Riester-Altersvorsorge und Verbeamtung – Woher soll man das wissen?

Beamte fallen aus der Riester-Förderung, wenn sie nicht wissen, dass sie eine wichtige Einverständnisverklärung an die Besoldungsstelle hätten schicken müssen. Ein Erklärungsversuch.

Riester-Rente kennt man, das ist dieses überkomplexe Konstrukt, bei dem ganz viele Bürger mithelfen Steuergelder zu Versicherungsgesellschaften zu schieben. Als Dank bekommen sie noch ein klein bisschen Zusatzrente ab.

Früher wurde es sogar noch auf die Altersgrundsicherung angerechnet, sodass man am Ende weniger hatte. Die Versicherungen haben immer verdient. Inzwischen darf man immerhin 200 EUR/Monat behalten. Also gut, für Geringverdiener lohnt sich diese Vorsorge nicht so wirklich; dabei bräuchten gerade die ja noch mehr Geld im Alter.

Für Gutverdiener scheint Riester aber noch attraktiv. Das liegt daran, dass man bis 2100 EUR/Jahr einzahlen und von der Steuer absetzen kann. Somit bezahlt man diese Beträge aus seinem Bruttogehalt. Dafür muss man sie allerdings bei der Auszahlung wie Einkommen versteuern. Das ist die nachgelagerte Versteuerung. Da man im Alter wohl weniger Einkommen hat, ist der Grenzsteuersatz geringer und man zahlt weniger Steuern. Das mag vielleicht wirklich aufgehen.

Nun gibt es aber noch eine gewisse Regelung, damit die Leute auch genug in dieses Konstrukt einzahlen. Somit muss man 4 % seines rentenversicherungspflichtigen Einkommens des Vorjahres einzahlen. Wenn man also im Jahr 2021 ein Jahreseinkommen von 50.000/a EUR hatte, so muss man also 2000 EUR/a einzahlen. Nur dann bekommt man die komplette staatliche Förderung von 175 EUR. Weil aber mehr als 2100 EUR/a nicht absetzbar sind und die Förderung da mitgerechnet wird, muss man maximal 1925 EUR/a einzahlen.

Es gibt noch einen Mindestbetrag von 60 EUR/a. Wenn man kein Einkommen hat, dann zahlt man die 60 EUR/a ein und erhält 175 EUR/a zusätzlich. Bei der Steuer bekommt man dann nichts extra, man hat schon die Förderung bekommen. Verdient man sehr viel, so ist der Grenzsteuersatz 42 % und man kann die 2100 EUR/a absetzen und erhält dann 882 EUR/a Einkommensteuer zurück. Somit hat man also nur 1218 EUR/a netto einzahlen müssen um 2100 EUR/a Einzahlungen in den Riester-Vertrag zu haben. Bei der Steuererklärung wird eine Günstigerprüfung durchgeführt und man bekommt je nach Einkommen dann den einen oder anderen Modus.

Damit aber überhaupt errechnet werden kann, wie viel man hätte einzahlen müssen, um die komplette Förderung zu erhalten, muss das Finanzamt natürlich wissen, wie viel man verdient hatte. Ich bin bisher immer davon ausgegangen, dass die natürlich über die Arbeitgeber einfach mitgeteilt bekommen, wie viel man verdient. Schließlich macht man ja mit denen eine Steuererklärung und so wissen die natürlich, was man im vorherigen Jahr verdient hatte.

So einfach ist das leider nicht. Erfahren habe ich das durch ein Schreiben vom Finanzamt. Darin wurde mitgeteilt, dass kürzlich verbeamtete Person nicht mehr zum »berechtigten Personenkreis« gehört und daher die Altersvorsorgebeiträge nicht mehr steuerlich abgesetzt werden können.

Nach einigen Telefonaten und etwas Recherche konnte ich nun zusammensetzen, was da eigentlich so alles passiert.

Arbeitet man im öffentlichen Dienst als Angestellte bei seinem Arbeitgeber (AG), dann bekommt man sein Gehalt seine Bezüge nicht direkt von der jeweiligen Behörde oder Universität. Man bekommt sie entweder vom Landesamt für Besoldung und Versorgung (LBV) oder vom Bundesverwaltungsamt (BVA), je nach dem, ob man für das Land oder den Bund arbeitet. Der Arbeitgeber meldet also an das BVA das Arbeitsverhältnis und die zahlen dann die Bezüge aus.

Von diesen Bezügen wird aber direkt einiges einbehalten, Lohnsteuer, Sozialabgaben und Beiträge in die Renten- und Pflegeversicherung (RV und PV) werden direkt einbehalten und in die gesetzliche Rentenversicherung (GRV) eingezahlt. Das nennt sich Lohnsteuervorabzug.

Man selbst zahlt noch sein Geld in seine private Altersvorsorge (PAV) ein. Die jeweilige Versicherungsgesellschaft meldet dann die eingezahlten Beiträge Richtung Finanzamt, da kann ich sie schließlich im digitalen Belegabruf abrufen.

Somit sollten doch alle Informationen beim Finanzamt liegen, würde man annehmen. Das ist aber nicht der Fall. Relevant ist nämlich nicht das Bruttoeinkommen, sondern das rentenversicherungspflichtige Einkommen. Und das weiß aus irgendwelchen Gründen nicht direkt das Finanzamt.

Es gibt nämlich noch eine Behörde, von der ich noch nie gehört habe: Die Zentrale Zulagenstelle für Altersvermögen (ZfA). Die sitzt da irgendwo und bekommt normalerweise über die Rentenversicherung gemeldet, wie viel rentenversicherungspflichtiges Einkommen die Leute so haben.

Nun kommt die Verbeamtung ins Spiel. Beamte bekommen ja keine Rente, sie bekommen eine Pension. Sie zahlen auch keine Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge, sie müssen eine private Kranken- und Pflegeversicherung abschließen. Der Arbeitgeber bezahlt nicht die Hälfte von der Versicherung, er bezahlt über die Beihilfe die Hälfte aller Arztrechnungen.

Somit wird auch nichts an die GRV übermittelt, die wiederrum nichts an die ZfA übermitteln kann. Das Finanzamt kann dann von der ZfA keine Daten abrufen und hat somit keine Berechnungsgrundlage für die Riester-Förderung. Dann wird man nicht mehr gefördert und schon lohnt sich die Riester-Rente nicht.

Aber warum übermittelt das BVA das nicht einfach an die ZfA? Man glaubt es nicht: wegen Datenschutz!

Um noch einmal den Bogen etwas weiter zu schlagen: Wir haben in Deutschland ein kaputtes Rentensystem; aufgrund des demografischen Wandels ist das schlicht nicht stabil zu betreiben. Daher werden jedes Jahr 100.000.000.000 EUR Steuergeld reingekippt. Weil das aber noch immer nicht reicht, müsste man aufgrund der Demografie den Generationenvertrag schlicht kündigen. Das traut man sich in der Politik aber auch nicht. Somit kommt man dann mit privater Zusatzvorsorge, damit man am Ende nicht so schlecht dasteht. Dann haben wir mit dem Beamtentum und den privaten Krankenversicherungen eine komplette Parallelwelt, die nicht in die gesetzliche Rente einzahlt. Damit fehlen dem System auch wieder Gelder. Und wenn nun Beamte eine private Zusatzversorgung haben, dann werden da aus Datenschutzgründen die Daten nicht übertragen.

Datenschutz kann mich mal. Für mich als Verbraucher funktioniert das eh nicht. Egal, wo ich bin, muss ich diverse Einwilligungen bezüglich Datenschutz unterschreiben, damit da irgendwas gemacht werden kann. Wenn ich online bin, dann muss ich dank EU-Richtlinie die ganzen Cookies explizit akzeptieren. Ablehnen kann ich die wirklich interessanten Cookies eh nicht, weil die ja ein berechtigtes Interesse haben. Datenschutz verhindert aber jetzt hier, dass da einfach etwas glatt im Hintergrund laufen kann. Warum sollte man etwas dagegen haben, dass die ZfA das Einkommen sehen kann, wenn das Finanzamt das doch eh alles sehen kann?

Genug ausgekotzt. Wie geht es jetzt weiter? Ganz einfach: Man schickt eine Einwilligungserklärung zur Übermittlung und Verwendung von Daten für Zwecke der steuerlichen Förderung der privaten Altersvorsorge nach § 10a(1) und (1a) EStG an das BVA und erlaubt ihnen somit die Datenübertragung an die ZfA.

Der Paragraph ist auch ziemlich interessant. Schaut man einmal in EStG § 10a rein, findet man diesen Textblock (Hervorhebung von mir):

In der inländischen gesetzlichen Rentenversicherung Pflichtversicherte können Altersvorsorgebeiträge (§ 82) zuzüglich der dafür nach Abschnitt XI zustehenden Zulage jährlich bis zu 2 100 Euro als Sonderausgaben abziehen; das Gleiche gilt für

1. Empfänger von inländischer Besoldung nach dem Bundesbesoldungsgesetz oder einem Landesbesoldungsgesetz, 2. Empfänger von Amtsbezügen aus einem inländischen Amtsverhältnis, deren Versorgungsrecht die entsprechende Anwendung des § 69e Absatz 3 und 4 des Beamtenversorgungsgesetzes vorsieht, 3. die nach § 5 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch versicherungsfrei Beschäftigten, die nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 oder nach § 230 Absatz 2 Satz 2 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch von der Versicherungspflicht befreiten Beschäftigten, deren Versorgungsrecht die entsprechende Anwendung des § 69e Absatz 3 und 4 des Beamtenversorgungsgesetzes vorsieht, 4. Beamte, Richter, Berufssoldaten und Soldaten auf Zeit, die ohne Besoldung beurlaubt sind, für die Zeit einer Beschäftigung, wenn während der Beurlaubung die Gewährleistung einer Versorgungsanwartschaft unter den Voraussetzungen des § 5 Absatz 1 Satz 1 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch auf diese Beschäftigung erstreckt wird, und 5. Steuerpflichtige im Sinne der Nummern 1 bis 4, die beurlaubt sind und deshalb keine Besoldung, Amtsbezüge oder Entgelt erhalten, sofern sie eine Anrechnung von Kindererziehungszeiten nach § 56 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch in Anspruch nehmen könnten, wenn die Versicherungsfreiheit in der inländischen gesetzlichen Rentenversicherung nicht bestehen würde,

wenn sie spätestens bis zum Ablauf des Beitragsjahres (§ 88) gegenüber der zuständigen Stelle (§ 81a) schriftlich eingewilligt haben, dass diese der zentralen Stelle (§ 81) jährlich mitteilt, dass der Steuerpflichtige zum begünstigten Personenkreis gehört, dass die zuständige Stelle der zentralen Stelle die für die Ermittlung des Mindesteigenbeitrags (§ 86) und die Gewährung der Kinderzulage (§ 85) erforderlichen Daten übermittelt und die zentrale Stelle diese Daten für das Zulageverfahren verarbeiten darf. Bei der Erteilung der Einwilligung ist der Steuerpflichtige darauf hinzuweisen, dass er die Einwilligung vor Beginn des Kalenderjahres, für das sie erstmals nicht mehr gelten soll, gegenüber der zuständigen Stelle widerrufen kann. Versicherungspflichtige nach dem Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte stehen Pflichtversicherten gleich; dies gilt auch für Personen, die

1. eine Anrechnungszeit nach § 58 Absatz 1 Nummer 3 oder Nummer 6 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch in der gesetzlichen Rentenversicherung erhalten und 2. unmittelbar vor einer Anrechnungszeit nach § 58 Absatz 1 Nummer 3 oder Nummer 6 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch einer der im ersten Halbsatz, in Satz 1 oder in Satz 4 genannten begünstigten Personengruppen angehörten.

Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend für Steuerpflichtige, die nicht zum begünstigten Personenkreis nach Satz 1 oder 3 gehören und eine Rente wegen voller Erwerbsminderung oder Erwerbsunfähigkeit oder eine Versorgung wegen Dienstunfähigkeit aus einem der in Satz 1 oder 3 genannten Alterssicherungssysteme beziehen, wenn unmittelbar vor dem Bezug der entsprechenden Leistungen der Leistungsbezieher einer der in Satz 1 oder 3 genannten begünstigten Personengruppen angehörte; dies gilt nicht, wenn der Steuerpflichtige das 67. Lebensjahr vollendet hat. 5Bei der Ermittlung der dem Steuerpflichtigen zustehenden Zulage nach Satz 1 bleibt die Erhöhung der Grundzulage nach § 84 Satz 2 außer Betracht.

Ist doch alles klar, oder kannte etwa jemand diesen Paragraphen im Einkommensteuergesetz noch nicht? Es erinnert mich ziemlich an die Vogonen. Die wollten ja die Erde sprengen um eine intergalaktische Umgehungsstraße zu bauen und verwiesen auf die seit vielen Jahren auf Alpha Centauri ausliegenden Pläne. Die Menschen hätten ja mal am Planfeststellungsverfahren teilnehmen können.

Man muss also die entsprechende Einwilligung an das BVA oder LBV schicken und dann noch den Riester-Anbieter über den Beamtenstatus informieren. Laut Auskunft vom ZfA könnte es vielleicht noch rückwirkend gehen. Mal schauen.

Wenn man das einmal verstanden hat, ist es ganz einfach, wie man an diesem übersichtlichen Schaubild erkennen kann:

Gut, vielleicht könnten wir ja auch einfach eine staatliche Rente für alle einrichten. Also auch für alle Beamten und Selbstständigen. Und dann zahlt da wirklich jeder ein. Und jeder bekommt dann daraus eine vernünftige Rente. Mir erscheint das einfacher. Aber ich bin wohl einfach zu schlicht und pragmatisch um die Schönheit dieser Komplexität zu würdigen.