Vergleich von Unfallversicherungen anhand der Gliedertaxe

Ich habe nach einer Unfallversicherung mit monatlicher Rentenzahlung geschaut. Natürlich gibt es hier diverse Versicherungsunternehmer, die ein derartiges Produkt anbieten. Jeder Versicherer bietet wieder unterschiedliche Tarife an, die dann unterschiedlich viel abdecken. So ist in einer Versicherung ein Schaden durch Insektenstich abgedeckt, in der anderen nicht. Dafür zahlt die eine Kosten für die Nutzung einer Dekompressionskammer nach einem Tauchunfall nicht. Es ist also schwer, die Tarife hier zu vergleichen, weil man es für den Einzelfall schlecht quantisieren kann.

Gliedertaxe

Quantisieren kann man aber die Gliedertaxe. Das ist die Anzahl an Prozentpunkten, die angerechnet werden, wenn ein bestimmtes Körperteil vollständig geschädigt ist. Nach einem Unfall wird so der für die Versicherung relevante Invaliditätsgrad festgestellt. Sind hier 50% oder mehr erreicht, wird die monatliche Rente ausbezahlt. Je nach Tarif hat man aber zwei Gliedertaxen, einmal die zur Bestimmung der Rente und einmal der für die Einmalzahlung.

In folgender Tabelle ist die Renten-Gliedertaxe für vier Versicherungen verschiedener Unternehmen dargestellt. Weil es hier um das Prinzip geht, und nicht um die konkreten Versicherungen, sind Versicherungen einfach mit »A« bis »D« benannt.

Körperteil A B C D
Arm 70 70 80 70
Am oberhalb 65 65 70 65
Arm unterhalb 60 60 70 60
Hand 55 55 70 55
Daumen 20 20 30 20
Zeigefinger 10 10 20 10
Finger 5 5 15 5
Bein über Mitte 70 70 80 70
Bein unter Mitte 60 60 70 60
Bein unterhalb Knie 50 50 70 50
Bein bis Mitte Unterschenkel 45 45 70 45
Fuß 40 40 70 40
große Zehe 5 5 10 5
Zehe 2 2 5 2
Auge 50 50 80 50
Gehör ein Ohr 30 30 40 30
Geruchssinn 10 10 15 10
Geschmackssinn 5 5 10 5
Stimme 100 NA 100 NA
eine Niere 15 NA 25 20
zwei Nieren 100 NA 100 100
Milz 5 NA 10 10
Gallenblase NA NA 10 NA
Magen NA NA 20 NA
Darm NA NA 25 NA
Lungenflügel NA NA 50 NA

Die Felder mit »NA« stehen für »not available« und drücken aus, dass ich dort keine Information gefunden habe. Hier entscheidet die Versicherung entweder im Einzelfall oder es wird mit überhaupt nicht angerechnet.

Diese Daten kann man sich gut in einem Balkendiagramm darstellen lassen. Ebenfalls eingezeichnet ist die 50%-Marke, die über die Unfallrente entscheidet.

Es ist gut zu sehen, wie sehr sich die Versicherungen hier unterscheiden. So gibt es bestimmte Unfälle, bei denen Versicherung C eine Rente zahlt, die anderen Versicherungen jedoch night.

Insgesamt sind hier höhere Werte besser, weil bei einer teilweisen Invalidität eines Körperteils dies auch nur Anteilig angerechnet wird. So liegen zwar alle Versicherungen bei der Hand über 50%, jedoch führt eine 60%-ige Einschränkung der Hand bei Versicherung C zur Auszahlung der Rente, bei den anderen nicht.

Für die Einmalzahlung sieht es dann aber schon anders aus. Versicherung D hat dort eine bessere Gliedertaxe. Versicherung B hat auf meine Anfrage nicht geantwortet, daher gehe ich davon aus, dass die bessere Gliedertaxe auch nur für die Einmalzahlung gilt.

Das ganze noch als Tabelle:

Körperteil A B C D
Arm 70 85 80 80
Am oberhalb 65 80 70 70
Arm unterhalb 60 75 70 75
Hand 55 70 70 70
Daumen 20 30 30 30
Zeigefinger 10 20 20 20
Finger 5 15 15 15
Bein über Mitte 70 85 80 80
Bein unter Mitte 60 80 70 75
Bein unterhalb Knie 50 75 70 65
Bein bis Mitte Unterschenkel 45 70 70 60
Fuß 40 60 70 50
große Zehe 5 15 10 15
Zehe 2 8 5 5
Auge 50 60 80 60
Gehör ein Ohr 30 50 40 40
Geruchssinn 10 15 15 15
Geschmackssinn 5 10 10 15
Stimme 100 100 100 100
eine Niere 15 NA 25 25
zwei Nieren 100 NA 100 100
Milz 5 NA 10 10
Gallenblase NA NA 10 10
Magen NA NA 20 20
Darm NA NA 25 25
Lungenflügel NA NA 50 50

Progression

Eine Unfallversicherung hat in der Regel eine Progression. Dies bedeutet, dass bei einem schweren Unfall überproportional mehr Geld ausgeschüttet wird. Folgende Grafik zeigt eine 225% und eine 350% Progression.

Die Prozentpunkte der einzelnen Glieder werden erst zusammengerechnet, danach wird die Progression angewendet. Es ist schwer zu sagen, was genau bei einem Unfall passiert. Daher betrachte ich im weiteren Verlauf nur Verletzungen an einem Körperteil alleine. Bei kleinen Unfällen mag dies noch eine akzeptable Näherung sein. Bei großen Unfällen wo zwei Beine teilweise verletzt sind, entspricht dies vielleicht einer kompletten Einschränkung auf nur einem Bein.

Grundbetrag

Letztlich sind die Prozentzahlen nach der Progression aber wenig aussagekräftig. Die Gliedertaxe ohne Progression ist für die Unfallrente interessant. Interessant ist, wie viel Geld im Schadensfall ausbezahlt wird. Dazu muss man die Prozentwerte nach der Progression mit dem Grundbetrag multiplizieren.

Mein Finanzberater hat die Angebote netterweise so durchgerechnet, dass sie im Monat alle 26 ± 1 EUR kosten. Somit kann man die ausgeschüttete Leistung gut vergleichen, weil man als Kunde die gleichen Kosten hat.

Die Grundbeträge, also die Ausschüttung bei 100%, ist zwischen den Versicherungen stark unterschiedlich:

Auszahlung

Interessant wird es, wenn man es zusammensetzt und sich die ausgezahlten Beiträge bei vollkommener Schädigung der jeweiligen Körperteile anschaut. Die folgende Tabelle zeigt den ausgeschütteten Betrag in 1000 EUR:

Körperteil A B C D
Arm 270 180 231 205.0
Am oberhalb 240 165 189 164.0
Arm unterhalb 210 150 189 184.5
Hand 180 135 189 164.0
Daumen 40 35 49 32.8
Zeigefinger 20 20 28 16.4
Finger 10 15 21 12.3
Bein über Mitte 270 180 231 205.0
Bein unter Mitte 210 165 189 184.5
Bein unterhalb Knie 150 150 189 143.5
Bein bis Mitte Unterschenkel 130 135 189 123.0
Fuß 110 105 189 82.0
große Zehe 10 15 14 12.3
Zehe 4 8 7 4.1
Auge 150 105 231 123.0
Gehör ein Ohr 70 75 77 57.4
Geruchssinn 20 15 21 12.3
Geschmackssinn 10 10 14 12.3
Stimme 450 225 315 287.0
eine Niere 30 NA 35 20.5
zwei Nieren 450 NA 315 287.0
Milz 10 NA 14 8.2
Gallenblase NA NA 14 8.2
Magen NA NA 28 16.4
Darm NA NA 35 20.5
Lungenflügel NA NA 105 82.0

In der Grafik kann man sich einen guten Überblick verschaffen, welche Versicherung ein gutes Leistungsniveau hat.

Man erkennt, dass Versicherung A meist den höchsten Beitrag auszahlt. Jedoch hat Versicherung A die schlechteste Gliedertaxe, sodass die erst bei schwereren Unfällen auch wirklich die Unfallrente ausgezahlt wird. Versicherung C schüttet auch noch recht viel Geld aus und ist mit der Gliedertaxe deutlich besser aufgestellt.

Fazit

Die Prospekte der Versicherer haben meist recht schwammige Texte, die für die Unfallversicherung werben sollen. Zwischen den Tarifen kann man schlecht vergleichen, weil für den Einzelfall schwer einzuschätzende Dinge angegeben werden. Ich kann schlecht vergleichen, ob ich lieber die Unfallversicherung nehmen sollte, die mich gegen Lebensmittelgiftungen oder lieber die, die mich gegen Erfrierungen versichert. Daher empfinde ich den Vergleich über die Gliedertaxe noch das beste, was ich machen kann. Und da diese bei einigen Versicherungen ziemlich tief in den Bedingungen vergraben ist, ist das womöglich auch der Schwachpunkt der Versicherungen.

Programm und Daten für R gibt es hier:

https://github.com/martin-ueding/private-finanzen