Umdefinition der EU-Energieeffizienzklassen
Neulich schaute ich nach einem Möbelstück, in dem eine LED eingebaut ist. Und der Hersteller hat auch direkt die Energieeffizienz mit Klasse A+ angegeben. Toll, aber total irreführend. Die Klasse gibt es nicht mehr.
Als ich klein war, hat man mit 100 W Glühlampen seine Zimmer geheizt und nebenbei auch noch ein bisschen beleuchtet. Dann gab es diese unsäglichen Energiesparlampen mit Schwermetallen. Kurz darauf dann die LEDs, die Licht mit Quantensprüngen erzeugen. Da ist der Wirkungsgrad dann ganz sinnvoll.
Als Regulator möchte die EU dafür sorgen, dass der Markt immer effizientere Elektrogeräte hervorbringt. Bei Leuchtmitteln könnte man nun physikalische Kenngrößen wie den Lichtstrom pro elektrischer Leistung (Lumen pro Watt) angeben. Das wirkt erstmal ziemlich technisch, es fehlt der Vergleich.
Nun ist es verlockend, das ganze in gut und schlecht einzuteilen, eine Skala vorzugeben. Und das hat die EU gemacht. Hat die Klassen A bis G vorgegeben, dabei ist A die beste Klasse.
Da frage ich mich ja schon, ob die zu faul zu denken waren. Die nehmen den aktuellen Stand der Geräte, bauen damit eine nach oben begrenzte Skala und wollen in Zukunft aber nach oben verbessern.
Wenn es funktioniert und die Produkte effizienter werden, dann tummeln die sich alle bei Klasse A. Dort bietet diese Skala dann keine Differenzierung mehr. Und dann?
Ganz einfach, man führt die Skala mit A+ fort. Und dann A++. Und dann A+++. Das muss einem doch peinlich sein.
Jedenfalls habe ich dann neulich einen Badezimmerspiegel mit eingebautem Leuchtmittel gesehen. Und das hat Klasse A+:
Ui, das ist ja wirklich total effizient. Wenn ich jetzt andere Produkte anschaue, dann sind die eher bei D oder E. Dieser Hersteller hat ja wirklich einen tollen Vorsprung, oder?
Die große Neuordnung
Leider ist das nicht der Fall. Die EU hat die Klassen reformiert. Dort steht:
Since 2021, the current energy label with energy classes from A+++ to D are gradually being replaced with a new, simpler scale from A (most efficient) to G (least efficient).
Aha, ihnen ist also aufgefallen, dass die unteren Klassen mit der Zeit gar nicht mehr gebraucht werden, man oben aber neue Klassen braucht. Und so hat man sich überlegt, die ganzen Klassen nach unten zu schieben. Als Tabelle dargestellt das Chaos:
Vorher | Nachher |
---|---|
A+++ | A |
A++ | B |
A+ | C |
A | D |
B | E |
C | F |
D | G |
Sie haben also mit dieser Reform gar keine neuen Klassen nach oben drangebaut, sie haben einfach nur neue Namen bekommen. Dadurch ist das System weder besser noch einfacher geworden. Vielmehr haben die Klassen jetzt zwei Namen.
Das oben gezeigte Energielabel ist also schon mindestens vier Jahre alt. Man erkennt es an der Jahreszahl unten und dem Vorhandensein der Klasse A+. Das A+ dort entspricht also einem neuen C. Aber nicht zu verwechseln mit dem alten C, das ist ja jetzt ein F.
Verbraucher:innen, denen die EU zwar »Liter pro 100 Kilometer« zutraut aber keine »Lumen pro Watt«, sollen sich nun die neuen und alten Klassen merken können. Was für ein Schwachsinn.
Marketing und absolute Zahlen
Kennt ihr die Gaming-Grafikkarten von NVIDIA? Falls ja, dann sortiert doch mal folgende Modelle nach Erscheinungsdatum:
- GeForce 5800
- GeForce 580
- GeForce 5080
Das ist so ein bescheuertes System. Die wollen nicht bis zehn zählen und fangen daher immer wieder bei eins an.
Auflösung: Die drei Karten sind schon in der richtigen Reihenfolge. Sie hatten mal XY00, mit X für die Generation und Y für die Klasse innerhalb einer Generation. Dann waren sie mit der 9800 allerdings am Ende, 10800 wäre ja fünfstellig, das geht nicht. Es braucht aber immer zwei Nullen, damit die Zahl groß klingt. Sie haben dann aber nicht 1800 genommen, weil das ja verwirrend wäre. Also 180, ein neues Schema. Irgendwann kam die 580 und dann bei der 980 hatte man wieder ein Problem. Da haben sie dann aber auf die 1080 gewechselt und ich hatte schon kurz Hoffnung auf XXY0. Aber nein, die Karten danach war die 2080.
So fühlt sich das bei den Energielabels auch an, nur noch schlimmer. Es sind noch alte Geräte unterwegs, deren Label noch alt sind. Damals waren die vielleicht noch effizient, heute aber nicht mehr.
Und damit kommen wir dann zu den absoluten und relativen Zahlen. Konsument:innen wollen letztlich nur wissen, ob das ausgewählte Produkt überdurchschnittlich effizient ist. Von daher ist eine Skala, die regelmäßig auf A bis G zurückgesetzt wird, noch akzeptabel. Allerdings klappt es schon nicht mehr, wenn man Geräte gebraucht kaufen möchte und zwischendurch die Skala verändert wurde.
Daher bin ich klar für absolute Zahlen. Gebt mir »Liter pro 100 km«, »Lumen pro Watt« und so weiter. Das kann man dann gut vergleichen.
Logarithmische Skala
Oder aber gebt mir eine zeitlich konstante negativ logarithmische Skala: Wir nehmen als Grundlage das durchschnittliche Produkt im Erscheinungsjahr der Skala. Bei einem Kühlschrank mag das 400 kWh/Jahr sein. Für jedes Produkt nimmt man nun den Energieverbrauch und teilt es durch die Referenz. Nehmen wir einen Kühlschrank mit 350 kWh/Jahr. Das ist ein Verhältnis von 0,875. Davon nehmen wir den Logarithmus zur Basis 10 und erhalten -0,057. Nun multiplizieren wir den Wert noch mit -10 und erhalten so 0,57.
Diese Zahl ist ein Maß für den Effizienzvorteil gegenüber dem damaligen Durchschnittsprodukt. Die Einheit ist Dezibel (dB). Je höher diese Zahl ist, desto effizienter ist das Gerät. Wenn ein Gerät doppelt so effizient ist, dann ist die Zahl 3,01 dB höher. Eine Steigerung um 1 dB sind 25,9 % höhere Effizienz oder 20,1 % weniger Verbrauch.
Mit dieser Dezibelrechnung könnte man das ganze für die längere Zukunft machen, alle Zahlen wären vergleichbar. Ein Kühlschrank mit 115 kWh/Jahr wäre dann bei 5,41 dB. Wir können das dann auch gerne runden und »Effizienzklasse 5« nennen, wenn man das mit dem Logarithmus verstecken möchte.
Schaue man sich die Klassendefinitionen allerdings einmal an, so sind diese linear. Das bedeutet, dass sie zwar für den aktuellen Markt eine gute Einteilung bieten, die Abstände zwischen den Klassen allerdings nicht gleichmäßig sind.
Aber hey, wir haben tollen Gegenbogen-Pfeile und so. Das ist bestimmt gut für das Marketing.