Blick in den Abgrund beim Tagebau Hambach

Anfang November bin ich mit dem Fahrrad einmal um den Tagebau Hambach gefahren. Das ist schon beeindruckend, aber nicht auf eine gute Art.

Auf der Strecke von Düren nach Jülich sieht man schon diesen großen Abraumberg, die Sophienhöhe. Das ist nicht natürlich, das ist alles nur das aufgetürmt, was die mit den Baggern aus der Erde geholt haben.

Man kann auch schon den einen Absetzer da oben sehen. Die Dimension ist wirklich beeindruckend.

Auf der nördlichen Seite gibt es einen Aussichtspunkt, da bn ich einmal rauf.

Der ist aber nicht so wirklich spannend gewesen, weil die Sichtachse schon zugewachsen ist.

Man konnte immerhin eines der großen Geräte sehen.

Hier sieht man die langen Fließbänder.

Und in die Richtung eigentlich nicht so wirklich etwas.

Interessant wird es beim zweiten Aussichtspunkt. Da schaut man dann ein ein gewaltiges Loch rein.

Man kann da hinten ein paar der Maschinen sehen. Man hat ja auf den Bildern eben gesehen, wie riesig die Teile sind. Und somit ist das Loch einfach riesig.

Der Blick nach rechts.

Im Weitwinkel wirklich ziemlich verstörend. Man sieht da aber die paar Infotafeln.

Und die haben es in sich. Zum Beispiel die erste hier:

Auf dem Schild steht:

Rekultivierung auf gutem Grund.

Am Nordrand des Tagebaus Hambach erhebt sich 200 Meter hoch die Sophienhöhe. Weithin sichtbar überragt sie die flach Bordenlandschaft. Außerhalb des Abbaufeldes gelegen, birgt sie einen Teil des Erdaushubs vom Aufschluss des Tagebaus. Ihre ältesten Teile wurden bereits 1978 angelegt und aufgeforstet. Längst sind sie und die angenzende [sic] jüngere Rekultivierung auf ehemaligem Tagebaugelände ein beliebtes Ausflugsziel geworden, in dem auch der Natur- und Artenschutz zu sei nem Recht kommt.

Wer Erholung und Naturerlebnisse sucht, ist auf der Sophienhöhe willkommen. Mehr als 100 Kilometer Wanderwege erschließen sie. Auf der Hochfläche haben die Förster Wildgehege und Aussichtspunkte, wie den markanten „Römerturm", angelegt. Die Rekultivierung des Tagebaus Hambach ist eine der größten zusamenhängenden [sic] und noch dazu autofreien Grünzonen zwischen Köln und Aachen. Weil das Gebiet so weitläufig ist, sollten besucher [sic] für ausgedehnte Erkundungen eine Wanderkarte mitnehmen.

Hach, ist das nicht schön! Die rekultivierte Fläche ist ein besseres Naherholungsgebiet als die natürlichen, schließlich gibt es da keinen Autoverkehr. Da kann man mal ganz die künstlich hergestellte »unberührte Natur« anschauen.

Irgendwie auch geil, dass im Text drei Rechtschreibfehler sind. Man könnte ja meinen, dass RWE genug Geld für ein Lektorat haben sollte, bevor man das auf so Schilder druckt.

Das nächste Schild:

Was ändert sich?

Im Juli 2020 haben Bundestag und Bundesrat das Kohleausstiegsgesetz verabschiedet, das auf den Empfehlungen der Kommission für Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung beruht. Die Leitentscheidung setzt die hieraus resultierenden Vorgaben für die Braunkohlenplanung des Landes um und bestätigt auf Basis einer Metastudie die energiewirtschaftliche Erforderlichkeit für das gesamte Abbaufeld Garzweiler. Der Tagebau Garzweiler kann bis zum Auslaufen der Kohleverstromung die Versorgung der verbleibenden Kraftwerke und Veredlungsbetriebe leisten. Damit haben auch die Beschäftigten von RWE Power und ihrer Auftragnehmer im Rheinischen Revier planbare Perspektive.

RWE hat bereits Ende 2020 den ersten Kraftwerksblock außer Betrieb genommen. In 2021 folgen drei weitere Blöcke mit zusammen 900 Megawatt, im Jahr 2022 weitere Anlagen mit insgesamt rund 1.600 Megawatt. Ebenso endet 2022 die Brikettierung im Rheinland. In den Folgejahren folgen weitere Stilllegungen.

Wenn wir die Kohle aus Garzweiler nicht verfeuern würden, dann würden die Lichter ausgehen. Nur stehen wir hier vor dem Tagebau Hambach. Aber generell muss man einfach nur an die Arbeitsplätze denken. Man stelle sich nur vor, RWE müsste die ganzen Leute entlasten, das könnte der Staat gar nicht auffangen. Daher sollen wir lieber ganz viel Geld an RWE geben, die halten die Leute beschäftigt.

Und welcher Bedarf eigentlich? Der von Kohlekraftwerken. RWE ist wirklich selbstlos, die bauen die Kohle nur ab, damit die armen Kraftwerke weiterbetrieben werden können. Ach, die Kraftwerke sind auch von der RWE?

Ach, und welche »planbare Perspektive« haben wir eigentlich bezüglich des Klimawandels? Dass der planbar kommt?

Das letzte Schild ist aber mein Favorit:

Die neue RWE

Klimaneutral bis 2040, eines der global führenden Unternehmen bei Erneuerbaren Energien, verantwortungsvoller Stromerzeuger aus allen Energiequellen – hinter dieser Kurzformel verbirgt sich die neue RWE. Für seine strategische Neuausrichtung hat sich das Unternehmen ambitionierte Ziele gesetzt: RWE wird bis 2040 klimaneutral sein, indem es konsequent und verantwortungsvoll aus den fossilen Energieträgern aussteigt. Und weil es als einer der weltweit führenden Anbieter im Bereich Erneuerbarer Energien massiv in Wind- und Sonnenenergie ebenso wie in Speichertechnologien oder in den Aufbau einer grünen Wasserstoffwirtschaft investieren wird.

Das mit der dreckigen Kohle, das war die alte RWE. Die neue RWE macht das nicht mehr. Also irgendwie doch. Aber verantwortungsvoll! RWE setzt auch die gesetzliche Verpflichtung um, das ist nicht selbstverständlich. Dafür darf man sich schon loben lassen!

Gut, dass sie auch in erneuerbare Energien investieren ist ja wirklich schön. Und die scheinen damit auch richtig Gewinn zu machen. Immerhin etwas, das ganz gut läuft. Nur dass wir Steuerzahler dann noch Subventionen und Entschädigungen wegen dem Ende der Kohleverstromung zahlen, finde ich dann nicht gerechtfertigt.

Das Loch soll ja irgendwann mit Rheinwasser gefüllt werden und ein ganz toller Badesee werden. Das Problem ist allerdings, dass der Rhein gar nicht genug Wasser hat, um das zeitnah zu füllen. Schaut man in Nachrichtenartikel, findet man von RWE einen Zeitrahmen von 40 Jahren nach Förderende 2029, also 2069. Weil der Klimawandel aber den Rhein austrocknen wird, müsste man wohl eher 80 Jahre planen. Also dann das Jahr 2109. Gefiltert sollte das Wasser auch werden, aber das kostet natürlich noch Geld.

Also insgesamt wirkt das schon nach etwas, was uns in vielen Dimensionen noch begleiten wird. Und nicht auf die gute Art.