Mythos »Grüne Verbotspartei«

Im Bundestagswahlkampf höre ich von CDU, CSU und FDP immer wieder über die Grünen den Begriff »Verbotspartei«. Die neoliberalen Partien wollen vielmehr über »Anreize« und nicht über Verbote steuern. Das klingt erstmal auch total gut und positiv. Es ist ja auch viel angenehmer eine Belohnung für gutes Verhalten als eine Strafe für schlechtes Verhalten zu bekommen.

Witzigerweise haben die neoliberalen Parteien damit aber schon die Notwendigkeit von Klimaschutzmaßnahmen erkannt, sie wollen die Bürger nur nicht zwingen. Einsicht ist ja der erste Schritt zur Besserung, immerhin haben wir den jetzt schon einmal geschafft.

Die Anreize, die allerdings gemacht werden, halte ich für die falschen. Und darüber hinaus gibt es auch diverse Verbote, von den Parteien, die Verbotspartei als Stigma versuchen zu etablieren.

Anreize

Die Bundesregierung möchte eine Wende im Verkehr. Dabei scheint sie allerdings keine komplette Verkehrswende zu wollen, also weg vom motorisierten Individualverkehr (MIV) zu Fuß, Fahrrad und ÖPVN. Vielmehr soll es eine reine Antriebswende werden. Jeder behält ein Auto, nur bekommt es einen Verbrennungsmotor. Und das auch erst so ganz langsam. Damit die Leute hier Umsteigen soll es kein zeitnahes Verbot von Verbrennungsmotoren geben, vielmehr eine Kaufprämie für Elektroautos. Aber was ist mit einer Kaufprämie für Lastenräder? Das haben einige Kommunen gemacht und die Fördertöpfe waren am Folgetag leer. Interesse scheint also da zu sein, während die Anzahl der Elektrofahrzeuge nur sehr langsam steigt.

Dann wird, insbesondere in NRW, der Kohlestrom und die Kohleförderung subventioniert. Das ist auch ein Anreiz in die komplett falsche Richtung. Gleichzeitig wird aber die Einspeisevergütung von Solarstrom durch Privatpersonen immer weniger subventioniert.

Auch die CDU wird einen CO₂-Preis einführen, der fast die gleiche Höhe hat wie das Modell der Grünen. Der Unterschied ist allerdings, dass die Bürger nichts zurückbekommen. Insgesamt ist das ein guter Anreiz. Jetzt sollen dieser Preis in Mietswohnungen allerdings nur durch den Mieter gezahlt werden. Auf den ersten Blick erscheint das auch total sinnvoll, der Mieter ist ja auch Verursacher der Heizkosten. Aber der CO₂-Preis soll lenken. Und wenn man länger darüber nachdenkt, hat der Mieter ab einem gewissen Punkt keine Möglichkeit mehr, sparsamer zu heizen. Natürlich kann ein Mieter ineffizient heizen, Fenster offen stehen lassen und eine Temperatur über 20 °C einstellen. Das sind Mehrkosten, die der Vermieter nicht tragen muss. Aber wenn ich schon stoßlüfte und nur 20 °C einstelle, wie kann ich dann noch weiter sparen? Weniger Lüften oder weniger Heizen darf ich gar nicht, da ich dem Schimmel vorbeugen muss. Ab diesem Punkt kommt es dann auf die Effizienz der Heizanlage, die Isolation der Fassade und Fenster an. Das sind aber Dinge, auf die der Mieter keinen Einfluss hat. Wenn der CO₂-Preis nicht an den Vermieter geht, welchen Anreiz hätte er dann eine bessere Heizung oder Isolation zu verbauen?

Dann wird im ganzen Bund das Gehwegparken geduldet, siehe alle Beiträge zum Thema. Das ganze zieht sich über alle Ebenen. Das Innenministerium NRW (CDU) findet das okay, die Bezirksregierung (CDU, FDP) findet es auch okay. Die CDU Leverkusen gibt Gehwege für überbreite Fahrzeuge frei. Das sind die vollkommen falschen Anreize, wenn man weniger Autos haben möchte.

Dann fehlt es auch an guter Fahrradinfrastruktur, um die Leute auf das Fahrrad zu bringen. In Berlin haben die Grünen dort viele neue Radwege geschaffen, die auch schon viele Leute auf das Fahrrad gelockt haben. In Bonn wurde unter dem CDU Oberbürgermeister fast keine Fahrradinfrastruktur geschaffen. Und das Land NRW weigert sich einen Radschnellweg an die zu sanierende Autobahnbrücke A 565 zu bauen.

Verbote

Verbote kann die CDU aber großartig. So gilt in NRW zum Beispiel die 10-h-Regel. Die besagt, dass ein Windrad nur in einer Entfernung seiner zehnfachen Höhe entsprechend von Siedlungen gebaut werden darf. Als Siedlung gelten dann aber schon wenige Häuser. Die effektive Fläche, die mit Windrädern besetzt werden darf, ist verschwindend gering. Gleiches Spiel mit der CSU in Bayern.

Dann scheint die CDU auch kein Problem damit zu haben, dass die Bekanntmachung zur Durchführung von Schwangerschaftsabbrüchen weiterhin strafbar ist. Frauenärzt*innen dürfen auf ihren Webseiten nicht schreiben, dass sie Schwangerschaftsabbrüche anbieten. Das ist ein starker Eingriff in die Autonomie der Frauen, die von einer Selbstbestimmung über ihren Körper abgehalten werden.

Dann dürften Städte nicht selbstständig Tempo 30 km/h als Regelgeschwindigkeit festlegen. Der Bund bestimmt, dass die Regelgeschwindigkeit innerorts 50 km/h ist, 30 km/h darf nur mit Begründung eingerichtet werden. Den Städten sind hier also die Hände gebunden. Bonn bewirbt sich als Modellstadt für diese Umkehrung.

Und dann, nicht wirklich ein Verbot, gibt es noch die Abschaffung der Hochwassernothilfen im Land NRW vor ein paar Jahren. Jetzt gibt Herr Laschet sich als Retter, der Geld bereitstellen will. Aber seine Regierung war es, die das ganze damals erst gekürzt hat.