Arbeit auf die Kundschaft abwälzen

Leute beschweren sich darüber, dass sie immer mehr Dinge als Kunden tun müssen, die früher Angestellte übernommen haben. Außer beim Autofahren, das will man sich merkwürdigerweise nicht abnehmen lassen.

Es fängt an mit Dingen die Online-Banking. Früher ist man in seine Filiale der Sparkasse gegangen, hat den Überweisungsträger abgegeben oder sogar am Schalter ausgeführt. Alle diese Dinge wurden von Mitarbeitern betreut. Nun macht man das alles online, in der Filiale kostet das alles zusätzliches Geld.

Auf irgendeine Art macht man jetzt den Job der Mitarbeiter am Schalter. Man muss sich selbst die Formulare raussuchen, selbst darüber nachdenken, was man tun möchte. Und man muss sich auch selbst um die Sicherheit kümmern. Das verschiebt Verantwortung auf den Kunden. Und daran kann man sich durchaus stören.

Dann muss man an der Tankstelle selbst tanken. Früher gab es dort noch den Tankwart. Dann wurde Personal zu teuer, das Konzept wurde abgeschafft. Man muss also selbst den Rüssel in den Tank halten. Zudem einige Tankstellen jetzt auch ganz ohne Personal auskommen, man muss dann mit Karte direkt an der Säule bezahlen. Noch mehr muss man selbst machen.

Pakete werden auch nicht immer bis ins Haus zugestellt. Wenn niemand öffnet, geht es nicht mehr an Nachbarn auf der Straße, es geht dann in die Packstation. Dort muss man es dann selbst abholen. Auch hier macht man die Aufgabe der "letzten Meile" selbst.

In einigen Supermärkten kann man an Selbstbedienungskassen selbst seine Waren scannen. Auch hier spart man Personal, macht Arbeit selbst. Noch früher im "Tante Emma Laden" wurde man ja noch komplett bedient.

Das letzte Beispiel sind die Bildschirme zum Bestellen bei McDonald's und Burger King. Dort wählt man auf einem Touch-Fernseher alles aus und bekommt eine Nummer. Die Leute an der Kasse händigen nur noch das Essen aus.

Alles das kann man anprangern und doof finden. Hier wird Arbeit vom Personal auf die Kunden verlagert.

Nun kann man bei der Mobilität das "Normal" definieren als die Variante mit Chauffeur, Taxi oder Zug. Man setzt sich rein und muss sich nicht kümmern. Das Personal steuert das Fahrzeug. Man selbst muss nicht fahren. Nun wollen allerdings viele Leute selbst fahren. Könnte man das nicht, würde einem "Freiheit genommen". Das kann ich verstehen.

Was mir allerdings schwerfällt ist diesen Widerspruch aufzulösen. Manchmal hat man durch diese Selbstbedienung auch Vorteile. Im Supermarkt muss ich die Dinge nicht nochmal aus dem Wagen nehmen, wenn ich den Handscanner nutze. Bei der Packstation kann ich die Uhrzeit selbst bestimmen, zu der ich abhole. Bei McDonald's muss man nicht warten, bis die Kasse frei ist. Es gibt genug Bildschirme, damit man in Ruhe sein Menü konfigurieren kann. Beim Auto kann ich ganz frei wählen, wohin ich fahre.

Beim Autofahren komme ich mir aber manchmal absurd vor. Man sitzt da starr auf dem Fahrersitz und muss das Lenkrad drehen und auf Gas-und Bremspedal drücken. In meinem Auto muss ich auch noch ständig schalten. Mit Freiheit hat das wenig zu tun, eher muss ich da dressiert das Auto im Fahrstreifen halten und den Abstand nach vorne. Wenn das bunte Licht leuchtet, muss ich etwas tun. Ich arbeite ein langweiliges Programm ab. Kinder, die voller Fantasie ihr Spielzeuglenkrad drehen, scheinen mehr Spaß zu haben.

Ich finde Bahnfahren viel angenehmer. Da setze ich mich rein, kann Lesen und wenn meine Station aufgerufen wird, steige ich auf. Ich muss nicht für ganze Zeit lenken, beschleunigen, bremsen und Idioten beleidigen. Das übernehmen andere für mich. Busfahren finde ich anstrengender, weil ich dabei nicht gut lesen kann. Aber da muss nicht ich mich durch den Verkehr schlängeln, das macht jemand anderes für mich.

Und während ich im Bus saß, fragte ich mich, warum Leute sich freiwillig mit ihrem eigenen Auto zur Hauptverkehrszeit in den Stau stellen, wenn man auch gefahren werden möchte. Auf dem Land, nachts oder zu sonstigen Randzeiten mit weniger Verkehr verstehe ich das. Aber nicht dort, wo fahren so nervig ist.