Wenn ich ein Energieunternehmen führen würde

Angenommen, ich würde ich Energieunternehmen führen und wollte möglichst viel Profit machen, was würde ich dann tun?

Die letzten Jahrzehnte hätte mein Konzern gigantische Umsätze damit gemacht fossile Öle und Kohlen aus der Erde zu holen, in Raffinerien in seine Bestandteile zu zerlegen und dann als eine breite Palette von Produkten zu verkaufen: Heizöl, Benzin, Diesel, Schweröl, Braunkohle, Steinkohle. Es würde alles verkauft, was man verbrennen kann.

Früher hätte einen scheinbar unerschöpflichen Nachschub von dem Zeug gegeben. Auch mit moderaten Preisen hätte man gigantische Mengen verkaufen und so großen Umsatz erzeugen können. Damit die so schön als Verbraucher*innen bezeichneten Leute auch möglichst viel verbrauchen, muss die Effizienz gering sein. Wie kann man das erreichen?

Zum einen würde ich dafür sorgen, dass Leute möglichst nicht über ihren Energieverbrauch nachdenken. Energie soll sich billig und jederzeit verfügbar anfühlen. Der einzige Grund, warum man Energie sparen sollte, ist zu wenig Geld. Das aber immer nur kurzfristig, nicht langfristig denken. So sollen sich die Leute bitte möglichst ungedämmte Häuser bauen, man heizt einfach mit Heizöl bis eine wohlige Wärme da ist. Oder man nutzt das moderne Erdgas, von dem es quasi unendlich viel gibt. Öl- und Gasheizungen lasse ich über die Lobbyisten gesetzlich subventionieren, es sollen schließlich die Bürger*innen nicht frieren müssen! So viel soziale Wärme muss man auch als Energiekonzern vermitteln können.

Die Leute sollen die Häuser auch nicht dämmen, weil sie dann ja weniger Heizöl verbrauchen würden. Von daher muss ich mir irgendwelche Propaganda ausdenken. Ich erzähle denen dann etwas, dass gerade Altbauten dann einfach anfangen unter der Isolation zu schimmeln beginnen. Außerdem ist das Styropor leicht endzündlich und daher auch ein großes Brandrisiko. Daher lieber besser einfach mit günstigem Heizöl heizen und sich das Geld für so eine energetische Sanierung sparen.

Dann sollen die Leute auch möglichst viel Benzin und Diesel nutzen. Hier ist es zum einen wichtig, dass die viel Strecke zurückgelegt wird und die Autos nicht weniger verbrauchen. Das mit den Strecken war eher einfach umzusetzen. Man hat den Leuten das freistehende Haus im Grünen versprochen. Dank des günstigen Diesels können sie ja einfach in die Stadt fahren, wenn sie wollen. Und die Städte haben vor lauter Verkehr dann die Straßen ausgebaut und es gab noch mehr Verkehr. Ich muss nicht fürchten, dass der Zyklus aufhört, es werden einfach immer mehr und mehr Straßen gebaut. Die Effizienz der Autos ist auch keine Gefahr für meinen Konzern, die Leute kaufen freiwillig immer größere und schwerere Autos.

Um hier noch mehr Umsatz zu erzeugen, habe ich noch diverse staatliche Subventionen auf den Weg gebracht, die die wahren Kosten des Autofahrens verschleiern. Somit tanken die Leute wie bekloppt. Die besten Kund*innen sind natürlich die Leute mit Dienstwagen und Tankkarte. Die bekommen gar nicht mehr mit, wie viel Umsatz sie eigentlich meinem Konzern ermöglichen. Lassen wir sie in ihrer sehligen Ahnungslosigkeit.

So ungefähr soll das dann aussehen:

Problematisch sind allerdings diese ganzen Bestrebungen nach grüner Energie. Da muss man vorsichtig sein, da nicht die Zügel aus der Hand zu verlieren. So ein Kohle- oder Kernkraftwerk baut sich niemand so einfach in den Garten, so eine Balkonsolaranlage schon. Hier war es wichtig möglichst schnell diverse Einschränkungen zu erlassen, damit das nicht überhand nimmt. Wenn jemand nämlich eine eigene PV-Anlage auf dem Dach hat, damit einen Hausakku lädt und mit einer Wärmepumpe heizt, kommt bei mir überhaupt kein Umsatz an. Also das hier:

Wir müssen also schauen, dass die Wärmepumpen einen schlechten Ruf bekommen. Hier muss man die hohen Anschaffungskosten herausstellen. Am besten vielleicht auch irgendwelche Personaldebatten in relevanten Ministerien führen, damit geplante Gesetzesvorhaben in Richtung dezentraler Energieversorgung und effizientem Heizen möglichst lange verschleppt werden. So können meine Lobbyisten das noch hinreichend verwässern.

Bei den Autos hat das schon gut geklappt. Hier schien sich schon das E-Auto durchzusetzen. Das wird von den Verbraucher*innen an der Steckdose geladen. Somit wäre es auch mit Energie aus einer eigenen PV-Anlage zu laden und entgeht somit meinem Umsatz. Diesel und Benzin hat sich niemand selbst hergestellt, das Geschäft stand nie in Frage. Aber selbst wenn sie Energie von mir beziehen, ist so ein E-Auto verdammt effizient für ein Auto. Auch das schmälert den Umsatz. Hier war es gut diese E-Fuels ins Rennen zu bringen. Die ganze Welt und die Konzerne wollten eigentlich schon auf E-Auto umsteigen, aber dank einer Klientelpartei konnte ich noch mit der Brechstange »technologieoffenheit« die unsinnigen E-Fuels einbringen.

Die Physik muss man auf seiner Seite haben. Und so ein E-Auto hat einen hohen Wirkungsgrad. Ein Verbrennungsmotor hat aber einen niedrigen Wirkungsgrad, ungefähr die Hälfte bis ein Drittel eines E-Autos. Der Verbrennungsmotor ist so himmelschreiend ineffizient, dass man mit der ganzen Abwärme locker den Innenraum des Autos heizen kann. Beim E-Auto braucht man eine zusätzliche Heizung, die die Reichweite schmälert. Hier ist es aber erfolgreich gelungen den ängstlichen Leuten eine Reichweitenangst einzureden. Und so glauben sie im Auto frieren zu müssen, damit sie auch am Ziel ankommen. Perfekt. Mit dem Verbrenner passiert das nicht.

Nun wollten sie auf EU-Ebene die Verbrenner verbieten. Dank geschickt plazierter Kampagnen konnten wir das aber verhindern. Wir können weiterhin Verbrennungsmotoren neu herstellen lassen und die Treibstoffe dafür über das etablierte Tankstellennetz vertreiben. So bleibt Autofahren weiterhin mit zentraler Energieversorgung. Das schöne am Wirkungsgrad ist, dass schlechte Wirkungsgrade den Umsatz steigen lassen. Damit wir so tun, als würde uns der menschengemachte Klimawandel etwas angehen, produzieren wir aus dem CO₂ der Luft einfach wieder Treibstoffe und nennen das E-Fuel. Dafür braucht es ungefähr sechsmal so viel Strom wie es für das Laden von E-Autos brauchen würde. Das ist physikalisch natürlich dumm. Aber wenn wir den Leuten diese E-Fuels andrehen können, so haben wir sechsmal so viel Umsatz!

Die Argumente für E-Fuels liegen natürlich auf der Hand. Aktuell sind E-Autos teurer als die Verbrenner. Das liegt natürlich nur daran, dass die Massenfertigung noch nicht so sehr läuft und die Entwicklungskosten noch reingespielt werden müssen. Langfristig wird sich das geben, schließlich sind E-Autos einfacher zu konstruieren. Damit es aber erst gar nicht so weit kommt, dürfen nicht zu viele E-Autos verkauft werden. Das ist auch nicht schwer. Man muss nur den zweiten Vorteil, das bestehende Tankstellennetz, in den Vordergrund stellen. Wie sollen nur die vielen armen Leute in der Stadt, die keinen festen Parkplatz mit Wallbox haben, ihr Auto laden? Die müssen einen Verbrenner fahren und dann brauchen sie E-Fuels. Und klimaneutral sind die E-Fuels, da kann niemand mehr was gegen sagen.

Beim Heizöl zeichnet sich mit den Wärmepumpen eine Entwicklung ab, die ähnlich schlecht ist. So eine Wärmepumpe hat einen Wirkungsgrad von 4 bis 5. Das bedeutet konkret, dass jemand im Vergleich zu einer Nachtspeicherheizung nur 20 bis 25 % der Energiekosten damit hat. Im Vergleich zu den modernsten Brennwertheizungen mit vielleicht 50 % Wirkungsgrad ist das ein Faktor 8 bis 10 bezüglich des Bedarfs an Primärenergie. Wir können aber auch hier die Wirkungsgrade für uns nutzen. Wir können nämlich E-Heizöl synthetisch herstellen. Der Prozess ist schon irre ineffizient, sodass wir hier einen Wirkungsgrad von vielleicht 30 % haben. Und dann kommt bei der Verbrennung nochmal die Hälfte davon weg. Im Vergleich zur Wärmepumpe ist das ein Faktor 24 bis 30 an Umsatz, den wir mit E-Heizöl da rausholen können.

Die Frage ist natürlich, woher der ganze Strom für dieses Zeug kommen soll. Diese riesigen Kapazitäten kann man nicht mehr dezentral bauen, das geht auch nicht mit Windparks. Das braucht dann wirklich das große Besteck: Kernkraft. Um die Versorgung mit genug E-Fuels sicherzustellen müssen wir wieder in die Kernkraft einsteigen und im großen Stil zentral Energie erzeugen. Die nötige Grundlast für so ein KKW kann die Synthese von E-Fuels sein, und schon haben wir ein perfekt stabiles Netz. Alles andere bezeichnen wir als »Zappelstrom«, damit die Verbraucher*innen sich vor Blackouts fürchten.

Allerdings lässt sich die Physik nicht komplett ignorieren. Aufgrund der schlechten Wirkungsgrade wird das mit Kernkraft erzeugte E-Heizöl einfach deutlich teurer sein als direkt mit dem Strom aus dem KKW eine Wärmepumpe zu betreiben. Oder günstige PV-Module und der Hausakku unterbieten sogar noch das. Das ist etwas, das nicht passieren darf. Von daher müssen mein Konzern mit Steuergeld subventioniert werden. Die Einspeisevergütungen für Privatpersonen muss absurd gering sein, sodass sich das nicht lohnt. Es müssen teure Genehmigungen und Einzelfallprüfungen auferlegt werden, damit die heimische PV-Anlage nicht zum Muster wird. Und mit Steuergeld muss die Kernenergie subventioniert werden. Die Bürger*innen müssen entmündigt werden. Sie sollen so viele Subventionen an das zentralisierte Energieoligopol abdrücken müssen, dass es sich nur noch lohnt, dort zu kaufen. Und dann können wir den Politiker*innen wieder erzählen, wie wichtig die Subventionen sind, weil es ja keine Alternativen gibt.

Langfristig wird die ganze Energie dann zwar aus erneuerbaren Quellen kommen, wie zum Beispiel erneuerbarem Uran und Thorium. Oder halt mal ein Offshore-Windpark, der von einem Megakonzern wie meinem betrieben wird. Alle Energie aus einer Hand, weil das eine gewisse Effizienz und Eleganz vermittelt. Die Verbraucher*innen sollen die Energie dann nicht einfach als Strom bekommen, sondern in diversen ineffizient hergestellten Produkten wie E-Heizöl und E-Diesel.

Mittelfristig kann es natürlich noch zu Engpässen bei den E-Fuels kommen. Und dann muss man einfach technologieoffen und pragmatisch rangehen. Die Verbrennungsmotoren haben wir ja schon. Und langfristig haben wir genug E-Fuels. Es wäre daher törricht die ganze Infrastruktur verfallen zu lassen, nur weil man in einer Übergangsphase ist, bis wir hundert Kernkraftwerke für E-Fuels gebaut haben. Von daher muss man wohl noch ein bisschen fossilen Treibstoff beimischen. In der Anfangsphase ist die Beimischung dann ungefähr 97 %, das wird mit der Zeit aber weniger. Die Autos werden dann mit E-Fuel-Ready beworben, verändert hat sich aber nichts.

Nun denn. Ich wäre ja froh, wenn diese Geschichte aufgrund ihrer Absurdität gar nicht erst passieren könnte. Aber ich habe den Eindruck, dass sie exakt so passiert. Nach der Lektüre von Schockwellen1 habe ich den Eindruck, dass das Rockefeller-Playbook (günstige Lampen, Umsatz durch Lampenöl) noch immer sehr aktuell ist. Es geht nur einfach um E-Lampenöl. Und es scheint erschreckend gut aufzugehen.


  1. Kemfert, C. Schockwellen: Letzte Chance für sichere Energien und Frieden. (Campus, 2023).