Bio sollte nicht optional sein

Im Supermarkt kann man zwischen konventionellen und Bio-Waren aussuchen. Aber warum eigentlich? Warum ist nicht alles konventionell? Oder alles Bio?

Wenn ich beim Einkaufen Käse kaufe, dann kann ich zwischen konventioneller und biologischer Milchwirtschaft wählen. Und somit auch den Preis von 8,73 EUR/kg nehmen oder aber 11,45 EUR/kg, siehe Artikel zu den Preisen. Warum habe ich da überhaupt die Wahl?

Letztlich haben wir uns als Gesellschaft auf gewisse Mindeststandards geeinigt, wie Tiere zu halten sind. Darunter darf es nicht gehen. Wenn die nicht ausreichen, sollten sie angehoben werden. Da diese Standards aber eher niedrig sind, gibt es noch eine zweite Kategorie mit höheren Standards. Das klingt erstmal einleuchtend, so kann sich jede Person aussuchen, welche Standards wichtig sind.

Aber irgendwie ist es auch total absurd. Schließlich erzeugt die konventionelle Landwirtschaft unglaubliche Mengen Gülle, die auf die Felder verklappt wird und am Ende für nitratverseuchtes Grundwasser sorgt. Das sind externalisierte Kosten, die bei Bio hoffentlich weniger hoch sind.

Warum dürfen Verbraucher wählen, ob sie das Produkt mit oder ohne externalisierte Kosten beziehen? Das wäre ja so, als könnte ich zwischen Produkte mit und ohne Mehrwertsteuer auswählen. Wenn ich finde, dass so ein Staat eine töfte Sache ist, dann kaufe ich das um 19 % teurere Produkt. Wenn ich mein Geld lieber für mich behalte oder es mir schlicht nicht leisten kann, dann kaufe ich das halt ohne Mehrwertsteuer.

Diese Unterscheidung haben wir nicht, weil Steuern eben nur funktionieren, wenn alle sie zahlen. Sie freiwillig zu machen wäre letztlich jedem offen zu lassen, ob er dem Staat Geld schenkt. Gut, Leute machen ihre Steuererklärungen nicht und schenken so dem Staat durchschnittlich 1000 EUR/a, aber das ist ein anderes Thema. Es ist offensichtlich, dass die Mehrwertsteuer nicht optional sein darf.

Nun kann ich beim Supermarkteinkauf aber entscheiden, wie viel Auslauf die Tiere hatten, ob die männlichen Küken zerhackt oder aufgezogen werden. Würde ich Fleisch kaufen, könnte ich noch entscheiden ob die Sau in einem Kasten gehalten wurde oder sich bewegen durfte. Warum darf ich das alles selbst entscheiden?

Ähnlich ist das auch mit Ökostrom. Ich beziehe physikalisch immer den gleichen Strommix, bezahle aber unterschiedlich viel dafür. Dabei besteht da gar keine Not. Wenn ich mehr Geld bezahle um rechnerisch nur erneuerbare Energien zu bekommen, so bekommen alle anderen einfach ein bisschen mehr Kohlestrom in ihren Mix und es ist ihnen scheißegal. Dadurch alleine werden keine erneuerbaren Energien ausgebaut.

Diese ganze Auswahl sollte weg. Man sollte die Standards und Anforderungen an Landwirtschaft, Stromerzeugung und anderes entsprechend anpassen, dass sie sinnvoll werden. Dann gelten sie für alle Verbraucher und so erreichen wir gemeinsam dann eine wirkliche Wende. Das aktuelle ist nur die Ruhigstellung von ein paar Gutmenschen, für die dann eben die Milch etwas anders erzeugt wird. Aber welchen Unterschied macht das, wenn nebenan die Bauern die Tiere unzumutbar halten und mit ihrer Gülle das Trinkwasser belasten?

Wenn man Bio für alle vorschlägt, kommt ja immer die Frage, wie man das alles bezahlen soll. Schließlich kostet Bio ja mehr als konventionell. Der Trick ist halt viele Kosten zu externalisieren. Viele Tiere auf engen Raum quetschen? Spart Geld auf Kosten der Tiere. Die Gülle einfach auf Felder kippen? Spart Geld auf Kosten der Trinkwasseraufbereitung. Große Monokulturen mit Pestiziden einsprühen? Spart Geld auf Kosten der Insekten.

Würde man diese externen Kosten einrechnen, dann wäre Bio gar nicht mehr so teuer im Vergleich. Weil man aber zulässt, dass man diese Kosten externalisieren kann, kann man analog zu »gut und günstig« dann eben »schlecht und noch billiger« anbieten. Wohl bekommt's.