Niedrige Informationsdichte auf modernen Webseiten

Moderne Webseiten haben meist eine geringe Informationsdichte. Und mit jeder Aktualisierung des Designs wird es weniger. Ich mag es überhaupt nicht.

Mein Job ist Softwareentwicklung. Entsprechend arbeite ich mit einer Entwicklungsumgebung. So sieht das Fenster aus, mit dem ich meist arbeite (Visual Studio Code):

Da ist richtig viel Information drin. Ich habe zwei Editoren mit Quelltext, mein Bildschirm ist breit genug dafür. Ich habe eine Mini-Map über den gesamten Code als Seitenleiste. Links gibt es einen Baum aller Dateien in dem Projekt. Ich habe noch diverse andere Dateien in Tabs offen, kann schnell wechseln. Oben über den Editoren steht der Pfad der Datei sowie das Symbol an dem ich gerade bin. Unten habe ich noch ein Terminal. In der Statusleiste kann ich den Zustand der Versionskontrolle sehen, die Anzahl gefundener Probleme, die Position in der Datei, das Encoding, die Zeilenumbrüche, die Programmiersprache und der genutzte Python-Interpreter.

Das ist eine Menge. Und es mag für Laien vielleicht überladen wirken, aber ich finde das großartig zum Arbeiten. Auch drängen sich die nebensächlichen Informationen nicht in den Vordergrund. Ich kann damit arbeiten, das Teil steht mir nicht im Weg.

Kommen wir zum Gegenteil. Die Startseite des Online-Bankings bei der Commerzbank. Da begrüßt mich das dann so:

Da ist erstmal oben viel leerer Platz in der Menüleiste. Dann ganz viel Weißraum. Die Konten sind dort als große Instagram-Karten aufgelistet. Dazu so ein großes Symbol, was jetzt auch keinen großen Mehrwert bringt.

Wenn man ehrlich ist, so ist die einzige Information auf dieser Seite der Kontostand der jeweiligen Konten. Auf der alten Startseite wurden die Kontostände in einer kompakten Tabelle angezeigt. Dazu gab es noch eine kompakte Tabelle der letzten Umsätze. Sie hatten noch ein Liniendiagramm mit dem Kontostand der letzten Monate. Da war noch viel mehr Information.

Schaut man sich nun eines der Konten an, so passen gerade einmal zwei Umsätze auf den Bildschirm:

Das ist der Punkt, an dem ich mich dann alt fühle. Ich bin aufgewachsen mit einem 15 oder 17 Zoll Röhrenmonitor mit 800×600 Pixeln Auflösung. Damit konnte man Dinge tun! Dann kam 1024×768 Pixel, das war schon cool. Und jetzt habe 1920×1080 auf 23 Zoll. Das ist nochmal größer. Und es passt aber immer weniger drauf.

Die Schaltflächen sind alle so groß, dass man sie mit einem großen Daumen bedienen könnte. Das ist ja schön, aber ich sitze nun einmal am Schreibtisch und habe eine Maus und Cursor. Damit kann ich deutlich kleinere Dinge treffen.

Da ist auch enorm viel Weißraum, da wird ganz viel Platz verschenkt. Man hätte das auch deutlich kompakter machen können. Hat man aber nicht, damit es »luftig« und »wertig« aussieht.

Das ganze kommt natürlich daher, dass man »mobile first« entwickelt, also zuerst für die Mobilgeräte. Die Seite wird für das Handy entwickelt, entsprechend groß muss dann alles sein. Für den Desktop wird der Bildschirm einfach nur größer. Eigentlich war das nicht Sinn der Sache, die Informationsdichte sollte auf dem Desktop höher sein. Warum man das nicht macht, weiß ich nicht. Man hat jetzt letztlich eine Smartphone-App auf dem Desktop.

Dabei hat die Commerzbank sogar eine eigene Android-App. Es bräuchte diese für Mobilgeräte optimierte Seite eigentlich gar nicht, weil man auf mobilen Endgeräten doch eh die App nutzen kann. Ich verstehe nicht, warum sie dann keine Webseite haben, die wirklich für den Desktop gut ist.

Wahrscheinlich habe ich jetzt den Status »grumpy old man« erreicht, mit »früher war alles besser«, zumindest in Aspekten. Wobei ich es eher mit Jochen Malmsheimer halte: Es gibt Dinge, die waren früher gut. Und die wären auch immer noch gut, wenn man seine Finger davon gelassen hätte!