Was soll eine CO₂-Kreislaufwirtschaft sein?

Die CDU hat sich bei der Vorstandsklausur entschlossen sich als »Klimaschutzpartei« aufzustellen. Im Artikel wird Friedrich Merz zitiert, und ich zitiere ihn:

Wir haben uns deswegen auch sehr ausführlich mit Technologien beschäftigt, wie man CO2 speichern oder zurückgewinnen kann und wie man möglicherweise sogar mit CO₂ neue Produkte erzeugen kann. Wir sprechen uns hier ausdrücklich für eine CO₂-Kreislaufwirtschaft aus.

Das klingt jetzt erstmal ganz toll. Aber was ist denn eine CO₂-Kreislaufwirtschaft dann konkret? CO₂ ist ein Reaktionsprodukt, das meist bei Verbrennung oder Stoffwechsel von Kohlenwasserstoffen entsteht. Wir verbrennen komplexe Öle, Fette oder Zucker, und es bleibt das weniger komplexe Gas CO₂ übrig. Meist entsteht auch Wasserdampf, aber das ist kein Problem.

Wir Menschen haben keinen Prozess, bei dem wir ernsthafte Mengen CO₂ aus der Atmosphäre entnehmen. Es ergibt weder energetisch, noch bezüglich Entropie einen Sinn dies zu tun. Pflanzen sind mit ihrer Photosynthese aber die Ausnahme. Sie nehmen das UV-Licht der Sonne, welches eine niedrige Entropie hat, und verarbeiten damit das CO₂ zu geordneten größeren Molekülen.

Wenn man die Pflanzen mit einbezieht, haben wir schon immer eine »CO₂-Kreislaufwirtschaft« gehabt. Pflanzen wachsen und entziehen der Atmosphäre CO₂, Menschen ernten die Früchte und verstoffwechseln sie und erzeugen dabei neues CO₂. Die Zeitskala davon ist relativ kurz, innerhalb von einem Jahr wachsen diverse Pflanzen erneut.

Bei Bäumen und Brennholz ist die Skala dann eher so Richtung 10 bis 100 Jahren. Zum Erdöl war es schwer eine Zeitskala zu finden, ich habe allerdings etwas von 10.000 Jahren gefunden. Wenn man es so will, dann sind wir auch beim Verbrennen von Erdöl in einem Kreislauf, die Zykluszeit ist nur halt 10.000 Jahre. Das bedeutet aber auch, dass wir jedes Jahr nur 0,1 ‰ der Ölreserven verbrennen dürfen, wenn wir überall optimale Bedingung zum Formen von neuem Erdöl haben. Dazu müsste das Meer das ganze CO₂ durch Verbrennung aufnehmen, was es aktuell natürlich nicht tut.

Wirtschaftlich interessant wäre das eh alles nicht, weil es alles viel zu lange dauert. Man hat ja beim Wald schon keine Lust da 100 Jahre zu warten und hat Monokulturen aus schnell wachsenden Fichten hingepackt, die bei unserem Klima massive Probleme bekommen. Es muss also irgendwie noch etwas geben, mit dem man die Geschwindigkeit des Kreislaufs erhöhen kann. Das werden irgendwelche Anlagen sein, die aus dem CO₂ wieder irgendwas machen, also eine Art menschengemachter Photosynthese.

Es gibt wohl Prozesse, mit denen man CO₂ aus der Atmosphäre ziehen kann. Es gibt »Carbon Capture & Storage« (CCS). Das Problem bei diesen Dingen ist allerdings der Energiebedarf. Wenn man es einfach nur sammeln und als Trockeneis irgendwo lagern möchte, dann kann das energetisch noch aufgehen. Da CO₂ allerdings das Verbrennungsprodukt ist, ist hat es am wenigsten Energie. Für jede Veränderung muss man dann Energie reinstecken. Und diese Energie muss irgendwo her kommen. Entweder nutzt man nicht die komplette Energie von einer Verbrennung um andere Endprodukte zu ermöglichen, oder man nimmt Energie aus anderen Quellen um das CO₂ aufzubereiten.

Wenn man jetzt aber zusätzliche Energie dafür braucht, muss nach deren Quelle fragen. Die Pflanzen nehmen die Energie aus dem Sonnenlicht. Wir Menschen könnten die nötige Energie auch einfach aus Photovoltaik (PV) nehmen. Aber wenn wir schon PV haben, warum nutzen wir das nicht einfach direkt für die Energieerzeugung, sondern verbrennen erst Kohle um dann das CO₂ wieder mühsam mit PV-Energie aufzubereiten? Außerdem wäre das kein Kreislauf.

Ein Kreislauf wird dadurch ausgezeichnet, dass man das CO₂ wieder in seinen Ursprungszustand bringt. Das könnte also Erdöl, Erdgas, Zucker oder Fett sein. Allerdings braucht man dafür mindestens die Energie, die bei der Verbrennung freigeworden ist. Aufgrund der Entropie und dem begrenzten Wirkungsgrad aller Prozesse kann man dabei nur verlieren. Es wäre also immer energetisch besser direkt die Primärenergie zu nutzen, als noch einen CO₂-Kreislauf dazwischenzuschalten. Denn letztlich nutzt man Kohlenstoff dann nur als Energieträger. Man könnte zum Beispiel Methan erzeugen und das dann verbrennen. Es wäre aber weitaus effizienter, wenn man direkt ein Elektroauto fahren würde, als ein Verbrennungsauto mit synthetischem Methan zu betanken.

Vielleicht bezieht der Kreislauf auch clever Pflanzen und Bakterien mit ein. Man kann mit Algen zum Beispiel Ethanol erzeugen, das kann man dann in Autos packen. Die Algen werden mit Sonnenlicht betrieben und nehmen das CO₂ aus der Luft aus. Da könnte der Wirkungsgrad fast schon egal werden, wenn man das in großen Mengen günstig betreiben kann. Tankt man diesen synthetischen Ethanol in ein Auto, dann gibt es tatsächlich eine Kreislaufwirtschaft, bei der man Kohlenwasserstoffe als Energieträger nimmt. Das ist dann genauso wie bei den Tieren, die Pfanzen verstoffwechseln. Kohlenwasserstoffe brauchen keine seltenen Erden, sind nicht radioaktiv, und haben eine hohe Energiedichte. Das ist also alles schon relativ komfortabel.

Jetzt müsste man halt durchrechnen, wie da die Energieeffizienz pro Geld und pro Fläche ist. Wenn man auf die gleiche Fläche Windkraft oder PV packen kann, und damit mehr Energie erzeugen kann, lohnt sich so eine Algenfarm nicht. Aber vielleicht sind die Algen auch sehr cool. An sich könnte das also aufgehen, ich weiß zu wenig über die Details um da eine solide Rechnung anstellen zu können. Mein aktueller Wissensstand ist, dass synthetische Kraftstoffe sehr ineffizient sind. Daher würde ich politisch nicht darauf setzen, aber es ist zumindest eine Option es zu tun.

Ebenfalls aus dem Artikel entnommen ist folgendes Zitat von Merz:

Wir sprechen uns nicht für den Neubau von Kernkraftwerken aus. Wir befürworten die Forschung und Entwicklung der Kernenergie der nächsten Generation.

Die »nächste Generation« meint wohl die Generation 4. Das sind Reaktionen mit Flüssigsalzkühlung und kernphysikalischen Reaktionsketten, bei denen keine langlebigen Endprodukte herauskommen. Das letzte ist wirklich interessant, weil man somit kein Endlager in aktueller Form mehr brauchen würde.

Einen Strich durch diese Rechnung macht allerdings ein Gutachten des wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages. Im Abschnitt »Flüssigsalzreaktoren als ›Klimaretter‹« heißt es:

Die zeitlichen Entwicklungshorizonte von (Thorium)-Flüssigsalzreaktoren reichen derzeit nicht aus, um im Rahmen der CO₂-Einsparung eine Alternative für die sichere Bereitstellung von Energie in Frage zu kommen.

Mit diesen Reaktoren ist eher so um 2045 zu rechnen. Bis dahin müssen wir aber schon fast komplett klimaneutral sein, und es nicht erst dann werden.

Auch die Generation 3 sieht nicht gut aus. In Finnland wird gerade ein Generation 3 EPR gebaut. Der wurde 2003 ausgeschrieben und geht frühstens 2023 ans Netz. Das ist in einem seriösen Land, auf einem Gelände, auf dem schon zwei Kernkraftwerksblöcke stehen. Das sind eigentlich optimale Bedingungen. Und trotzdem dauert es wohl 20 Jahre, bis so ein Kraftwerk steht. Der Investor hat den Bau eines weiteren Blocks abgesagt, weil ihm der aktuelle Block zu lange dauert.

Würde man jetzt in Deutschland neue Reaktoren der Generation 3 ausschreiben, so wäre 2043 keine unrealistische Schätzung für deren Inbetriebnahme. Auch das ist massiv zu spät. Windkraft und PV können wir viel schneller bauen.

Das Generation IV International Forum rechnet mit ersten Reaktoren in 2030, die sind dann wohl aber schon unterwegs oder im Bau.

Selbst wenn man heute den Bau von dutzenden neuen Kernkraftwerken in Deutschland beschließen würde, so würde es wohl noch 20 Jahre dauern, bis die alle Strom liefern. Bis dahin müssen wir irgendwie überbrücken. Und das darf nicht mit Kohle oder Erdgas sein. Wir brauchen also entsprechend genug Windkraft und PV um das alles zu überbrücken. Und naja, wenn wir das haben, dann brauchen wir auch keine Kernkraftwerke mehr.

Insgesamt erscheint mir die CDU-Position vor allem im Interesse von Großkonzernen zu sein, die vielleicht ein mit Steuergeld subventioniertes Kernkraftwerk betreiben wollen würden. Das andere ist der Wunsch nach synthetischen Kraftstoffen, damit man an den aktuellen Autos, dem Sound der Autos und dem Gefühl des Tankens nichts ändern muss. »Die Wirtschaft« sind wir alle, daher sollte man sie schon ernst nehmen. Wenn keine Firma mehr Gehälter zahlen kann, sieht es düster aus. Man muss die Energiewende so machen, dass sich die Leute die PV-Module auf dem Dach auch irgendwie leisten können. Einfach nur Kohlekraftwerke abschalten ist zu kurz gedacht. Wenn die neoliberalen Parteien von »der Wirtschaft« sprechen, habe ich allerdings so meine Bedenken.