Tischunterhaltung trotz Smartphones
Neulich war ich auf einer Geburtstagsfeier in einem Restaurant eingeladen. Der Jubilar wurde 60, entsprechend gehörte ich zu den eher jüngeren Gästen. Ich hätte angenommen selbst der markanteste Vertreter der »Generation Smartphone« zu sein, ich scheine da inzwischen aber eher die Ausnahme zu sein.
Im Restaurant gab es keinen Handyempfang, zumindest nicht im Netz der Telefónica. Andere am Tisch schienen auch keinen Handyempfang zu haben. Mir war das nicht weiter wichtig, schließlich wollte ich ja mit den Leuten am Tisch sprechen, sie kennenlernen und schauen, welche Themen sich so ergeben würden. Einer hatte aber am Empfang das WLAN-Passwort fotografiert und reichte es einmal herum. Fleißig tippten die Gäste um mich herum das Passwort ein, um endlich wieder verbunden zu sein.
Ich saß da ohne Smartphone in der Hand und sah dem zu. Jene, die das Passwort noch nicht hatten, warteten eifrig mit Smartphone in der Hand. Jene, die es schon eingegeben hatten, schauten nach neuen Nachrichten und beantworteten die eingegangenen Nachrichten. Sie waren komplett abgetaucht.
Während des Abends hatte ich nur einmal mein Handy rausgeholt, weil wir ein spanisches Wort übersetzen wollten. Da ich aber keinen Empfang hatte, habe ich einfach akzeptiert, dass wir das jetzt halt nicht nachschlagen könnten. Einer der anderen hat es dann gemacht. Und das Wort hat das bedeutet, was wir uns schon überlegt hatten. Es wäre kein Verlust gewesen.
Es gab immer wieder Momente im Gespräch, bei denen einer eine Anekdote erzählte. Die andere Person schien nur so halb zuzuhören und war schon bei einer eigenen Anekdote. Es wurde das Handy gezückt, und das passende Video herausgesucht. Dann hat man sich gemeinsam das Video angezeigt und noch ein bisschen darüber gesprochen. Wirklich tief schien die Unterhaltung nicht zu werden.
Ich habe versucht in vermeintlich öden Abschnitten des Gespräches weiterhin aktiv zuzuhören. Mit der Zeit kam ich in ein tiefergehendes Einzelgespräch. Dafür, dass wir uns vorher noch nie gesehen hatten, tauschten wir vertrauensvoll Dinge aus, die man vielleicht nicht jedem Fremden so erzählen würde. Das ging nur, weil man über den Abend ein Gefühl füreinander bekam und so besser abschätzen kann, was man erzählen kann, und was besser nicht.
Wenn ich da nur hinter meinem Smartphone geklebt hätte, dann wäre es gar nicht zu dieser interessanten Unterhaltung gekommen. Den anderen ist das auch aufgefallen, ich wurde darauf angesprochen wie ich gar nicht an meinem Handy wäre. Es ist schon interessant, dass anderen Leuten das auffällt und sie es für anormal halten. WhatsApp-Nachrichten beantworten kann ich aber auch, wenn ich alleine zuhause bin. Es wäre schade, wenn ich dieses interessante Gespräch nicht hätte führen können, weil ich das Smartphone nicht ein paar Stunden in der Tasche hätte lassen können.
Diese Reduktion an Smartphone-Bildschirmzeit hat mich insgesamt ruhiger gemacht. Ich habe auch viel weniger das Gefühl, etwas zu verpassen. Die Benachrichtigungen sind genau dafür da mich abzuholen, wenn ich irgendwann auf den Bildschirm schaue. Wenn ich aus alter Gewohnheit versuche mit dem Smartphone Zeit zu vertreiben, dann fühle ich mich inzwischen schon eher überfordert von dieser Berieselung. Ich stecke es dann oft wieder weg und schaue einfach irgendwo in die Ferne und lasse meine Gedanken schweifen. Das fühlt sich deutlich besser an.