Ich sehe nur das abstrakte Spiel

Wenn ich Brett- oder Kartenspiele spiele, nehme ich nur das abstrakte Spiel wahr, die Wörter und Geschichte ignoriere ich meist. An einem Beispiel zeige ich, was ich meine.

Wir haben Quirky Quarks1 gespielt, ein Kartenspiel was einen Einblick in die Teilchen- und Hadronenphysik geben soll. Da ich das ja studiert habe, bin ich da immer ziemlich kritisch bei.

Man zieht im Spiel Karten mit Elementarteilchen, aus denen man dann größere Teilchen zusammensetzen kann. So hat man hier zum Beispiel ein einzelnes Gluon und ein einzelnes Up-Quark:

Das finde ich schon ziemlich gruselig. Das Spiel kommt vom LHC am CERN, also dem großen Collider. Und bei den hohen Energien sind diese Teilchen schon asymptotisch frei. Allerdings kann man dann keine zusammengesetzten Teilchen bauen. Man kann diese Art Teilchen nicht isolieren, weil sie immer stark wechselwirken und diese nur asymptotisch frei sind. Es ergibt physikalisch wenig Sinn diese Teilchen frei zu haben.

Aus diesen Bausteinen baut man sich dann Hadronen zusammen. Hier zum Beispiel Neutronen und Protonen. Es ist schon korrekt, dass die aus Up- und Down-Quarks zusammengesetzt sind. Die werden auch durch Gluonen zusammengehalten. Allerdings sind die drei Up- und Down-Quarks die Valenzquarks. Es gibt allerdings beständig Quantenfluktuationen im Hintergrund, die das Vakuum füllen. Dass man hier im Spiel nur die Valenzquarks angibt, ergibt Sinn. Keinen Sinn ergibt allerdings, dass man dann exakt ein Gluon braucht. Das ist ein Austauschteilchen und kein Valenzteilchen.

Für das Helium-3 braucht man dann zwei Protonen, ein Neutron, zwei Elektronen, ein Gluon und ein Photon.

Die Protonen, Neutronen und Elektronen sind soweit total in Ordnung. Allerdings ist es falsch, dass man hier exakt ein Gluon braucht. Oder exakt ein Photon. Denn schon im Proton selbst hat man eine elektrische Ladung zwischen den Quarks. Da bräuchte es demnach auch schon Photonen. Zusätzlich wechselwirken die Protonen und Neutronen nicht direkt über Gluonen, weil die Hadronen farbneutral sind. Vielmehr wechselwirken sie über die residuelle Quantenchromodynamik und über Pionen als Austauschteilchen.

Ich erkenne ja sofort an, dass das für ein Spiel etwas komplex ist. Man möchte den Leuten Physik näher bringen, nicht etwas auf Hadronenphysik-Forschungslevel machen. Aber ich schaue da drauf und sehe die ganzen Ungereimtheiten und es fängt an mich zu nerven.

Besonders interessant sind noch die weiteren Teilchen, von denen ich bisher nicht gehört hatte:

Das sieht aus wie ein Glueball. Vielleicht gibt es die auch nur bei hohen Energien, dann würde das erklären, warum ich noch nie davon gehört habe.

Und zuletzt noch den Wigner Kristall, der sieht wirklich ganz cool aus:

Da braucht es dann aber wohl deutlich mehr Elektronen, wenn es eine Gitterstruktur sein soll.

Ich habe also ein paar Minuten auf das Spiel geschaut und es ernst genommen. Dann habe ich festgestellt, dass es letztlich einfach nur »Lore« und »Fluff« ist. Wissen über Physik hilft hier bei dem Spiel nicht. Es ist einfach nur ein Abhängigkeitsgraph:

Man hat die Ressourcen g, ɣ, u, d, e. Daraus baut man dann weitere Dinge:

  • n = u + 2 d + g
  • p = 2 u + d + g
  • 3He = 2 p + n + g + 2 e + ɣ
  • WC = 3 e
  • G = 2 g
  • SG = 3 g

Jedes dieser Dinge gibt unterschiedliche Anzahl Punkte. Man hat dann ein Optimierungsproblem dass man möglichst viele Ressourcen sammelt um möglichst hochwertige weitere Dinge zu bauen.

Es ist also letztlich genau das gleiche, wie bei vielen anderen Spielen. Und man könnte die Namen und die Bilder weglassen und nur diesen Abhängigkeitsgraphen haben. Für mich sind solche Spiele quasi wie Star Wars Schach: Es ist einfach nur Schach, aber die Figuren sehen aus wie Star Wars. Es ändert am eigentlich Spiel nichts, aber manche Leute finden es hübsch.


  1. Ramsey, J. Quirky Quarks. (2023).