Der Machtkampf der Kreditkartenfirmen auf Kosten der Kleinen

Die Kreditkartenunternehmen Visa und Mastercard führen einen Machtkampf, den anscheinend die meisten Kunden und viele Händler nicht verstehen. Und sie werden wahrscheinlich auch deshalb gewinnen.

Es gibt diverse Systeme, mit denen man »mit Karte« bezahlen kann. So gibt es international die Kreditkarten von Visa, Mastercard, American Express, Diner's Club und in anderen Kontinenten noch andere. Die Karten sind in der Regel für Firmen relativ teuer. Dafür ist allerdings auch viel Service enthalten, sei das Betrugsabsicherung für die Nutzer der Karten oder die Möglichkeit Dinge auf Kredit zu kaufen.

Wegen der hohen Kosten bezahlt man aber in Deutschland nicht alles mit US-amerikanischen Kreditkarten. Wir haben hier unser eigenes System, die Girocard. Die hieß früher EC-Karte und der Name wird noch häufig genutzt, auch wenn er nicht mehr ganz stimmt. Die Girocard funktioniert nur in Deutschland, hat aber auch sehr geringe Gebühren für die Händler. An sich ein schönes System, allerdings eine Insel und funktioniert auch nicht im Internet.

Wenn man jetzt im Ausland ist, dann braucht man eigentlich eine Kreditkarte. Um das etwas einfacher zu machen, haben die Banken in der Regel ein »Co-Branding« mit einem der Kreditkartenunternehmen, sodass im Ausland dann die Girocard auf das Buchungssystem von Visa oder Mastercard umschaltet, die dann V-Pay bzw. Mastro heißen. Die deutschen Banken haben dann Verträge mit den Kreditkartenunternehmen, dass sie günstig deren Systeme mitnutzen dürfen.

Somit haben deutsche Kunden nur eine Girocard, die funktioniert wunderbar günstig in Deutschland und auch ziemlich gut im europäischen Ausland.

Weil die meisten Kunden mit Girocard bezahlen, haben die meisten Händler nur »Point of Sale Terminals« (POS-Terminals) für Girocard. Die werden von Banken oder Dienstleistern ausgegeben. Die haben dann ein ganz individuelles Gebührenmodell für Gerätemiete und Kosten pro Zahlung. Daher haben manche Geschäfte Regeln wie »Karte erst ab 10 EUR«, andere ab dem ersten Cent. Kreditkarten sind meist ziemlich teuer. Man kann aber auch Zahlungsdienstleister finden, die auch Kreditkarten günstiger abwickeln. Die Girocard bleibt aber unschlagbar günstig.

Nun haben aber die Kreditkartenunternehmen auch noch die Debitkarte im Angebot. Das ist eine Kreditkarte ohne Kredit, die wird also direkt abgebucht. Das ganze geht aber über deren Systeme und ist somit dann auch wie eine echte Kreditkarte online nutzbar. An sich ist das schon cool. Natürlich wollen die Unternehmen dafür mehr Geld haben.

An sich ist es hier für Kunden relativ einfach: Alle Händler nehmen Girocard, aber nicht alle nehmen Kredit- oder Debitkarten. Als Kunde würde ich also die Girocard behalten, als Händler nur Girocard akzeptieren.

Nun haben aber die Kreditkartenunternehmen einen langen Hebel, das Co-Branding. Mastercard wird das Maestro nicht mehr verlängern. Visa bietet das V-Pay noch an, es fühlt sich aber auch angezählt an. Die Unternehmen haben das Ziel, dass möglichst viele Zahlungen mit ihren Kredit- oder Debitkarten abgewickelt werden.

Diesen Hebel haben sie nun eingesetzt und gewissen Banken wohl ein so gutes Angebot für Debitkarten gemacht, dass sie das nicht ablehnen konnten. Bei der DKB zum Beispiel bekommt man inzwischen nur eine Visa-Debit für das Konto. Die Girocard kostet extra, die Visa-Credit kostet auch extra. Somit haben die Leute einfach nur noch die Visa-Debit.

Weil die meisten Leute besseres zu tun haben als über Zahlungssysteme abzunerden, halten sie diese Karte für eine »EC-Karte«. Mit ihr kann man bezahlen wie mit einer Girocard, die Umsätze werden direkt vom Konto abgebucht wie bei einer Girocard. Somit ist es praktisch von einer Girocard nicht zu unterscheiden.

Allerdings stehen die Leute dann zum Beispiel beim Bäcker und müssen feststellen, dass am POS-Terminal ihre Debitkarte nicht akzeptiert wird. Die Verkäuferin wies darauf hin, dass sie keine Kreditkarten akzeptieren. Die Kundin hilt ihre Debitkarte aber nicht für eine Kreditkarte und war verwundert, dass sie nicht damit zahlen konnte. Es endete mit der resignierten Aussage »die Banken geben ja nichts anderes mehr aus« und einer Zahlung mit Bargeld.

Diese Art von Situation wird sich aktuell wohl ständig abspielen. Und bei einer kleinen Bäckerei und Privatkunden wird sich auf beiden Seiten der Frust aufbauen:

  • Warum kann ich in der Bäckerei nicht einfach mit der Karte bezahlen, die die Bank mir gibt? Es ist ja keine Kreditkarte, sondern meine normale EC-Karte!
  • Warum wollen hier so viele Kunden plötzlich mit Kreditkarte bezahlen, die haben doch sonst immer mit der EC-Karte bezahlt? Ich sehe nicht ein, dass ich die hohen Gebühren für Kreditkartenzahlung abtreten soll!

Somit werden die Kunden womöglich zu anderen Geschäften gehen, die schon nachgegeben haben und die höheren Gebühren in Kauf nehmen. Sie halten Händler ohne Debitkartenakzeptanz für rückständig, schließlich sehen sie ja nicht die höheren Gebühren, die dafür fällig werden.

Die Händler sehen nicht ein, dass sie für die Zahlungsabwicklung jetzt mehr von ihrer Marge abgeben sollen. Sie können aber die Kunden nicht alle bitten sich von ihrer Bank doch eine Girocard geben zu lassen oder die Bank zu wechseln. Daher müssen sie mitziehen.

Visa spielt hier also das Unwissen der Kund*innen gegen das partielle Unwissen der Händler*innen aus. Die Verkäufer*innen an den Theken wissen aber in der Regel auch nicht die Details und können nicht wirklich sinnvolle Aussagen treffen. Somit sind alle frustriert. Und am Ende werden die Händler*innen nachgeben, ihre POS-Terminals umstellen und Visa wird mehr Gewinn machen.

Es ist ein wirklich faszinierender Konflikt, der für die meisten wohl im Verborgenen abläuft. Und gerade dadurch wird Visa ihn wahrscheinlich gewinnen können.