Meine Leseliste Q3 2023

Wie jedes Quartal hier wieder die Liste der Bücher, die ich gelesen habe.

  1. Jung, T. Hauskauf für Einsteiger. (Books on Demand, 2020).

    Der Wohnungsmarkt ist aktuell ziemlich verrückt. Mieten sind teuer, Kaufpreise sind aber auch sehr teuer. Die Zinsen steigen, die Kaufpreise geben etwas nach. Aber es gibt einfach sehr wenig Angebot. Unabhängig von den finanziellen Abwägungen zwischen mieten und kaufen muss man aber ab einer gewissen Anzahl Zimmer, Lage und dem Vorhandensein eines kleinen Gartens wohl kaufen.

    Um ein besseres Gefühl dafür zu bekommen, habe ich mir einmal Bücher zu dem Thema gesucht. Dieses dünne und günstige E-Book ist zwar mit Witz geschrieben, enthält aber letztlich nur wenige Dinge: (1) Mieten ist nicht unbedingt schlechter als Kaufen, (2) bloß keinen Stress machen oder sich machen lassen, (3) mit seinen eigenem Budget realistisch sein, (4) sich vor der Suche überlegen, was man möchte und (5) sich von Fachleuten beraten lassen. Nur Punkt 4 war mir neu, ich hatte mir bisher irgendwie alles angeschaut und fühlte mich dann überfordert.

    Für den Einstieg ist das ganz nett gewesen, aber man sollte dann wohl noch etwas ausführlicheres lesen, wenn man das Thema weiter verfolgen möchte.

  2. Baer, U. & Frick-Baer, G. Gefühlslandschaft Angst. (Julius Beltz, 2009).

    Ein weiterer Band aus der »Bibliothek der Gefühle«. Hier geht es um Angst und die Gefühle, die die Angst begleiten. Teilweise werden auch andere Gefühle als Angst wahrgenommen. Die Angst kann auch auftreten, wenn eigentlich alles positiv ist.

    In dem Buch gehen die Autoren auf die verschiedenen Aspekte von Angstgefühlen ein, wann sie nützlich sind, wann sie schädlich sind. Sie geben viele Beispiele für Ängste, hinter denen eigentlich etwas anderes steckt. Anhand der Fallbeispiele kann man sich teilweise überlegen, wie eigenes Angstempfinden vielleicht auch andere Quellen hat.

    Wie die anderen Bücher der Reihe finde ich auch dieses Buch ansprechend geschrieben, ohne überheblichen Ratgeber-Charakter und mit realistischen Erwartungen und ohne Versprechungen.

  3. Atai, G. Die Wahrheit ist der Feind: Warum Russland so anders ist. (Rowohlt, 2019).

    Die ARD-Korrepondentin beschreibt in ihrem Buch, welche Bilder die russische Regierung im In- und Ausland verbreitet um ihre Interessen zu etablieren. Man erfährt von einem System, das hauptsächlich auf Machterhalt, Träumen von einem »Großrussland« und weiteren derartigen Dingen beruht.

    Putin und viele andere in der Regierung waren früher beim KGB. Entsprechend sieht er alles durch diesen Blickwinkel. Anscheinend hält er zivilgesellschaftliche Organisation nicht für möglich, hinter allem müssen staatliche Akteure stecken, also westliche Geheimdienste. Die eigenen Staatsmedien verbreiten Propaganda im Ausland, entsprechend werden ausländische Sender ebenfalls als Propaganda bewertet.

    Sie beschreibt auch Gespräche mit den Bürger*innen in Russland und wie sie sich innenpolitisch vernachlässigt fühlen. Der Rückhalt der Regierung schwindet, allerdings sind die Narrative über ein von Feinden umstelltes Russland noch immer hinreichend wirkungsvoll um das System zu halten. Zusammen mit der orthodoxen Kirche hat sich Putin als der von Gott gesandte starke Mann etabliert, zu dem es einfach keine Alternativen gibt.

    Das Buch ist ziemlich bedrückend. Die russischen Narrative haben sich schon gut in der westlichen Welt festgesetzt. Wahlbeeinflussung wird in Russland offen gefeiert, Trump und der Brexit sind zwei Erfolgsgeschichten. Dann gibt es diverse Troll-Fabriken, russische Fernsehsender mit Kreml-Programm und genügend Leute im Westen, die sich einspannen lassen. Zusammen mit dem Podcast »Cold Front« zeichnet sich ab, welche Großmachtsfantasien da eigentlich hinterstecken.

    Das Buch ist auch vor der russischen Invasion in die Ukraine geschrieben. Ich hatte ehrlich gesagt zwar die Annexion der Krim noch als klare Aggression durch Russland verstanden, bei den Kämpfen im Donbass habe ich gar nicht so genau hingeschaut. Das, was ich jetzt aber in dem Buch gelesen habe, zeichnet ein ganz anderes Bild, Russland war schon immer klar der Aggressor. Und somit ist die inzwischen stattgefundene vollständige Invasion überhaupt nicht mehr überraschend gewesen. Ich finde es bemerkenswert, dass 2019 das schon so absehbar war, und ich 2022 trotzdem so überrascht war, als die komplette Invasion begann.

  4. Fournier, C. The Manager’s Path: A Guide for Tech Leaders Navigating Growth & Change. (O’Reilly, 2017).

    Nachdem ich im letzten Quartal Bücher über die Karriereleiter des »Staff Engineers« gelesen habe, wollte ich nun das in den Vorworten jener Bücher erwähnte Buch von Frau Fournier lesen. Sie beschreibt Management von Technikern und die verschiedenen Stufen vom Teamleiter bis zum Chief Technology Officer (CTO). Für jede Stufe erklärt sie typische Aufgaben, Probleme und Entwicklungsmöglichkeiten.

    Mich hat vor allem interessiert, was die Alternative zum Pfad des Staff Engineers ist. Auch wollte ich wissen, was man von einem Manager erwartet um mir ganz langfristig Gedanken zu machen, wohin ich mich eigentlich entwickeln möchte. Außerdem kann man mit diesem besseren Blick sich auch besser führen lassen und weiß, was die eigenen Manager von einem erwarten und man von ihnen erwarten kann.

    Besonders interessant fand ich das letzte Kapitel über die Schaffung einer Kultur. Ein neues Startup mit 10 Leuten braucht das noch nicht, eine etablierte Firma hat sie schon. Für schnell wachsende Firmen kommt aber irgendwann der Punkt, an dem man mehr Struktur einführen muss. Sie beschreibt, welche Strukturen man einführen kann und welche Abwägungen man dabei treffen muss.

  5. Baer, U. & Frick-Baer, G. Vom Sehnen und Wünschen. (Julius Beltz, 2009).

    In diesem Band der »Bibliothek der Gefühle« schreiben das Autorenpaar über unterdrückte Wünsche und wie Personen das Sehnen verlernen können. Sie geben Einblicke in Biografien und beschreiben wie diese Personen sich wieder etwas wünschen können.

  6. Eyal, N. Hooked: How to Build Habit-Forming Products. (Penguin, 2014).

    Der Autor berät Firmen im Silicon Valley wie sie ihre Nutzerschaft besser an ihr Produkt binden können. Auf das Buch bin ich durch »Stolen Focus«1 aufmerksam geworden. Eyal beschreibt in seinem eigenen Buch, wie man Leute manipulieren kann, sieht die Verantwortung sich vor negativen Folgen zu schützen trotzdem bei den Personen selbst.

    Ethische und moralische Bedenken werden im letzten Kapitel behandelt, allerdings scheint er kein Problem mit Manipulation zu haben solange man glaubt das Leben der Leute zu verbessern. Die angeführten Beispiele wirken allerdings etwas selbstgerecht. So ist das »Bedürfnis«, das Instagram lösen soll die Angst etwas zu verpassen. In meiner Wahrnehmung haben erst Plattformen wie Instagram dazu geführt diese Angst in der Form zu formen.

  7. Sapkowski, A. Baptism of Fire. (1996).

    Der nächste Teil aus der Witcher-Serie.

  8. Doctorow, C. The Internet Con: How to Seize the Means of Computation. (Verso, 2023).

    Der Autor beschreibt die Machtkonzentration bei den großen Tech-Konzernen und wie diese mächtiger sind als gewisse Länder und ihre Regierungen. Diese Machtkonzentration ist nicht gut für die einfachen Leute, diese können aber auch wenig dagegen ausrichten.

    Interessant waren gewisse Erzählungen. Zum Beispiel wurden seit den Siebzigern systematisch die Gesetze gegen Kartelle aufgeweicht. Es gab eine dann dominant werdende Interpretation dieser Gesetze nach der Monopole sogar gut für Verbraucher*innen wären, schließlich könnten diese ganz effizient Produkte anbieten. Konkurrenz kostet nur Geld. Daher sind Monopole per se nicht schlecht. Nur wenn die Produkte zu teuer oder zu schlecht werden, dann wäre auch das Monopol schlecht. Mit komplexen Modellen haben Ökonomen aus Chicago allerdings auch tatkräftig geholfen um alle Preissteigerungen nach einer Fusion auf externe Faktoren zu schieben. Ohne das Monopol wären die Preise nur noch höher geworden!

    Die Hauptlösung des Autors ist das Legalisieren von Interoperabilität. Aktuell ist es durch Legislatur wie den Digital Millennium Copyright Act verboten Produkte auseinanderzunehmen und digitales Rechtemanagement zu umgehen. Egal wie billig die Vorkehrungen sind, es ist illegal sie zu umgehen. Und so verkaufen Druckerhersteller überteuerte Tinte, Traktoren und Autos können nicht mit Ersatzteilen von Drittanbietern repariert werden. Selbst Teile von einem Fahrzeug können nicht in das andere Fahrzeug gepackt werden ohne dass Techniker*innen der Firma das Bauteil wieder freischalten.

    Wie realistisch man damit allerdings umgehen kann, weiß ich aber nicht. Mir scheint dass die Ideen an sich gut sind, die Umsetzung im aktuellen politischen Umfeld aber keine Mehrheit finden wird.


  1. Hari, J. Stolen Focus: Why You Can’t Pay Attention. (Bloomsbury Publishing, 2022).