Sich nicht von Benachrichtigungen treiben lassen

Ich bekomme immer wieder Benachrichtigungen aufs Handy. Aber sie drängen sich nicht in den Vordergrund, so kann ich auch noch an andere Dinge denken.

Manchmal schaue ich nach Stunden wieder auf mein Handy, und dann sieht das so aus:

Der Nicht-Stören-Modus ist dauerhaft an, es kommen nur Anrufe durch. Alles andere mag zwar wichtig sein, aber nicht automatisch dringend. So kann ich die Benachrichtigungen sammeln bis ich mir die Zeit nehmen kann und mag, mich um sie zu kümmern.

Es ist weder mir noch anderen geholfen, wenn ich zwar auf alle Benachrichtigungen direkt schaue, sie aber dann nicht bearbeiten kann. Zum Beantworten von persönlichen Nachrichten möchte ich mir etwas Zeit nehmen, das mache ich dann nicht irgendwie nebenher. Auch dass ich eine neue Benachrichtigung auf Mastodon oder LinkedIn bekommen habe, kann nicht dringend sein. Die ganzen anderen Dinge wie von Strava sind auch nie dringend.

Lässt man sich von den Benachrichtigungen treiben, so wird irgendwann das Bearbeiten dieser Reize ein Selbstzweck. Man leitet eine Befriedigung daraus ab, dass immer irgendwas passiert und man sich direkt darum »gekümmert« hat. Der Preis ist allerdings, dass man sich nicht mehr länger als ein paar Minuten auf etwas konzentrieren kann. Man verspürt dann den Drang zu schauen, ob etwas neues passiert ist.

Diese Dynamik wird in Stolen Focus1 schön beschrieben, das Buch kann ich empfehlen. Der Autor macht einen mehrmonatigen totalen Entzug von Kommunikationsmedien und entdeckt die Ruhe wieder. Mit der Zeit entwickelt er einen nachhaltigeren Weg für sich.

Bedenken sollte man auch, dass die Sozialen Netzwerke im Hintergrund eine KI haben, die den Feed zusammenstellt. Einziges Ziel der KI ist die auf Werbung geschaute Zeit zu maximieren, psychologische Kollateralschäden werden explizit in Kauf genommen. Das kann man zum Beispiel im Buch von Lanier2 nachlesen.

Was es mit uns Menschen macht, wenn wir letztlich nur die Benachrichtigungen von Apps bedienen und nicht mehr zur Ruhe kommen, kann man auch in den Büchern von Turkle3 nachlesen. Ihre Bücher hatte ich auch schon in einem eigenen Artikel empfohlen.

Mir tut das stundenweise Abdocken von den Benachrichtigungen sehr gut. So habe ich Zeit mal auf einer Radtour die Landschaft zu genießen. Die Nachrichten sind am Ende der Radtour ja immer noch da. Oder ich kann in Ruhe Arbeiten ohne das Gefühl zu haben dringend reagieren zu müssen. Falls etwas ganz dringendes passiert, bin ich aber telefonisch erreichbar.


  1. Hari, J. Stolen Focus: Why You Can’t Pay Attention. (Bloomsbury Publishing, 2022). 

  2. Lanier, J. Ten arguments for deleting your social media accounts right now. (Henry Holt and Company, 2018). 

  3. Turkle, S. Reclaiming Conversation: The Power of Talk in a Digital Age. (Penguin, 2015).