Strategischer Personalmangel und Folgenlose Zustimmung

Aktuell bin ich extrem frustriert bezüglich Verkehrswende. Zwei Verhaltensmuster sind mir aufgefallen, die in Kombination wirklich alles blockieren, ohne dass man sie direkt angreifen könnte.

Der Radentscheid wurde 2021 vom Stadtrat beschlossen, das ist jetzt drei Jahre her. Man sieht ein paar Maßnahmen in der Stadt, die allerdings wenig mit dem Radentscheid zu tun haben. Beispiel Umweltstreifen auf der Oxfordstraße, das stammt noch vom CDU-geführten Rad aus der vorherigen Legislaturperiode. Der Verkehrsversuch auf dem Herman-Wandersleb-Ring ist auch nicht vom Radentscheid ausgegangen, das war früher. Die Fahrradstreifen der Adenauerallee sind auch nur entstanden, weil bei einer Sanierung der Raum nach dem aktuellen Stand der Technik aufgeteilt werden muss, der Radentscheid hat hier nichts angestoßen.

Es passieren also schon Dinge, aber bei vielen Aspekten passiert nichts. Freihaltung von Geh- und Radwegen von behindert geparkten Autos? Da bin ich mit anderen seit Jahren im Kontakt mit dem Ordnungsamt, es passiert aber so gut wie nichts. Man kann fast überall im Stadtgebiet ungestraft sein Auto auf den Gehweg abstellen und Leute behindern.

Einer der Gründe, der ausgeführt wird, ist der Personalmangel. Gut, was will man da auch noch sagen? Das Ordnungsamt findet seit mindestens drei Jahren nicht genug Personal für eine Fahrradstaffel. Daher fahren die Leute entweder mit dem Auto herum oder gehen zu Fuß durch die Zonen mit Parkraumbewirtschaftung und kontrollieren, ob die Autofahrer einen Parkschein gelöst haben. Somit wird zwar kontrolliert, aber nicht an sicherheitsrelevanten Stellen.

Man würde ja auch nach Leuten suchen, heißt es. Schaut man sich die Stellenausschreibung an, findet man dort zum einen die Notwendigkeit für Schichtdienst:

Vorausgesetzt wird daher Flexibilität und die Bereitschaft, auch außerhalb der Kernarbeitszeiten im Schichtdienst, abends, an Feiertagen und Wochenenden zu arbeiten.

Als Bezahlung haben sie TVöD E 5. Schaut man einmal in die Tabelle oder die Rechnung, so findet man 1950 EUR/Monat netto. Ich weiß nicht, ob da noch Zulagen für den Schichtdienst dazukommen. Angesichts der absurden Mieten in Bonn weiß ich nicht, ob das so überzeugend ist. Schließlich muss man sich in dem Job bei jedem Wetter draußen aufhalten und dann auch noch von renitenten Menschen beschimpfen und bedrohen lassen. Ich kann mir vorstellen, dass andere Jobs in der Privatwirtschaft attraktiver sind.

Seitens der Stadt sieht man keine Möglichkeiten da noch irgendwas zu machen. Man versucht Leute zu finden, aber sie kommen schlicht nicht. Und somit kann die Stadt nichts machen. Vielleicht bin ich aus der Privatwirtschaft gewohnt, dass man als Firma alles machen kann, wenn man es nur will. Und somit habe ich inzwischen den Eindruck, dass man bei der Stadt Bonn eben nicht möchte. Ich nenne das strategischen Personalmangel, weil das vorhandene Personal für meiner Meinung nach fragwürdige Aufgaben eingesetzt wird und das Anwerben von neuem Personal nicht so richtig klappt.

Es ist schon sehr bequem. »Personalmangel« und »Fachkräftemangel« hört man ständig. Und natürlich ist die Stadtverwaltung davon auch betroffen. Sei bemühen sich ja, aber es klappt einfach nicht. Bestimmt will die Stadt, sie kann nur nicht.

Die andere Technik ist die folgenlose Zustimmung. Man sitzt da in einem Jour Fixe und bekommt ganz tolle Dinge versprochen, die sie machen würden. Bei Baustellen wird der Radverkehr gleichberechtigt geführt, Indianerehrenwort! Spricht man sie dann auf eine unbefriedigende Baustelle an, dann ging das dort nicht anders. Aber generell würde man das machen! Findet man die nächste Baustelle ohne Radverkehrsführung und bringt das an, dann ist das ein bedauerlicher Einzelfall. Hat man am Tag darauf den nächsten Einzelfall, bekommt man gar keine Antwort mehr. Ich habe ja wirklich genug Beispiele, wie hier die nicht zugehängte Ampel.

Das Tiefbauamt stimmt einem immer zu und nimmt einem damit den Wind aus den Segeln. Es setzt dann aber nicht wirklich etwas davon um. Fragt man nach, bekommt man etwas von »Kapazitätsengpässen« zu hören, man hat ja schließlich zu wenig Personal. Aber man würde daran arbeiten!

Somit vergeht dann einige Zeit, bis man wieder nachfragt. Man geht zuerst gutgläubig davon aus, dass die daran arbeiten, es halt länger dauert. Aber wenn ich mit den Epos um die Ampelanlage Reinold-Hagen-Straße anschaue, dann haben die über einen Zeitraum von 3,5 Jahren das ganze immer wieder aus den Augen verloren und effektiv ausgesessen. Im Zeitlupentempo haben sie dann minimale Veränderungen vorgenommen, die dann zu gefährlichen Situationen führen.

Das ganze hat in der IT-Sicherheit auch noch eine Entsprechung, die Teergrube/Tarpit:

Eine Teergrube (engl. Tarpit, dt. auch Teerfalle) stellt ein Verfahren dar, mit dem unerwünschte Netzwerkverbindungen künstlich verlangsamt werden und der Verbindungspartner möglichst lange blockiert wird.

Man lässt die Angreifer also Verbindungen aufbauen, hält sie allerdings beschäftigt um so den Schaden und die Ausfallzeit zu minimieren. Man hofft, dass sie irgendwann aufgeben. Einen ähnlichen Eindruck habe ich inzwischen mit den meisten Stadtverwaltungen, bei Bonn habe ich schlicht die meiste Erfahrung. Man gibt vor, die Dinge zu bearbeiten, allerdings verläuft fast alles im Sand. Es kostete mich sehr viel Freizeit da immer wieder nachzuhaken.

Mir ist das inzwischen zu doof geworden. Es macht mich zwar weiterhin sehr wütend, aber mir fehlt einfach der Hebel, da etwas merklich zu verändern.