Vorfahrt in Kreisverkehren: Innerorts und Außerorts

Für reinen Autoverkehr ist die Vorfahrtsregelung in einem Kreisverkehr recht einfach: Ist man einmal auf der Kreisfahrbahn, so hat man Vorfahrt gegenüber anderen, die in den Kreisverkehr einfahren wollen. Schwer wird es, wenn Radverkehr auf einem Radweg dazukommt. Da sind die Regeln nämlich komplett gegenteilig, je nach dem, ob der Kreisverkehr inner- oder außerorts ist.

In Wesseling gibt es ein tolles Beispiel, da sind zwei Kreisverkehre direkt nebeneinander, der westliche ist außerorts, der östliche ist innerorts. Auf der Karte von Open Street Map habe ich in Rot die Ortsgrenze eingezeichnet:

Die Beschilderung ist an sich komplett erklärend, ich bezweifele aber, dass wirklich alle Verkehrsteilnehmer*innen diesen Unterschied bewusst wahrnehmen.

Innerorts

Schaut man in Richtung innerorts, sieht man hinter dem Schild am Ortseingang die Zeichenkombination 205 (Vorfahrt achten) über Zeichen 215 (Kreisverkehr).

Diese beiden Schilder für den Autoverkehr stehen vor der Furt für den Radverkehr. Für den Radverkehr ist kein gesondertes Schild angebracht.

Der Radverkehr hat aber eine markierte Furt, und für den Fußverkehr ist auch ein Fußgängerüberweg (Zebrastreifen) angebracht:

Hier haben also Fuß- und Radverkehr Vorfahrt gegenüber dem Kraftverkehr, sowohl bei Ein- und Ausfahrt aus dem Kreisverkehr.

Außerorts

Schaut man sich nun in die andere Richtung den Kreisverkehr an, kann man schon erkennen, dass es hier anders ist.

Der Autoverkehr hat hier die Schilderkombination aus Zeichen 205 und 215 hinter der Furt für den Fuß- und Radverkehr.

Aus Sicht des Radverkehrs hat man hier zwar eine Querungshilfe (Verkehrsinsel), aber keine markierte Furt, und es gibt es auch keinen Fußgängerüberweg. Auch sieht man hier das kleine Zeichen 205 (Vorfahrt achten), das den Radverkehr wartepflichtig stellt.

Hier ist es also anders herum. Der Kraftverkehr muss bei der Einfahrt in den Kreisverkehr nur auf den anderen Kraftverkehr auf der Kreisfahrbahn achten. Fuß- und Radverkehr muss die Vorfahrt vom ein- und ausfahrenden Kraftverkehr achten.

Fazit

Wenn man genau auf die Schilder achtet, so ist das alles klar geregelt. Die VwV-StVO zu Zeichen 215 ist da auch eindeutig:

Der Fahrradverkehr ist entweder wie der Kraftfahrzeugverkehr auf der Kreisfahrbahn zu führen oder auf einem baulich angelegten Radweg (Zeichen 237, 240, 241). Ist dieser baulich angelegte Radweg eng an der Kreisfahrbahn geführt (Absatzmaß max. 4-5 m), so sind in den Zufahrten die Zeichen 215 (Kreisverkehr) und 205 (Vorfahrt gewähren) vor der Radfahrerfurt anzuordnen. Ist der baulich angelegte Radweg von der Kreisfahrbahn abgesetzt oder liegt der Kreisverkehr außerhalb bebauter Gebiete, ist für den Radverkehr Zeichen 205 anzuordnen.

Dass der Radverkehr außerorts ausgebremst werden soll, ist diskriminierend. Hier steht »Leistungsfähigkeit« für den Kraftverkehr über Attraktivität des Radverkehrs. So sollen höhere Geschwindigkeiten für das Auto ermöglicht werden. Aber das ist eine politische Diskussion über die Zukunft. Aktuell ist das bei der Anlage von Kreisverkehren die Vorschrift.

Diese Unterscheidung scheint für Verwirrung zu sorgen. Häufig beobachte ich Personen, die anscheinend aus Unsicherheit auch außerorts dem Radverkehr die Vorfahrt geben, obwohl sie es nicht müssten. Auch anders herum habe ich schon viele Situationen erlebt, bei denen mir die Vorfahrt genommen wurde, ich einen Unfall aber verhindern konnte. Wahrscheinlich wird es auch dadurch geprägt, welche Kreisverkehre die Personen regelmäßig fahren. Zudem gibt es auch Fälle, bei denen die Vorfahrt falsch angeordnet wurde, das macht die Wahrnehmung noch schlimmer.