Ungeplantes Reiseende in Freiburg (2010)

Während der Oberstufe hatte ich den Physik-Leistungskurs belegt. Es gab ein Event an der Uni Bonn, die »Particle Physics Masterclasses«, an denen mein Kurs teilgenommen hat. Wir bekamen dort Zerfallsereignisse aus einem der Detektoren am CERN gezeigt und lernten, wie man sie klassifiziert. Das hat mir viel Spaß gemacht, und es war auch sehr cool schon einmal an der Uni zu schnuppern.

Es ist schon witzig, rückblickend darüber zu schreiben. Denn im Studium habe ich mich zwar auch zur Hochenergiephysik orientiert, jedoch weg von der Experimentalphysik und hin zur theoretischen Physik. Die Klassifikation von Events habe ich im Masterstudiengang noch in einem Laborpraktikum machen müssen und fand das da eher doof.

Jedenfalls hatte ich nach dem Abi noch etwas Zeit, bis ich zum Zivildienst eingezogen worden bin. Und da hatte ich mir vorgenommen einmal zum CERN zu fahren. Damals hatte ich ein Motorrad, und so habe ich es bepackt und bin losgefahren.

Um nicht die ganze Strecke von Bonn nach Genf in einer Tour fahren zu müssen, habe ich eine Übernachtung in Freiburg gebucht.

Was ich allerdings nicht so ganz bedacht hatte, war dass im Juli das Motorradfahren gar nicht so einfach war. Es waren gut 30 °C im Schatten, und mit schwarzer Lederkombi war es absurd warm. Ich habe viel geschwitzt, aber beim Fahren kann man nicht trinken. Dann war auch noch lange Abschnitte stockender Verkehr, sodass ich für die Strecke bis nach Freiburg ewig gebraucht hatte. Es war körperlich wahnsinnig anstrengend gewesen, sodass ich froh war, endlich im kühleren Hotel angekommen zu sein.

Freiburg selbst ist aber eine total hübsche Stadt. Es gibt überall ältere Gebäude und eine große Fußgängerzone. Da habe ich mich wohl gefühlt, war aber total fertig.

Witzig sind auch die kleinen Wassergräben, in die man als Fremder gerne einmal tritt. Man sagt, dass wer in diese Gräben tritt, eine Freiburgerin heiraten wird oder muss.

Besonders witzig ist die McDonald's Filiale im Altbau, das hatte ich so bisher auch noch nicht gesehen.

Die Dehydrierung durch die erste Etappe war so extrem, dass ich auch am nächsten Tag nicht mehr weiterfahren wollte. Denn in den Schweizer Bergen würde es wohl nur noch anstrengender zu Fahren werden. Ich habe die Reise dann an der Stelle abgebrochen und es ein Jahr später versucht, dann aber mit Massenverkehrsmitteln. Den Reisebericht hatte ich damals schon veröffentlicht.

Warum ich diesen Artikel jetzt schreibe? Ich bin gerade aus dem Urlaub von Kreta zurück, und das ganze Schreiben über Reisen hat Erinnerungen an länger zurückliegende Reisen geweckt. Auch war diese Reise eine der Wendepunkte in meiner Begeisterung beim Motorradfahren. Ich kann mir aktuell gar nicht mehr vorstellen mit einem lauten Motorrad durch die Gegend zu fahren. Die anderen Leute sind bestimmt ähnlich genervt wie ich von dem ganzen Lärm.

Aber selbst mit einem leisen E-Motorrad spricht es mich nicht mehr an. Man muss auf dem Motorrad ordentliche Schutzkleidung tragen. Alleine die Lederjacke, die ich damals hatte, wog ungefähr 5 kg. Das muss dickes Leder sein, diverse Protektoren an Ellenbogen, Schultern und Rücken sind dort eingearbeitet. Man schwitzt wie bekloppt, selbst wenn man darunter nur ein T-Shirt trägt. Dazu halt Hose, Stiefel, Handschuhe, Helm. Ein weiterer Aspekt ist, dass man die ganze Zeit den schnellen Fahrtwind hat. Der kann bei 120 km/h schon ziemlich kalt werden, jedoch bewegt man sich bei hohen Geschwindigkeiten nicht mehr. Man sitzt da nur passiv drauf. Von daher ist mir schnell kalt geworden. Beim Radfahren habe ich das Problem nicht, da bewege ich mich genug um warm zu bleiben.

Der Wetterbereich, in dem Motorradfahren gut ist, ist für mich enorm schmal. Es muss eine angenehme Lufttemperatur haben, sodass der Wind nicht kalt ist. Es darf nicht viel Sonne scheinen, weil einem sonst in der Kleidung zu warm wird. Viel Sonne und kalte Luft funktioniert nur bei einer Geschwindigkeit, aber nicht immer. Dann muss es aber trocken sein, und es dürfen weder Pollen (Frühling) noch große Mengen Laub (Herbst) auf der Straße sein. Effektiv gibt es nur wenige Tage im Jahr, an denen das wirklich super ging. Mit dem Fahrrad bin ich da viel flexibler.

Von daher habe ich das Motorradfahren ein paar Jahre später komplett aufgegeben, anstelle dessen das Fahrradfahren für mich entdeckt. Es ist schon interessant, wie Entwicklungen mit etwas Abstand ganz anders wahrzunehmen sind, als währenddessen. Vielleicht war diese Reise einer der Wendepunkte, die mich jetzt zum Verkehrswendeaktivisten gemacht haben.