Befreiung eines Gehwegs

An einem chronisch zugeparkten Gehweg habe ich die über einen längeren Zeitraum regelmäßig von der Möglichkeit der Privatanzeige Gebrauch gemacht. In Kombination mit Einsätzen vom Ordnungsamt konnte der Gehweg nun weitestgehend von behindernd parkenden Autos befreit werden.

Den Artikel hatte ich schon veröffentlicht, jedoch hat sich die Situation noch weiter enwickelt und das Fazit damit gedreht. Daher ist er nochmal mit neuem Datum veröffentlicht.

Ich gehe seit ungefähr sechs Monaten regelmäßig an einer Straße entlang, fast jeden Tag. Dort ist der Gehweg nur drei Gehwegplatten breit; es stehen ungefähr 160 cm Breite für die Fußgänger zur Verfügung. Dies aber nur in der Theorie, in der Praxis sind dort immer wieder KFZ geparkt. Dort steht kein Zeichen 315 (eckig, blau, erlaubt Parken auf dem Gehweg), somit ist das Parken auf dem Gehweg nicht erlaubt. Die Anordnung dieses Verkehrszeichen wäre auch nicht erlaubt, selbst wenn die Stadt Bonn dies rechtswidrig an anderen Stellen tut. In dieser Straße ist die Fahrbahn nicht so breit, die Autofahrer wollen anscheinend auf andere Autofahrer Rücksicht nehmen, und behindern lieber Fußgänger.

Generell habe ich wenig Verständnis dafür. Hier aber überhaupt keins, schließlich wird die Fahrbahn keine 30 m breit genug um komplett auf der Fahrbahn zu parken. Die Anwohner*innen sind schlicht zu faul zum Laufen. Und ich sehe es als Fußgänger nicht ein, wegen deren Faulheit dort im Entengang zu laufen. Trage ich mein Altglas zum Container, so muss ich enorm aufpassen kein Auto zu beschädigen. Regelmäßig sehe ich auch Eltern mit Kinderwagen, die auf die Fahrbahn ausweichen müssen.

Erfahrungen mit Verkehrsordnungswidrigkeitsanzeigen habe ich jetzt schon länger, die werden von der Bußgeldstelle der Stadt Bonn auch bearbeitet. Ich hatte von anderen den Eindruck, dass es einer gewissen Anzahl Bußgelder braucht (kostet aktuell leider nur 15 EUR), bis Einsicht einkehrt und dort nicht mehr geparkt wird. Also habe ich mich mal auf die eine Stelle konzentriert und geschaut, wie lange es braucht, bis die Wiederholungstäter*innen aufgeben.

Das folgende Bild zeigt immer Tatzeitpunkt und Absendezeitpunkt meiner Anzeige. Laut Auskunft der Bußgeldstelle dauert es um ungefähr zwei Wochen, bis die Anzeige beim Halter eingeht. Ich habe daher drei Wochen Bearbeitungszeit angesetzt. Für die Diskussion habe ich die Kennzeichen durch Chiffren ersetzt, das sind einfach nur Vornamen aus einer großen Liste.

Man kann gut sehen, wie das meiste nur einmalige Dinge sind. Das sind also Leute, die dort nur zu Besuch waren. Manche mögen auch nach einer Anzeige schon aufgegeben haben, das kann ich natürlich nicht bewerten. Es gibt allerdings einige notorische Wiederholungstäter*innen. Wiederholungen innerhalb der Bearbeitungszeit haben keine Bedeutung, die Halter*innen wussten ja nicht, dass sich jemand beschwert hat. Ich habe keine Zettel an den Autos hinterlassen, dies war auch ein Test für die Bußgeldstelle.

Interessant war der Wiederholer Torgunn. Den habe ich dort alle paar Tage neu geparkt gesehen, über mehrere Monate. Interessanterweise stand das Auto dort irgendwann gar nicht mehr. Viele Wochen später steht das Auto wieder regelmäßig an dieser Ecke, aber immer ganz brav geparkt.

Ein anderer Widerholungstäter, Tine, hat eine ziemlich lange Pause eingelegt. Jetzt weiß ich nicht, ob die erste Anzeige wirklich zugestellt worden ist. Meine Theorie ist allerdings, dass die erste Anzeige als unglücklicher Zufall abgetan worden ist. Nach einiger Zeit wurde sich wieder getraut dort zu parken. Und vielleicht ist inzwischen die zweite Anzeige eingegangen, sodass es keine weiteren Wiederholungen geben wird.

Aber selbst, wenn die Wiederholungstäter nach fünf Anzeigen aufgeben, so gibt es einen zuerst unerlässlichen Strom an neuen Behinderern. Effektiv ist der Gehweg die meiste Zeit nur eingeschränkt nutzbar, weil irgendeine:r meinte, dass sein Auto dort stehen könnte. Dies ist in einem Wohngebiet, wo die Fluktuation an Fahrzeugen eher gering sein sollte. An anderen Straßen habe ich teilweise niemanden zweimal gehabt, weil es immer nur Durchgangsverkehr mit Zwischenstopp ist.

Nach sechs Monaten kann ich aber auch sagen, dass die Privatanzeigen durchaus etwas bringen. Die Bußgelder sind zwar zu gering um die Wiederholungstäter*innen zügig von weiteren Behinderungen abzuhalten. Die generell mangelnde Kontrolle durch das Ordnungsamt der Stadt Bonn führt aber auch zu einem sehr niedrigen Risiko erwischt zu werden. Autofahrer wissen aus Erfahrung, dass man fast überall fast ungestraft parken kann. Somit sind sie wahrscheinlich böse überrascht, wenn ein Bußgeldbescheid der Stadt im Briefkasten ist. Die schiere Menge der Bußgelder hat dann aber letztlich doch noch jeden überzeugen können, das Auto legal abzustellen. Der/die hartnäckigste hat 11 Anzeigen gebraucht, aber das scheint angekommen zu sein.

Diese Gehwegbefreiung hat sich ziemlich in die Länge gezogen. Hatte ich nach ungefähr sechs Wochen die erste Riege Falschparker*innen überzeugt, so war der Gehweg kurzzeitig komplett frei. Die nächste Riege Autofahrer*innen freute sich offensichtlich über die immer verfügbaren »Parkplätze«. Die brauchten dann auch wieder ihre Zeit, bis genügend Bußgelder eingegangen waren. Mit der Zeit habe ich aber anscheinend alle Anwohner und ihre Gäste einmal durch. Jetzt ist dort angenehme Ruhe eingekehrt, und der Gehweg ist fast jeden Tag komplett frei. Geht doch, liebe Autofahrer*innen.

Um den Prozess etwas zu beschleunigen, habe ich in den letzten Wochen beim Ordnungsamt der Stadt Bonn angerufen. Das geht unter der 0228-77 3333 ganz einfach. Man sagt, dass man eine »Verkehrsbehinderung« melden möchte. Man beschreibt ein KFZ auf dem Gehweg, schätzt die restliche Gehwegbreite ab (Behinderung bei unter 1 m), nennt Adresse und Kennzeichen. Man wird noch nach seinem Nachnamen gefragt. Dieser wird dem Halter aber nicht mitgeteilt. Das Ordnungsamt kommt tatsächlich raus, allerdings nur wenn Kapazitäten übrig sind. Die fragen dann vielleicht den Halter ab, rufen dort an und lassen Umparken. Ich habe sie einmal hier gesehen, aber habe nicht die ganze Zeit zugeschaut. Und nach einigen Anrufen kamen sie auch einmal unaufgefordert durch die Straße. Es besteht also Hoffnung!

Anzeigen schreiben ist übringens ganz einfach und mit wenig Arbeit über Weg-Li möglich. Einfach ein Foto hochladen, einen Verstoß auswählen und abschicken. Man muss seine persönlichen Daten angeben, damit man als Zeuge geladen werden kann, falls der Beschuldigte Widerspruch einlegt. Man muss nicht unbedingt seine Privatadresse angeben, die Adresse des Arbeitgebers geht auch. Der/die Beschuldigte bekommt in Bonn anscheinend den Namen und Wohnort des Zeugen angegeben, über Anwalt*in und Akteneinsicht könnte auch die Adresse herausgefunden werden.