Pseudo-Fahrradstraße in Neuss

In Neuss habe ich eine Fahrradstraße gefunden, die keinerlei Vorteile für Radfahrer bietet. Es ist eine Pseudo-Fahrradstraße.

Ich war für einen Tanz-Workshop in Neuss und hatte eigentlich nichts bezüglich Straßenverkehr geplant. Als ich die Drususallee gesehen hatte, musste ich allerdings Fotos für einen Blogartikel machen. So sieht die Straße am Anfang aus:

Das Schild sagt wieder »Fahrradstraße« mit dem Zusatz »Kraftverkehr frei«. Es ist also letztlich nur eine Tempo-30-Zone.

Von der Breite ist direkt klar, dass das nichts geben kann. Die Fahrbahn scheint hier vier Meter breit zu sein. Das scheint für eine Fahrradstraße erstmal okay. Das Problem ist allerdings der Parkstreifen etwas später:

Man hat mit dem Fahrrad jetzt zwei Optionen:

  1. Man fährt scharf rechts, direkt links der geparkten Autos. Somit bleiben noch drei Meter Fahrbahn übrig und man kann von hinten mit etwa einem Meter Abstand überholt werden.
  2. Man fährt aus Selbstschutz mit ungefähr einem Meter Abstand zu den geparkten Autos. Es bleiben dann noch knapp mehr als zwei Meter Fahrbahn übrig. Überholt werden ist dann nur noch sehr knapp möglich.

Wählt man die erste Option, dann sieht das so aus:

Das ist so lange okay, wie nichts passiert. Die beiden Radfahrer fahren sehr weit auf ihrer rechten Seite. Wenn jemand dort zwischen den Autos hervortritt oder plötzlich eine Autotür öffnet, haben die beiden keine Chance mehr. Sie werden von dem Autofahrer knapp überholt. Sollte da kurz das Gleichgewicht gestört sein, hat man keinen Puffer mehr.

Schaut man in die Verkehrsregeln für Fahrradstraßen, so ist das Nebeneinanderfahren explizit erlaubt. Der Kraftverkehr darf in einer Fahrradstraße den Radverkehr auch nicht drängeln.

In der Praxis passiert aber genau das. Ich beobachtete noch eine Person die Option 2 wählte. Sie wurde von dem Fahrer eines großen BMWs mit Münchener Kennzeichen auch noch angehupt weil sie nicht in der Dooring-Zone gefahren ist. Die Beschilderung und Markierung als Fahrradstraße hatte hier also keinerlei Effekt.

Wie auch schon beim beparkten Gehweg in Hangelar ist hier alles perfekt regelt, in der Praxis ist es trotzdem furchtbar. Wir sind hier also wieder an dem Punkt an dem man den optimalen Abstand zum rechten Rand finden muss um sich möglichst wenig gefährden zu lassen.

Könnte man es denn anders machen? Schaut man sich diese Straße an, so findet man da in der Mitte Bäume. Es bietet sich also an links und rechts jeweils eine Einbahnstraße einzurichten. Zwischen den Bäumen haben sie Parkplätze eingerichtet.

Ohne die Parkplätze wäre das für Mischverkehr breit genug. Mit den Parkplätzen auf der Fahrbahn wird es dann aber so eng, dass es gefährlich wird. Die Planer haben hier keinen Sicherheitsabstand zu den Parkplätzen eingeplant.

Somit ist es nur eine halbherzige Fahrradstraße, die dem Radverkehr nicht hilft. Es ist klar zu sehen, dass Parkplätze wichtiger waren als Radverkehr.

Um das hier zu verbessern müssten entweder die Parkplätze auf der Fahrbahn weg, oder aber alle Parkplätze zwischen den Bäumen und dann den Radweg mittig durch die Allee legen. An die Parkplätze hat man sich aber nicht getraut. Somit bleibt es ein Feigenblatt für die Fahrrad-Statistik ohne positiven Effekt.