die Mitarbeiter*innen des Ordnungsamtes vor Ort eine Verwarnung ausstellen. Einzig der Weg über eine Privatanzeige ist möglich. Das ist soweit korrekt?

An wen kann ich mich denn dann wenden, wenn ich zum Beispiel durch einen Radwegparker zum Ausweichen in den fließenden Verkehr gezwungen werde?

Mit freundlichen Grüßen

Martin Ueding

Er hat mir dann relativ zügig geantwortet. Die Aussagen:

  • Wir hätten am Telefon wohl einander vorbeigeredet hätten.
  • Das Ordnungsamt würde selbstverständlich auch Fahrzeuge entfernen.
  • Außendienstmitarbeiter werden losgeschickt, um Verwarnungen auszustellen.
  • Eine Privatanzeige hätte sich bewährt, weil der Außendienst eventuell zu lange braucht und der Falschparker schon wieder weg ist. Durch die Privatanzeige gibt es in jedem Fall eine Verwarnung.

Er hat auch direkt seinen Vorgesetzten ins CC genommen. Da er in seiner Antwort meine Nachricht zitiert hat, liegt dem auch der Kontext vor. Es wird also ernst.

Seine Aussage per E-Mail ist komplett entgegengesetzt zu dem, was er am Telefon gesagt hat. Natürlich kann ich das am Telefon gesagte nicht nachweisen, von daher steht es dort Aussage gegen Aussage. Es ist aber sehr praktisch, schließlich kann ich ihn beim nächsten Telefonanruf daran erinnern.

Antwort

Ich habe beim Telefonanruf aber ein paar Stichworte genannt, die klar gemacht haben, dass ein Einschreiten erforderlich sind. Und trotzdem hat er keinen Einsatz ausgelöst. Genau das habe ich dann auch in der Antwort an ihn und seinen Vorgesetzten benannt.

E-Mail an Ordnungsamt St. Augustin am 22.06.2021

Sehr geehrter Herr […],

ich kann mich noch recht gut an unser Telefonat heute um 08:39 Uhr erinnern. So bin ich mir sehr sicher, dass ich Ihnen eine »Verkehrsbehinderung« gemeldet habe und auch die »60 cm Restgehwegbreite« benannt habe. Dadurch hätte klar sein müssen, dass es in diesem Fall um Gefahrenabwehr geht. Sie sagten mir, dass Sie das als »Gehwegparken mit Behinderung« verwarnen würden. Ihnen war also klar, dass eine Behinderung vorliegt. Eine reine nachträgliche Verwarnung würde die Behinderung nicht beseitigen. Für das Einschreiten des Ordnungsamtes braucht es auch keine konkrete Gefährdung, die abstrakte reicht schon aus. Damit sehe ich Ihr Einschreitenermessen auf Null reduziert.

Bei Gehwegparkern, die nur kurz behindern, (wie regelmäßig vor dem Bäcker in der Konrad-Adenauer-Str. 1a, 53757 Sankt Augustin), erscheint mir eine Privatanzeige in der Tat die sinnvollste Option. Jedoch ist die Verfolgung von Verkehrsordnungswidrigkeiten eine hoheitliche Aufgabe und kann nicht komplett auf Privatpersonen abgewälzt werden.

Sie schreiben, dass das Ordnungsamt Sankt Augustin für die Verwarnung von Fahrzeugen und auch zur Entfernung eingesetzt werden. Das soll heißen, dass für einen Einsatz noch nicht einmal eine abstrakte Behinderung vorliegen muss. Wenn dem wirklich so ist, warum haben Sie mich dann am Telefon bezüglich einer Behinderung abgewimmelt und keinen Einsatz gebucht?

Mit freundlichen Grüßen

Martin Ueding

Darauf habe ich dann keine Antwort bekommen.

Privatanzeige

Am 05.07.2021 habe ich dann das Foto von dem parkenden Auto über Weg-Li an das Ordnungsamt Sankt Augustin geschickt. Normalerweise bearbeitet der zuständige Mitarbeiter meine Anzeigen am folgenden Tag. Das ist jetzt ausgeblieben. Vielleicht hat er gerade Urlaub, aber vielleicht ist da auch mehr los.

Nachricht an Fachbereichsleiter

Nachdem ich jetzt drei Wochen keinerlei Rückmeldung von einem der beiden Mitarbeitern bekommen habe, habe ich an deren Vorgesetzten geschrieben:

E-Mail an Fachbereichsleiter am 10.07.2021

Sehr geehrter Herr […],

ich habe am 22.06.2021 um 08:39 Uhr bei Herrn […] angerufen und eine Verkehrsbehinderung (Gehwegparken, 60 cm Restbreite) melden wollen. Er sagte mir, dass das O-Amt grundsätzlich da nicht rausfahren würde, weil sie dann ja ständig ausrücken müssten. Ich könne aber eine Privatanzeige schreiben, dies würde er ohne Frage bearbeiten.

Nach Klärung mit der Polizei Sankt Augustin zur Zuständigkeit für die Gefahrenabwehr habe ich um 09:21 Uhr Herrn […] per E-Mail angeschrieben und ihn um Bestätigung zum Inhalt des Telefonates gebeten. Er antwortete um 09:34 Uhr und behauptete, dass ich ihn vollkommen falsch verstanden hätte; Herrn […] im CC. Ich habe um 15:56 Uhr dann noch nachgefragt, warum bei klarer Zuständigkeit des O-Amtes und klarer Behinderung kein Einsatz gebucht worden ist.

Darauf habe ich bis heute keine Antwort bekommen, auch keine Abwesenheitsnotiz.

Am 05.07.2021 um 10:30 Uhr habe ich die Privatanzeige abgeschickt. Derartige Anzeigen bearbeitet Herr […] in der Regel am folgenden Tag und schickt mir eine E-Mail (»das Fahrzeug wurde verwarnt«). Zu dieser Anzeige habe ich bisher auch keine Bestätigung bekommen.

Sind die Herren gerade im Urlaub, oder gibt es sonstige Gründe, warum ich weder eine Antwort bekommen habe, noch meine Privatanzeige bearbeitet worden ist?

Mit freundlichen Grüßen

Martin Ueding

Am 13.07.2021 bekam ich darauf eine Antwort. Der Sachbearbeiter sei im Urlaub. Das erklärt ja schon einmal, warum die Privatanzeige noch nicht bearbeitet worden ist. Dann kam noch die Nachfrage, um welchen konkreten Fall es gehen würde. Anscheinend hatte ich das das nicht hinreichend geschildert?

Ich habe das dann nochmal geschildert und die bisherigen E-Mails angehängt und am gleichen Tag zurückgeschickt.

Antwort vom Fachbereichsleiter

Darauf bekam ich dann am 15.07.2021 eine Antwort. Sinngemäß schrieb er mir, dass bei einem Hinweis aus der Bevölkerung, sofern Mitarbeiter verfügbar sind, und der geschilderte Sachverhalt es gebietet, diese auch umgehend losgeschickt werden. Vor Ort würden sie dann die erforderlichen Maßnahmen getroffen.

Diese Antwort enthält ganz viele Schlupflöcher. Es gibt jetzt viele Gründe, warum nichts gemacht wird. Zum einen könnte gerade kein Personal frei sein; ich habe keine Möglichkeit das zu widerlegen. Dann könnte der Sachverhalt nicht hinreichend beschrieben werden. Ich denke schon, dass ich bei »Verkehrsbehinderung mit 60 cm Restgehwegbreite« hinreichend klar war. Aber auch großes Potential für Ausreden. Und dann können die Mitarbeitenden vor Ort anscheinend auch tun und lassen, was sie wollen.

E-Mail an Fachbereichsleiter am 16.07.2021

Sehr geehrter Herr […],

vielen Dank für diese Auskunft. Dies deckt sich mit dem, was mir Herr […] schriftlich mitgeteilt hat.

Mir ist jedoch weiterhin unklar, warum Herr […] während des Telefonates am 22.06.2021 um 08:39 Uhr keine Ihrer Mitarbeitenden entsandt hat. Ist ein Gehwegparker mit 60 cm Restgehwegbreite kein Sachverhalt, der einen Einsatz gebietet? Oder war zu diesem Zeitpunkt die Einsatzlage derart angespannt, dass niemand absehbar Zeit gehabt hätte, um die Behinderung vor Ort abzustellen?

Mit freundlichen Grüßen

Martin Ueding

Darauf bekam ich die ernüchternde Antwort, dass sich dieser Sachverhalt nicht mehr nachvollziehen lässt. Klar, ein Telefonanruf hinterlässt eben auch keine Spuren, wenn da keine Leitstelle mit Anrufaufnahme hintersteckt.

Ich bin dann mal gespannt, wie der nächste Anruf laufen wird.