Luftfeuchtigkeit, Taupunkt und Schimmel

Regelmäßiges Lüften von Wohnräumen ist wichtig um Schimmel zu verhindern. In diesem Beitrag zeige ich einmal die Physik dahinter, die sich mit Luftfeuchte und Taupunkt beschäftigt.

Wir Menschen erzeugen konstant Feuchtigkeit. Wir machen das unmittelbar durch Atmen und Schwitzen. Aber auch indirekt durch Kochen und Duschen. Überall wo wir mit Wasser arbeiten, verdunstet etwas. Die Handtücher in Band und Küche geben das Wasser an die Luft ab. Aber wo geht es dann hin?

Luft hat eine bestimmte Kapazität Wasserdampf aufzunehmen. Diese hängt stark von der Temperatur ab. Je wärmer es ist, desto mehr Wasser kann aufgenommen werden.

Das bedeutet anders herum: Wenn Luft abkühlt, kann sie irgendwann den enthaltenen Wasserdampf nicht mehr halten, dieser kondensiert. Diese kritische Temperatur nennt man Taupunkt. Dieser ist in Deutschland nicht so wirklich verbreitet, in den USA allerdings schon. Dabei finde ich den deutlich nützlicher als die relative Luftfeuchtigkeit.

Die drei Größen Temperatur ($T$), relative Luftfeuchtigkeit ($L$) und Taupunkt ($\tau$) hängen laut Online-Rechner wie folgt zusammen:

$$ \tau = k_3 \frac{\frac{k_2 T}{k_3 + T} + \log\left(\frac{L}{100}\right)}{\frac{k_2 k_3}{k_3 + T} - \log\left(\frac{L}{100}\right)} $$

Dabei sind im für Wohnräume relevanten Temperaturbereich über 0 °C die Konstanten $k_2 = 17.62$ und $k_3 = 243.12$ zu nehmen.

Wir können uns grafisch anschauen, wie sich der Taupunkt verändert, wenn wir bei gleicher Temperatur die Luftfeuchtigkeit erhöhen. Das ist der Fall, wenn wir bei fest eingestellten Heizungsthermostaten in der Wohnung Feuchtigkeit erzeugen. Dann wandern wir auf einer dieser Kurven nach links.

Man kann hier sehen, dass sich bei gleichbleibender Temperatur der Taupunkt erhöht, sobald die relative Luftfeuchte steigt. Das ergibt Sinn: Wenn die Luft feuchter wird, muss eine Oberfläche nicht mehr so kalt sein, bis an ihr Wasser kondensiert.

Wir können das Diagram auch anders herum aufbauen. Wir können einen festen Taupunkt nehmen, der letztlich ein Proxy-Maß für die absolute Luftfeuchtigkeit ist. Diese hängt nur von der Wassermenge in der Luft ab, aber nicht von der Temperatur. Damit haben wir den Fall, dass wir die Temperatur in der Wohnung verändern, ohne die Feuchtigkeit zu verändern.

Hier kann man sehen, dass bei einer Reduktion der Temperatur die relative Luftfeuchtigkeit steigt. Und wir sehen auch, dass einige Kurven bei 100 % in die Sättigung laufen. Dann kondensiert das Wasser.

Positivbeispiel mit Lüften

Gehen wir das mal anhand eines Beispiels durch. Vor dem Zubettgehen habe ich die Wohnung quergelüftet, unsere warme feuchte Luft also durch kalte trockene Luft ersetzt. Dann habe ich die Heizung auf die Nachttemperatur gestellt. Am nächsten Morgen zeigte es im Arbeitszimmer dann 17,1 °C und 56 % Luftfeuchte an:

Rechnet man das um, ist das ein Taupunkt von 8,2 °C. Ist das jetzt ein Problem? Kann man nicht pauschal sagen. Dazu müssen wir wissen, wie warm die Wand ist. Auch das kann man messen. Laut Infrarot-Thermometer ist die Wand 18,3 °C warm:

Das mag bei einer Raumtemperatur von 17,1 °C verwundern. Allerdings ist die Heizung mit 23,1 °C daneben auch wärmer und wird die Wand von innen wärmen:

Das ist einfach ein vernünftig gedämmtes Wohnhaus hier. Von daher kühlen über Nacht die Wände nicht aus. Laut Wetter-App sind es draußen 0 °C. Die Dämmung funktioniert.

Der Taupunkt der Luft im inneren ist 8,2 °C, die Wand hat allerdings eine Temperatur von 18,3 °C. Und somit besteht keinerlei Gefahr einer Kondensation. Unser Lüftverhalten verhindert Schimmel.

Nach dem Lüften zeigte mein Thermometer mitten im Raum dann 14,5 °C und 39 % an:

Rechnet man das um, erhält man einen Taupunkt von 0,7 °C. Wir haben also die absolute Luftfeuchtigkeit im Raum deutlich gesenkt.

Nachdem ich das Fenster geschlossen und die Heizung wieder aufgedreht habe und diesen Blogeintrag bis hierhin geschrieben habe, war es wieder bei 17,3 °C und 50 %. Das entspricht einem Taupunkt von 6,8 °C. Die Luftfeuchtigkeit steigt, aber ich atme ja auch hier. Das ist weiterhin deutlich unter der Temperatur der Wand, das passt also.

Der ☹️ auf dem Thermometer kommt nur daher, dass die Temperatur unter 20 °C ist. Das ist dann unabhängig von der Luftfeuchtigkeit.

Negativbeispiel ohne Lüften

Nehmen wir nun einen anderen Fall. Da haben wir eine Raumtemperatur von 23 °C und eine relative Luftfeuchtigkeit von 67 %. Da liegt der Taupunkt dann schon bei 16,5 °C.

Wenn man vor dem Zubettgehen nicht lüftet, dann bleibt die Feuchtigkeit in der Luft, sie kann ja nirgendwo hin. Nachts sinken allerdings die Temperaturen, die meisten Heizungssysteme reduzieren die Vorlauftemperatur. Draußen wird es ebenfalls kälter, das lässt die Wand von beiden Seiten abkühlen.

In einem schlecht gedämmten Gebäude halte ich es für realistisch, dass die Wände im Winter entsprechend unter 16,5 °C fallen. Und dann kondensiert dort das Wasser. Selbst wenn die Temperatur nur auf 17 °C fallen sollte, ist die relative Luftfeuchtigkeit dann sehr hoch, gute Bedingungen für Schimmelpilz.

Fazit

Da Luft beim Abkühlen an Feuchtigkeitskapazität einbüßt, ist es sehr wichtig vor dem Abkühlen noch einmal zu Lüften. Daher sollte man unbedingt vor dem Zubettgehen noch einmal die ganze Wohnung lüften. Ebenso wenn man tagsüber das Haus verlässt und die Heizung herunter dreht.