Wahl-O-Mat Analyse zu Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen 2024
Nun haben wir wieder Wahlen mit Wahl-O-Mat, da habe ich die Daten einmal in meine Analyse geworfen.
Wie bei allen Wahlen stellt die Bundeszentrale für Politische Bildung den Wahl-O-Mat zur Verfügung, so auch für Sachsen 2024 und Thüringen 2024. Diese Daten habe ich wieder in meine Analyse geworfen. Hier sind die Ergebnisse.
Sachsen
Schauen wir uns zuerst einmal die Fragen an und wie die Parteien dazu geantwortet haben:
Ich finde ziemlich viele der Fragen relativ heftig, da sie recht klar ins rechte Spektrum tasten. Es geht um Abschiebungen, Verfassungsschutz, Demokratieförderung. Zudem gibt es auch Fragen zu Klimaschutz. Also ebenjene Fragen, die hier ziemlich polarisieren und somit den Parteien die Möglichkeiten gibt sich darzustellen.
Interessant finde ich, dass die CDU die einzige Partei ist, die sich gegen ein Lobbyregister positioniert. Ansonsten gibt es bei den Fragen meist den einen Block gegen den anderen Block.
Viele der Fragen gehen in ähnliche oder exakt gegenteilige Richtungen. Dies kann man in der Korrelationsanalyse gut sehen. Dunkelgrün ist eine starke Korrelation, dunkles Magenta ist eine starke Antikorrelation.
Schaut man sich hier die dunkelsten Punkte an, findet man wenig überraschende Kombinationen:
- Für Windkraft und gegen Braunkohleabbau (98 %)
- Für Gendersprache und gegen Grenzkontrollen (87 %)
- Frauenquote und Gendersprache (82 %)
- Sensibilisierung der Polizei gegen Rassismus und Gendersprache (76 %)
Es gibt aber auch Dinge, die ich überraschend finde:
- Für Demokratieförderprogramm und gegen Braunkohle (98 %)
- Für Gendersprache und gegen Autobahnausbau (92 %)
- Für Braunkohle und gegen Demokratieförderprogramm (90 %)
- Schuldenbremse und Abschiebungen (88 %)
- Für Braunkohle und gegen Rundfunkbeitrag (88 %)
- Tempo 30 und Gendersprache (83 %)
- Jugendliche bei Entscheidungen anhören und Tempo 30 (82 %)
- Vermögenssteuer und Gendersprache (78 %)
Hier kann man schon gut sehen, dass Themen wie Gendersprache, Windkraft, Frauenquote, Rundfunkbeitrag die eine Seite bilden und Themen wie Braunkohle, Grenzkontrollen, Abschiebungen, Autobahnausbau die andere Seite bilden. Aus meiner Seite könnte man es "links-grün" und "konservativ"/"rechts" nennen.
Wir können uns dann noch die Korrelation der Parteien anschauen, welche Partei antwortet wie andere Parteien?
So richtig hohe Werte findet man nicht, mehr als 76 % ist eigentlich nicht drin. Das bedeutet, dass jede Partei schon eine eigene Nische hat und sie nicht komplett austauschbar sind. Das ist schon einmal gut.
Die AfD und Freie Sachsen haben 76 % Korrelation, zu Linke, Grüne haben sie aber nur eine Antikorrelation von -40 %. Sie sind also auch nicht das komplette Gegenteil.
Besonders interessant finde ich die Korrelation von BSW mit den anderen Parteien, weil die Partei neu ist und man sie noch nicht so gut einschätzen kann wie die anderen. Und da sehen wir eine Korrelation von um 35 % jeweils mit FDP, SPD und Grüne. Die anderen Parteien sind alle fast bei 0 %. Somit ist BSW zu den meisten Parteien weder ähnlich noch gegensätzlich, sondern macht eine ganz neue Dimension auf. Damit füllt die Partei also eine Richtung, die es bisher noch nicht gab.
Die Position einer Partei wird definiert durch die Antwort auf ungefähr 30 Fragen. Das sind etwas viele Parameter, mit der Hauptkomponentenanalyse können wir die zwei prominentesten Dimensionen identifizieren. Damit können wir die Parteien zweidimensional anordnen:
Die AfD ist ziemlich weit draußen, umgeben nur von Kleinstparteien. Noch weiter Abgeschlagen ist "dieBasis", das wirkt besorgniserregend. Allerdings passt es zu dem, was ich von der Partei bisher auf Wahlplakaten gesehen habe. Die links-grünen Parteien bilden einen Haufen, auch das ist wenig verwunderlich.
CDU und FDP sind sich auch nahe und entfernt vom Rest. Das BSW liegt zwischen dem links-grünen Lager und dem konservativ-liberalen Lager, das überrascht mich ein bisschen.
Aber was bedeuten diese beiden Richtungen? Schauen wir uns einmal an, welche Fragen eine Partei auf der links-rechts Achse des Diagrams platziert. Wenn der Balken nach rechts zeigt, dann führt eine Zustimmung zur Aussage zur einer Platzierung auf der rechten Seite.
Hier lässt sich also ablesen, dass die horizontale Richtung aufgespannt wird vom Spannungsfeld Gendersprache, Vermögenssteuer, Rassismusbekämpfung, Windkraft gegen Demokratieförderprogramm, Grenzkontrollen, Autobahnausbau, Schuldenbremse aufgespannt wird. Das ist für mich die klassische links-rechts Dimension, nur dass hier zufällig die Seiten im Diagram vertauscht sind.
Die zweite Richtung wird durch diese Aussagen aufgespannt:
Das ist also das Spannungsfeld Militärforschung, Gentechnik, Windkraft, Waffenlieferungen, Rundfunkbeitrag gegen Braunkohleabbau, fahrscheinlosen Nahverkehr, Qualifizierung für Langzeitarbeitslose, Bildungsurlaub. Puh, was ist das? Bei der einen Seite hatte ich ja noch "Technologieoffenheit" gedacht, aber das passt nicht zu der restlichen Richtung. Wenn jemand hier eine Idee hat, wäre ich dankbar.
Thüringen
Das gleiche machen wir nun mit Thüringen. Es ist eine Wahl zur gleichen Zeit, mit ähnlichen Parteien. Die Fragen werden leicht anders sein, allerdings erwarte ich grob die gleichen Ergebnisse.
Zuerst einmal die Parteien und ihre Antworten:
Da ist nicht direkt etwas offensichtliches zu sehen, finde ich.
Bei der Korrelation der Fragen wird es aber wieder interessant:
Da sind einige markante Dinge sichtbar:
- Abschiebungen und Sanktionen für Bürgergeld und Sprachtests vor Einschulung sind heftig korreliert. (99 %)
- Zu den obigen ist ebenfalls ordentlich antikorreliert Abschaffen Sitzenbleiben, Gendersprache, Integration Förderunterricht und Bundeswehr an Schulen. Da ist also ganz klar zu sehen, dass sich Parteien entweder weltoffen und integrativ positionieren oder eben als ein "deutsche Schule den Deutschen mit Zucht und Ordnung".
- Interessant ist auch, dass militärische Hochschulforschung und Wahlen ab 16 stark antikorreliert sind.
- Weniger überraschend ist allerdings, dass Klimaneutralität und klassisches Familienbild antikorreliert sind.
- Auch dass Religionsunterricht und Dorfkirchen korreliert sind, verwundert wenig.
- Überraschend ist aber die Korrelation öffentliche Krankenhäuser und Volksentscheide.
- Gendersprache und integrativer Förderunterricht zusammen überrascht mich allerdings gar nicht.
Dieser dicke Block an Fragen, die für mich klar ins rechte Spektrum gehen, finde ich schon echt eine Packung. Dann schauen wir uns mal an, wie die Parteien so korreliert sind.
Hier ist das gleiche Bild zu sehen, BSW korreliert nur schwach mit den meisten Parteien und hat noch am ehesten etwas mit der SPD gemeinsam. Es ist schon irgendwie witzig, dass sich BSW von der Linken abgespalten hat, aber mehr mit der SPD gemeinsam hat. Die AfD und die Werteunion stehen sich näher, als die CDU und die Werteunion. Auch das ist eine interessante Geschichte. Die Korrelation zwischen Grünen und Linken (80 %) ist hier interessant, das ist in Sachsen schwächer (55 %) gewesen. Die Landesparteien sind unterschiedlich, oder es liegt an den unterschiedlichen Fragen.
Schauen wir uns die Parteien in der Hauptkomponentenanalyse an:
Hier ist die AfD ganz weit draußen, eventuell weil es kein "dieBasis" gibt. Die Werteunion ist ganz in der Nähe.
Besonders interessant sind die Positionen der drei laut Umfragen stärksten Kräfte: AfD links oben, CDU links unten, Die Linke rechts mittig. Die drei Parteien sind spannen ein großes Dreieck auf, sie liegen jeweils ganz außen in den beiden Achsen. Dass diese Parteien alle drei stark sind und so weit auseinander liegen könnte eine gewisse Spaltung in Thüringen zeigen.
Aus der Perspektive der Linken bilden AfD und CDU den Gegenpol bezüglich der ersten Hauptkomponente (horizontale Achse), sie sind ganz links im Diagram. Aber austauschbar sind sie auch wieder nicht, die zweite Hauptkomponente (vertikale Achse) trennt sie ganz klar auf. Die CDU mit der AfD gleichzusetzen wäre also zu eindimensional gedacht.
Aber was sind die Achsen? Die erste Achse wird definiert aus diesen Fragen:
In der ersten Achse ist man rechts bei folgender Positionierung:
- Für integrativen Förderunterricht
- Für Gendersprache
- Für Windkraft
- Für Streichung der Grunderwerbssteuer für selbstgenutztes Eigentum
- Gegen Bürgergeldsanktionen
- Gegen Sitzenbleiben
- Gegen Bundeswehrwerbung an Schulen
- Gegen Militärforschung
- Gegen Abschiebungen
Für mich ist die Gemeinsamkeit die Hilfe durch den starken Staat, Toleranz, gegen Gewalt und eine steuerliche Umverteilung von oben nach unten. Bei dieser Dimension ist wenig überraschend, dass Die Linke das voll erfüllt oder gar definiert. Und dass das die Dinge sind, die AfD und CDU beide ablehnen. Und ich kann daraus auch verstehen, dass die CDU nicht mit der Linken zusammengehen kann.
Noch interessanter ist für mich aber die Dimension, die CDU und AfD trennt. Das geht durch diese Fragen hier:
Die Position oben im Diagram kommt also durch diese Positionierung:
- Für Abschaffung des Landesamtes für Verfassungsschutz
- Für kostenlose Kinderbetreuung
- Für Volksentscheide
- Gegen Förderung privater Solaranlagen
- Gegen Fachkräfte aus dem Ausland
- Gegen KZ-Gedenkstätten-Förderung
- Gegen Reparaturbonus für Elektrogeräte
- Gegen KI in der Polizeiarbeit
- Gegen Klimaneutralität
Das scheint dann die völkische Richtung zu sein. Gerade die Abschaffung des Verfassungsschutzes und die KZ-Gedenkstätten nicht mehr fördern zu wollen sieht nach Vorbereitung für Faschismus aus. Die kostenlose Kinderbetreuung springt wohl auch nur aus dem Wunsch mehr "deutsche" Kinder zu haben.
Dass die CDU in den Antworten bezüglich dieser Dimension das krasse Gegenteil der AfD ist, beruhigt etwas. Sie vertritt zwar in der ersten Dimension nicht meine Vorstellungen, aber in der zweiten Dimension.
Interessant ist auch, dass Die Linke in dieser zweiten Dimension nicht so klar ist, wie die CDU. Ich dachte, dass das Die Linke die KI in der Polizei ablehnen würde, allerdings ist sie dafür. Jedoch möchte Die Linke auch den Verfassungsschutz abschaffen. Auch möchte Die Linke mehr Volksentscheide.
Fazit
Die Analyse war zum Teil wie erwartet, hat aber auch nochmal echt neue Erkenntnisse gebracht. Vor allem in Thüringen hat mich die Ausdifferenzierung von Die Linke, CDU und AfD in zwei Dimensionen wirklich überrascht.