Ironie, Sarkasmus und Wut

Früher habe ich viel Ironie und Sarkasmus genutzt. Seit mir klar ist, wofür das eigentlich steht, kann ich viel direkter kommunizieren.

Ironie ist ein Stilmittel, mit dem man intelligent wirken kann. Man verdreht auf feine Art den Sachzusammenhang und die andere Person muss herausfinden, wie es gemeint ist. Das kann manchmal auch einfach nur lustig gemeint sein.

Möchte man etwas negatives kommunizieren, kann man sich mit der Ironie das Schlupfloch offenlassen es gar nicht so gemeint zu haben. Möchte man Kritik üben und sagt ironisch »das hast du aber toll gemacht«, kann die andere Person das auch als positive Mitteilung auffassen. Wird sie durch die Ironie gekränkt, kann man behaupten es gar nicht so gemeint haben.

Sarkasmus ist noch einmal stärker, da geht es gezielt darum die andere Person zu verletzten. Auch hier kann man Ironie nutzen um das ganze zu verschleiern und sich die Fluchtmöglichkeit offenzulassen.

In der Reihe »Bibliothek der Gefühle« gibt es ein Buch zu Wut1. Dort schreiben die Autoren, dass Sarkasmus meist ein Ausdruck von Wut ist. Das hat mich darüber noch einmal nachdenken lassen und nun scheint der Zusammenhang ganz klar.

Wir wollen die andere Person nur dann verletzen, wenn wir uns über sie geärgert haben. Wir fühlen uns verletzt und wollen zurückschlagen. Mit dem Sarkasmus können wir die andere Person ebenfalls verletzen. Durch die Nähe zur Ironie fühlt sich das ganze aber gar nicht so schlimm an, man sagt ja nicht direkt etwas böses. Man kann also wütend sein ohne direkt negative Dinge sagen zu müssen.

Viele Menschen haben ein Problem mit Wut und können sie nicht richtig äußern. Wenn man aber nicht seine Wut in sich hineinfressen möchte, so muss man sie ausdrücken. Leidet man aber unter übertriebenen Hemmungen seinem Ärger Raum zu geben, kann man sich des Sarkasmus bedienen und sehr zynische Äußerungen treffen.

Bei der Gegenseite kommt durch Zynismus allerdings auf der Sachebene wenig konstruktives an, sie spürt nur auf der emotionalen Ebene, dass etwas nicht stimmt. Es kann schnell zu Anfeindungen und schlechter Stimmung kommen. In der Sache wird man so nicht weiterkommen.

Entscheidend ist hier die Einsicht, dass man wütend ist. Dann sollte man diesem Gefühl Raum geben und sich überlegen woher der eigentlich kommt. Hat man die Quelle oder den Auslöser identifiziert, kann man versuchen auf der Sachebene zu kommunizieren und das Problem zu lösen. Meist kommt man damit viel weiter, als wenn man nur sarkastische Kommentare hinterlässt.

Interessant ist diese Dynamik in sozialen Netzwerken zu beobachten. Nehmen wir das Thema Gehwegparken. Auf Twitter findet man viele Fotos von behindernd geparkten Autos, die von Radfahrer*innen hochgeladen worden sind. Meist sind schnippische Kommentare dabei. In den Kommentaren stehen weitere sarkastische Kommentare. Es ist eine Wut im Raum zu spüren, teilweise sichtbar, teilweise unterdrückt und unterschwellig.

Es tut ein bisschen gut dieser Wut Raum zu geben indem man sich in sozialen Medien mit Gleichgesinnten unterhält. Allerdings kommt man so nicht weiter. Man reicht seine Wut umher, der Auslöser der Wut bekommt davon aber nichts mit. Die anderen werden nur noch wütender auf den Auslöser, einer Lösung kommt man aber nicht näher.

Daher ist es wichtig die sozialen Medien zu verlassen und sich zu überlegen, wie man seinen Ärger an die richtige Stelle richtigen kann. Entweder traut man sich die Autofahrer*innen vor Ort anzusprechen und ihnen die Wut mitzuteilen. Oder man zeigt sie an und kann so seine Wut umsetzen. Auch möglich ist die Zusammenarbeit mit der Stadtverwaltung oder Politik um das Problem systematisch zu verändern.

All das ist besser als sich im tiefen Zynismus einzureden, man sei gar nicht wütend. Wut zu unterdrücken macht einen nicht glücklicher, im Gegenteil.


  1. Baer, U. & Frick-Baer, G. Der kleine Ärger und die große Wut. (Julius Beltz, 2009).