Stiller Abschied von Twitter
Anfang 2020 hatte ich mich wieder bei Twitter angemeldet. Es war gerade der Jahreswechsel, die Fahrradhauptstadt 2020 war in Bonn nicht umgesetzt. Ich fing an mich über die schlechte Fahrradinfrastruktur zu empören, Bilder von besonders schlechten Stellen zu teilen. Schnell hatte ich einige hundert Follower, die gerne mit mir das Karussell der Empörung angetrieben haben. Es war anregend in dem Sinne, wie Aufregen über ein gemeinsames Ärgernis sein kann. Es gab die Illusion eines Gemeinschaftsgefühl, eines Gruppenzusammenhalts und so weiter.
Vielmehr ist es der Algorithmus von Twitter, der Nutzer*innen so mit Inhalten füttert, dass sie möglichst viel Zeit in der App verbringen. Und das habe ich, ohne darüber zu reflektieren, auch brav gemacht. Ich verbrachte viel Zeit dort, habe Kommentare unter Beiträge von Leuten geschrieben, deren Meinung mir hätte egal sein sollen. Ich ließ mich provozieren, ärgerte zurück. Alles nichts, worauf man am Ende wirklich stolz sein kann.
Irgendwann hatte ich die meisten Diskussionen schon durch, konnte absehen wann daraus werden würde. Ich habe dann nicht mehr geantwortet, Leute einfach stummgeschaltet oder direkt blockiert. Das war besser. Ich versuchte nur noch zu kommentieren, wenn ich etwas beitragen oder jemanden erreichen konnte. Aber es wurde auch langweiliger.
Ich war unterwegs in einem Medium voller Empörung, Erregung und aggressiver Dummheit; ich wollte aber besonnen sein. Das macht Twitter einem aber nicht leicht. Mit der Zeit habe ich mich beim Durchschauen des Feeds eher gelangweilt gefühlt, weil das meiste nur auf diesem psychologisch instinktiven Niveau ansprechend war. Und die wenigen Interessanten Beiträge waren entweder zu kurz oder in dem Medium etwas fremd. Leute erstellen dann Threads, und daran kann man eigentlich schon sehen, dass es das falsche Medium ist.
In letzter Zeit habe ich gar nicht mehr in den Feed geschaut. Manche Leute haben mich in Tweets direkt angesprochen, darauf habe ich reagiert. Und ich habe meine Blogeinträge geteilt. Die Reaktionen darauf wurden aber immer weniger, der Algorithmus gewichtet meine Beiträge offensichtlich deutlich weniger als vorher.
Und somit habe ich jetzt noch einen weiteren Schritt gemacht. Über die Automatisierungsplattform IFTTT habe ich den RSS-Feed meines Blogs mit Twitter verknüpft. Wenn ich also neue Beiträge veröffentliche, dann werden automatisch Tweets mit den Links abgesetzt. So können Personen meinem Blog weiterhin über Twitter folgen und auch dort kommentieren. Aber ich muss nicht mehr händisch auf Twitter gehen und dort die Links teilen.
Ich bin also nicht aus der Welt. Aber anstelle meine Zeit damit zu verschwenden mit meinungsfesten Idioten zu diskutieren versuchen, werde ich lieber mit Kommunalverwaltungen, Radentscheid und Politik arbeiten um die Verkehrswende auf die Straße zu bringen. Auf meinem Blog kann ich viel besser und mit mehr Tiefe über die Dinge berichten. Daher werde ich mich darauf konzentrieren.