Was soll ich auf LinkedIn?

Ich bin jetzt seit drei Jahren auf LinkedIn und verstehe nicht so richtig den Nutzen, den ich davon haben soll.

Als ich vor drei Jahren gegen Ende der Promotion einen Job suchte, habe ich mir ein Profil auf LinkedIn angelegt. Ich hoffte von Recruitern für relevante Stellen gefunden zu werden oder selbst über die Stellenangebote etwas zu finden. Der Teil hat auch ganz gut geklappt, auch wenn die meisten Anzeigen parallel auch auf reinen Jobbörsen wie Indeed ausgeschrieben werden. Es ist also redundant und man muss nicht unbedingt da sein.

Nachdem ich einen Job gefunden hatte, habe ich das Profil behalten. Es ist ja schon etwas Arbeit es einzurichten und vielleicht kann ich es in Zukunft noch gebrauchen. So habe ich das einfach laufen lassen.

Mit der Zeit bekam ich diverse Kontaktanfragen von Leuten, mit denen ich studiert hatte, Leute von der aktuellen Arbeit oder auch Bekannte aus der Schulzeit. Meist waren diese Anfragen ohne eine Nachricht. Das kann daran liegen, dass man in der kostenlosen Variante keine Nachricht schreiben hinzufügen kann. Vielleicht waren die Leute auch einfach zu faul.

Auch wenn ich da nun einige Hundert Leute in meinem Netzwerk hatte, so hat mich fast niemand dort angeschrieben. Meine Kolleg*innen auf der Arbeit kontaktieren mich einfach über die Kanäle auf der Arbeit. Private Kontakte kontaktieren mich über ide privaten Kanäle. Das einzig interessante wäre der Kontakt zu Leuten, mit denen mal gearbeitet hat, aber dann irgendwann nicht mehr. Man hat vorher keine privaten Kontaktdetails ausgetauscht, nachher ist es dann zu spät. Davon habe ich bisher aber auch nicht wirklich Gebrauch gemacht.

Dann gibt es Kontaktanfragen von Leuten, die ich nicht kenne. Da waren dann schon ein paar relevante Dinge dabei. So schreiben mich manchmal Leute an, weil sie mehr über meinen aktuellen Arbeitgeber erfahren wollen. Manche haben auch Physik studiert und sind interessiert am Übergang in die freie Wirtschaft. Einer hat mich auch einmal kontaktiert, weil er an der gleichen Hochzeitslocation interessiert war. Das war auch ein nettes Gespräch.

Der Großteil der Kontaktanfragen geht aber ohne einen anschließenden Nachrichtenaustausch einher. Die Leute wollen sich »vernetzen« und freuen sich auf einen »Austausch«. Ich frage mich allerdings worin der bestehen soll. Man ist ein »Kontakt«. Und jetzt?

Hat man sich mit Leuten verbunden, so sieht man deren Inhalte in seinem Feed. Das funktioniert wie in jedem anderen sozialen Netzwerk. Jedoch hat LinkedIn den Fokus auf die Arbeitswelt. Bei allen Beiträgen taucht man dort mit Profilbild, Namen, Jobtitel und Arbeitgeber auf. Gelesen werden die Beiträge von Leuten, die hauptsächlich aktuelle und ehemalige Kolleg*innen sind. Welche Art Inhalte teilt man da jetzt sinnvoll?

Auf Mastodon (und früher Twitter) teile ich Dinge aus meinem Privatleben. Meine Blogartikel werden dort angekündigt, ich teile manchmal bekloppte Dinge, die mir eben so passieren. Ich diskutiere mit Leuten. Alles das passiert bewusst außerhalb der Arbeitswelt.

Ich schreibe auch nicht über meinen Arbeitgeber oder habe ihn in diesem Blog referenziert. Das liegt nicht daran, dass ich irgendwie unzufrieden wäre. Es ist einfach eine bewusste Trennung in mein Privat-Persona und mein Arbeits-Persona. Manche Leute, meist aus den USA, beginnen ihr Profil stolz mit »Arbeite bei Firma mit Strahlkraft« nur um dann noch den Hinweis »alle hier präsentierten Meinungen sind meine eigenen« zu haben. Ich mache mir das lieber einfacher, ich nenne meinen Arbeitgeber hier nicht.

Ich bin auch schlicht nicht sprechfähig für meinen Arbeitgeber. Die haben eine Marketingabteilung, die sich um Pressemitteilungen kümmern. Auch erstellen sie Beiträge für LinkedIn und andere Plattformen. Es ist ihr Job dies zu tun. Und sie haben die Ressourcen in der Firma diese Inhalte abzustimmen und bestimmte Ziele mit einer Kampagne zu verfolgen.

Wenn ich nun irgendwas auf LinkedIn als Beitrag teile, ist es eine Privatmeinung, die man aber auch mit meinem Arbeitgeber assoziieren wird. Ich müsste also sehr vorsichtig sein, was ich da schreibe. Was ist, wenn ich irgendeine Firma doof finde und etwas entsprechendes schreibe, mein Arbeitgeber diese Firma aber gerade als Kunde gewinnen möchte? Oder ich mir nicht exakt sicher bin, was die Marketingstrategie meines Arbeitgebers ist und ich etwas gegensätzliches schreibe? Mir ist das alles zu gefährlich.

Schaue ich mir die Beiträge meiner Kontakte an, so finde ich die wenig relevant. Da ist einer, der inzwischen bei einem Autohersteller arbeitet. Der teilt immer wieder Bilder von Autos des Konzerns in privaten Alltagssituationen. Er stellt dabei heraus, wie praktisch die Autos doch sind. Für mich ist das verkappte Werbung. Andere teilen irgendwelche Marketingbeiträge ihres Unternehmens und wirken als wären sie da etwas unfreiwillig eingespannt.

Relevant könnten die Informationen sein, die man über die dortigen Kanäle von Unternehmen erhält. Da kann ich dann diversen Unternehmen folgen und erfahren was sie gerade so tun. Das ist bestimmt interessant, wenn man mehr Kontakt zu anderen Firmen hat. Arbeitet man im Vertrieb oder Einkauf, so kann ich mir eine Nützlichkeit vorstellen. Aber ich in der Forschungs- und entwicklungsabteilung sehe da nicht so den Nutzen für mich.

Immer wieder werde ich auch von Recruiter*innen direkt angeschrieben. Die Jobangebote sind aber meist unter dem, was ich aktuell habe. Man wirbt da mit einer »Homeoffice-Option« mit bis zu drei Tagen. Oder mit einer kurzen Kernarbeitszeit von 9 bis 15 Uhr. Das ist ja ganz nett, aber ich habe aktuell bis zu fünf Tage von zuhause ohne Kernarbeitszeit. Zum Team-Meeting sollte ich mich halt einwählen, aber das war es dann auch schon. Auch Angebote wie ein Dienstwagen lassen mich kalt, schrecken mich eher ab. Inhaltlich sind diese Stellen meist auch nicht sonderlich interessant.

Und somit sehe ich aktuell keinen Nutzen für mich auf LinkedIn. Ich sehe keinen Mehrwert in den geteilten Inhalten, in einer Kontaktliste ohne tatsächlichen Kontakt oder Kontaktaufnahmen von Recruiter*innen mit unpassenden Stellen. Von daher habe ich mein Profil jetzt erstmal deaktiviert.