Vollsortiment-Supermarkt ist seine eigene Karrikatur

Meist gehe ich in einem von zwei Discountern einkaufen. Die haben die ganzen grundlegenden Produkte, und das auch gefühlt günstiger als die großen Supermärkte mit vollem Sortiment. Das hat dann allerdings auch so seine Nachteile, zum Beispiel die gemischten Packungen bei Aldi. Manchmal möchte ich auch gewisse Markenprodukte kaufen oder brauche etwas, das man nur seltener kauft. Das sind unter anderem Nudeln für Cannelloni. Und so fahre ich alle paar Monate mal in einen dieser Konsumtempel.

Diese Geschäfte liegen meist eher abseits und sind fußläufig nicht angenehm zu erreichen. Mit dem Fahrrad geht es dann aber. Die Fahrradständer sind meist nicht wirklich ansprechend, es gibt allerdings riesige Mengen KFZ-Stellplätze davor. Da wird schnell klar, wer hier die Zielgruppe ist. Auch drinnen kann man die Zielgruppe schnell wiederfinden. Es sind vorwiegend Leute aus der Generation der Boomer und Generation X, die dort einkaufen. Auch sehen die meisten Leute entweder nach Besserverdienern oder gutgestellten Pensionären aus. Ich fühle mich da meist etwas fehl am Platz.

Auf dem Parkplatz draußen sind zu viele Leute mit ihren zu großen Autos heillos überfordert. Ich kann schon verstehen, dass so ein riesiges SUV schwer zu lenken ist. Und auch die Parkbuchten sind schon recht klein für so ein riesiges Auto. Die Lösung wäre wohl ein kleineres Auto, mit meinem Kleinwagen sind die Parkplätze alle immer üppig. Und übersichtlich ist es auch, ich kann damit immer locker in einem Zug einparken. Dabei habe ich wohl deutlich weniger Fahrpraxis als die Leute, die jede Strecke mit dem Auto fahren. Hier hilft das kleine Auto wohl einfach enorm.

So überfordert wie die Leute mit den Kraftwagen draußen sind, so überfordert sind sie drinnen mit den Einkaufswagen. Durch die vier drehbaren Räder sind die Teile auch schlecht in einer Spur zu halten, gerade bei Querneigung. Aber deswegen muss man sie nicht quer in den Gängen stehen lassen. Auch hilft es wenig wenn die Leute ihre Einkaufswagen immer mittig durch die Gänge schieben und sich dann hilflos den Gegenverkehr anschauen. Gut, so machen sie es auf der Straße mit dem Auto ja auch. Ich lasse meinen Wagen meist im größeren Gang stehen und kann dann ohne diesen Ballast zwischen den verwirrten Menschen hindurchgehen und muss nicht auf die Auflösung der Einkaufswagenkonfrontation warten.

Gehen muss ich in dieser Art Markt wirklich viel. Da ich nicht regelmäßig dort bin, kenne ich nicht das ganze Sortiment auswendig. Und die Sortierung hat ein System, das sich mir nicht erschließt. In dem einen Markt gibt es so Themenbereiche. Da kommt man rein, und es gibt erstmal die Backwelt mit frischen Backwaren. Danach kommt der Bereich Frühstücken. Dort findet man abgepacktes Brot, Marmelade und so. Danach dann Kaffee und Tee, das ist soweit alles okay. Dahinter wird es aber spannend. Es gibt einen Themenbereich zum gesunden Leben. Dort findet man die ganzen veganen Ersatzprodukte und diverse Bio-Lebensmittel. Aber nur jene Dinge, die aktuell im Trend sind. Zum Beispiel ist dort der Milchersatz wie Haferdrink, Sojadrink und die vegane »Salami«.

Gegenüber im Ladengeschäft gibt es dann die regulären Kühlregale. Dort findet man Käse, Jogurt, Bio-Käse und Bio-Jogurt. Aber die vegane »Salami« findet man dort nicht, die musste man schon in der Gesund-Ecke mitgenommen haben. So besteht keine Verwechslungsgefahr mit den »echten« Produkten tierischem Ursprungs, jedoch entspricht das nicht ganz meiner Denkweise. Denn die Margarine als veganer Butterersatz ist wohl schon so althergebracht, dass sie neben der Butter im Kühlregal stehen kann. Warum man die Margarine in diesem Markt kühlt habe ich auch noch nicht verstanden.

Es gibt dann eine große Ecke mit haltbarer Milch. Dort findet man die H-Vollmilch, die haltbare Halbfettmilch, das haltbare weiße Wasser. Und dann noch die Varianten in laktosefrei. Die Ersatzprodukte stehen aber nicht dort, die sind diagonal gegenüber.

Auch interessant ist der Ort, an dem die Papierförmchen für Muffins stehen. Ich hätte sie naiv bei den Backzutaten angesiedelt, weil es ein Verbrauchsgut ist. Sie sind aber in der Themenecke mit Kochgeschirr bei den Backformen. Vielleicht ist es kein Lebensmittel und daher gehört es auch nicht zu den Lebensmitteln einsortiert. Trotzdem erstmal verwirrend für mich. Scheint aber überall so zu sein, ist dann meine Naivität gewesen.

In einem anderen dieser Geschäfte gibt es beim Reinkommen auch so eine Gesund-Ecke. Dort gibt es Kühltheken mit Nudel-Fertigprodukten wie Tortellini oder Schupfnudeln. Diagonal an der anderen Ecke des riesigen Ladens gibt es auch noch weitere Fertigprodukte wie Kartoffelpufferteig, Blätterteig und fertige Reis-Curry-Portionen zum Aufwärmen. Ich suchte in dieser Ecke nach den Schupfnudeln, nur um noch einmal quer durch den Laden geschickt zu werden.

Dann gibt es dort, im Laden »unglaublichen Vielfalt«, auch ein ganzes Regal nur zu Schokolade. Dort findet man aber keine Fairtrade-Schokolade, sondern nur die Markenprodukte und Hausmarken. Die Fairtrade-Schokolade findet man vorne bei der Bio-Ecke, die extra mit Holzimitat ausgelegt ist. In einem Regal, das ich für das Nudelregal hielt, gab es zwar einiges von Barilla, jedoch keine Cannelloni. Auf Nachfrage wurde ich aufgeklärt: Dies sei nur ein Aktionsregal, die Nudeln gäbe es hinten bei den Nudeln. Aha.

Während der Einkäufe muss man dort die Werbedurchsagen ertragen. Es ist ja schön, dass sie mir irgendwas aufschwatzen wollen, aber mich nervt das nur. Da gehe ich lieber zu Aldi, die nerven mich nicht damit. Auch hier bin ich wohl wieder nicht die Zielgruppe. Einmal war der Höhepunkt erreicht. Da lief im Supermarkt Werbung für Werbung in Ladengeschäfte. Falls ich also irgendwann mal ein Ladengeschäft habe und die Werbung im Supermarkt so toll fand, kann ich mir von denen Werbung für meinen Laden machen lassen. Ich weiß schon, warum ich hier im Blog keine Werbung schalte. Es nervt ungemein und bringt nichts positives.

Ein weiteres Ding, das mich in dieser Art Supermarkt total nervt ist die Zusammenstellung nach Marken. So gibt es gerade bei der Feinkost eine Handvoll Marken, die dann ein ganzes Themengebiet abdecken. Für »asiatisch« gibt es diverse Marken. Wenn ich jetzt etwas wie Kokosmilch suche, ist mir die Marke herzlich egal. Aber dann steht die Hausmarke irgendwo abseits. Es gibt je eine Insel pro Marke und jede hat dann da auch Kokosmilch. Preise vergleichen ist natürlich nicht erwünscht und wird somit erschwert. Im Aldi steht einfach Bio oben im Regal, konventionell unten. Das reicht mir an Auswahl. Besonders bekloppt ist es dann, wenn Marken mehr als eine Produktkategorie haben. Dann muss man sich merken welcher Hersteller das war, und nicht welche Produktkategorie. Mag für manche Leute toll sein, ich mag es nicht.

An der Kasse offenbaren sich dann die nächsten Dinge. So gibt es in dieser Art Läden immer irgendwelche Gutscheine. Das fand ich in den USA schon sehr albern. Da sind die Rückseiten der Kassenbons immer voller »drei zum Preis von zwei« Angebote. Man saß also da, hat die Kassenbons zerschnitten und dann mit einer großen Kladde immer jene Gutscheine vorgezeigt, die gerade hilfreich waren. Eine reine Zeitverschwendung und Bindung an einen Supermarkt. Aber wenn man das Geld damit sparen kann, so mag die Rechnung aufgehen.

Häufig kommt dann noch die Frage nach der Payback-Karte. Habe ich nicht, will ich nicht. Aber nach den Zetteln, die von innen an die Plexiglaswände geklebt sind, müssen die Kassierer*innen das bei wirklich jeder Person fragen. Sie tun mir irgendwie leid.

Dann scheint einer dieser Märkte auch nicht auf Radfahrer*innen ausgelegt zu sein. Es gibt zwar ein paar Felgenkiller als Ständer, jedoch rechnet man dann doch nicht mit ihnen. Ich kann mit dem Fahrrad kommend schlecht meine Taschen im Auto lassen. Genau darum wurde ich aber gebeten. Ansonsten soll ich die Taschen doch bitte an der Information abgeben. Wenn ich vorher beim Discounter war und dann zweimal 10 kg Fahrradtasche und einen Rucksack über die Theke geben soll, habe ich schon drastisch weniger Lust. Nach der Aktion bin ich dann auch einfach nicht mehr dort einkaufen gefahren. So kann man seine Zielgruppe Autofahrer*innen natürlich auch noch weiter verstetigen.

Vor der Tür stand dann noch so ein Grillhähnchen-Wagen. Der ganze Parkplatz stank nach gegrilltem Hähnchen. Ich bin aus geschmacksgründen Vegetarier, daher mag ich den Geruch von Fleisch auch nicht. Jedoch ist es schon witzig, dass es im Supermarkt eine Vegan-Ecke gibt, draußen allerdings alle Leute an dem Brathänchengeruch vorbeigehen müssen. Sollen die Leute essen, was sie wollen. Aber für mich ein weiterer Grund nur in Außnahmefällen in solche Läden zu gehen.

Manchmal fahre ich auch bis nach Beuel-Mitte zum Rewe. Der hat auch viele Markenprodukte und ein recht großes Sortiment. Der hat allerdings keine Parkplätze vor der Tür und aufgrund seiner Lage auch ein urbaneres Klientel. Das merkt man beim Einkaufen auch. Es gibt dort nicht so alles-alles wie in den riesigen Supermärkten, aber es ist deutlich angenehmer einzukaufen. Und so nehme ich dann manchmal gerne eine längere Anfahrt in Kauf um nicht in diesen riesigen Märkten einkaufen zu müssen.