Vollhybrid – Waschen ohne Nasswerden

Mein Büro ist an einer Straße voller Autohäuser, an einem wurde Werbung für »Vollhybride« gemacht, »Elektrisch ohne Stecker«. Ich bin ein bisschen fassungslos.

Der Hersteller wirbt damit, dass man diese Fahrzeuge niemals laden müssten:

Sie müssen einen Lexus Hybrid niemals an eine Steckdose anschließen und aufladen – das System arbeitet selbstladend, ist immer einsatzbereit und bringt Sie entspannt an jedes Ziel. — lexus.de

Autos, die man nicht laden kann, kennen wir ja eigentlich. Man nennt sie Autos mit Verbrennungsmotor. Hier wird aber damit geworben, dass man trotzdem 50 % der Zeit mit dem Elektromotor fahren könnte:

Sparen Sie Benzinkosten und Emissionen, wenn Ihr Lexus Hybrid bis zu 50 % der Zeit vom Elektromotor angetrieben wird – insbesondere im Stadtverkehr.

Das klingt irgendwie so, als wäre das ein Elektroauto, das sich magisch von selbst aufladen könnte. Mit Solarzellen auf dem Autodach wäre das an sich möglich, wenn auch nicht sonderlich effizient. Kleine Nebenrechnung hier: So ein Auto belegt vielleicht 4 m² Fläche, die man mit Solarzellen ausstatten könnte. In praller Sonne kommen da 4 kW Leistung von der Sonne an. Bei 10 % Wirkungsgrad der PV-Module wären das dann 0,4 kW Ladeleistung, die beim Auto ankommt. Ein Sonnentag hat vielleicht 8 Stunden Sonne. Damit schaffen wir so 3,2 kWh Energieaufnahme. Elektroautos brauchen so 15 bis 30 kWh pro 100 km, das wären dann also so 10 bis 20 km Reichweite, die man an einem Tag von der Sonne unter perfekten Bedingungen laden könnte. Ganz nett, aber ersetzt kein Aufladen für längere Strecken.

Aber es gibt ja noch den Verbrennungsmotor dort drin. Mit einem Verbrennungsmotor Akkus zu laden, damit man dann mit einem Elektromotor fahren kann, ist nicht wirklich sinnvoll. Schon gar nicht, wenn man den Verbrennungsmotor auch noch mitführt. Der Hersteller beschreibt das in den FAQ so:

Die innovative, kompakte Hybrid-Batterie wird während der Fahrt durch das regenerative Bremssystem des Fahrzeugs kontinuierlich aufgeladen. Diese intelligente Technologie wandelt die beim Bremsen freigesetzte Energie in elektrische Energie um und nutzt sie, um die Batterie aufzuladen.

Also nur, wenn man bremst, wird Energie in die Akkus genommen. Okay. Es wird also nur die kinetische Energie des Autos in die Akkus zurückgeführt. Wäre da nicht die Reibung und die Wirkungsgradverluste, so könnte man ein Auto tatsächlich immer wieder beschleunigen und abbremsen ohne zusätzliche Energie zuzuführen. Das ist dann wie ein Pendel, das auch seine Bewegungsrichtung verändert und immer wieder kinetische und potentielle Energie umwandelt.

Nun haben wir aber noch Reibungsverluste, einmal durch Luftwiderstand und einmal durch die Rollreibung der Reifen. Diese werden gewalkt und warm. Dann kommen noch die ganzen Umwandlungsverluste hinzu, Akkus haben keinen perfekten Wirkungsrad. Elektromotoren sind schon sehr gut dabei. Insgesamt wird hier der Verbrennungsmotor also noch ganz viel Energie zuführen müssen, damit es klappt.

Gerade bei längeren Strecken ohne Bremsen bekommt der Akku keine Energie zugeführt. Damit ist es am Ende nur noch ein Verbrennungsauto. Im Stadtverkehr mag man mal ganz kurze Strecken reinelektrisch fahren können, aber der Verbrennungsmotor wird schnell anspringen müssen.

Es scheint mir eine Mogelpackung zu sein, mit der sich schon wohlhabende Leute Steuervergünstigungen und ein grünes Gewissen kaufen können sollen.

Schaut man sich aber mal bei dem günstigsten Modell einmal die Verbrauchswerte an, so findet man nach WLTP einen kombinierten Verbrauch von 5,3 bis 6,1 l/100 km. Das ist so viel wie ich mit meinem reinen Benzinfahrzeug verbrauche. Und das ist auch logisch, irgendwoher muss die Energie ja kommen, um das Fahrzeug anzutreiben.

Der Hybridsystem verbessert den Wirkungsgrad ein bisschen, weil es vorher in den Bremsen verschwendete Energie wieder auffängt. Allerdings reicht das nicht um hier den Verbrauch zu halbieren, wie der Werbespruch »50 % der Zeit vom Elektromotor angetrieben« suggeriert.

Somit bleibt es für mich eine Mogelpackung, die eine ganz gewisse Zielgruppe ansprechen möchte und sich »Vollhybrid« ausgedacht hat um in den Köpfen der Leute »vollelektrisch« anzusprechen.