Zivildienstlehrgang in Herdecke (2010)

Damals, als ich 2010 Zivildienst gemacht hatte, gehört auch noch ein Lehrgang dazu. Der fand in Herdecke in Haus Ende statt. Da waren wir vier oder fünf Tage, und es hatte etwas von Klassenfahrt in eine Jugendherberge. Ich erinnere mich nur noch an wenige Dinge, aber die waren ziemlich interessant.

So hatten wir da diverse Seminare, und unsere Gruppe wurde von einer Psychologin geleitet, die sonst viel mit Straftätern in Haftanstalten arbeitet. Sie konnte wirklich interessante Dinge über Menschen erzählen, die wir Teenager nach der Schule noch alle gar nicht selbst erfahren konnten. Ein besonders krasser Moment im Seminar war, als wir mit Bauklötzen einen Turm bauen sollten. Die Aufgabe ist für Erwachsene natürlich ziemlich einfach, aber es ging auch gar nicht so sehr um den Turm an sich. Vielmehr wurde diese Übung dann in mehreren Runden erschwert. Zuerst sollten wir zu zweit daran arbeiten. Das ging noch, aber man musste sich absprechen.

Die nächsten Runden wurden dann bewusst mit Stress gemacht. Die Dozentin hat immer wieder Steine vom Turm genommen, beleidigende Dinge gesagt, ein bisschen geschubst. Und man sollte aber weiterhin diesen Turm bauen. Dabei wurde natürlich auch die Kommunikation mit dem Partner schwer, man musste durch das Geschrei der Dozentin noch klarkommen. Zuerst dachte ich, dass das einfach werden würde. Man ignoriert sie einfach, und baut trotzdem weiter. Aber das ging gar nicht so einfach. Ich wurde gestresst und konnte nicht mehr klar denken. Rückblickend nach der Lektüre von »Why Zebras Don’t Get Ulcers«1 keine Überraschung mehr. Diese Erfahrung musste ich aber damals noch machen.

Das andere war, dass jeder ein Bild von sich malen sollte, und seinen Namen draufschreibt. Das war so als Vorstellungsrunde gedacht. Ich fühle mich nicht wohl damit, weil ich im Zeichnen nie so richtig gut war. Ich habe ein Strichmännchen gemalt. Andere haben Bilder gemalt, die wirklich detailliert waren. Am Ende eines der Seminartage hat sie angeboten die Bilder zu interpretieren. Das Angebot habe ich wahrgenommen und war fasziniert, wie viel sie über mich aus dem Bild lesen konnte. Rückblickend ist das aber gar nicht so krass, wenn man einmal das Spektrum an Persönlichkeiten und ihrer Ausdrücke als Bilder gesehen hat.

An andere Inhalte aus dem Lehrgang kann ich mich nicht mehr erinnern; wahrscheinlich war das hier das wichtigste. Vielleicht hat es irgendwie so ein latentes Interesse an Psychologie geweckt, sodass ich dann immer mal wieder Bücher zum Thema gelesen habe. Oh, und dass es dort jede Woche das gleiche Essen gab und es dem Personal schon zum Hals raushing.


  1. Sapolsky, R. M. Why Zebras Don’t Get Ulcers: The Acclaimed Guide to Stress, Stress-Related Diseases, and Coping. (2004).