Sprachliche Entmenschlichung im Straßenverkehr

Im Straßenverkehr werden Vorgänge beschrieben, als hätten Autos einen eigenen Willen. So ließt man von »dort parkenden Autos«, Unfälle bei denen »Autos von der Straße abkommen«. In Pressemitteilungen liest man »Transporter übersieht Radfahrer«. Oder auch im Straßenverkehr sagt man so Dinge wie »da kommt ein Auto von rechts«. So ganz falsch ist es ja nicht, da kommt schon ein Auto. Bei einem Satz wie »mich hat der Bus geschnitten« wirkt es aber so, als wäre da ein böswilliger Bus unterwegs. Aktuell haben wir aber keine autonome Autos mit Bewusstsein.

Vielmehr handelt es um Kraftfahrer*innen, die nicht hinreichend umsichtig waren. Und das sollte man auch so konkret benennen. Das gilt nämlich auch in die andere Richtung. Weil man aus dem Auto heraus nur das Auto vor sich sieht, aber nicht die Person darin wahrnehmen kann, ist der Umgang häufig entmenschlicht. In der Verkehrsplanung und insbesondere Tiefbau geht es nicht um die Menschen und ihre Mobilitätsbedürfnisse, es geht um den Durchfluss von Autos. Das ist weniger komplex, und lässt sich einfacher mit Computermodellen abbilden.

Bei einem Mord mit einer Schusswaffe würde wohl niemand »Person kracht in Gewehrkugel« schreiben. Bei Unfällen mit Kraftverkehr findet man aber »Radfahrer kracht in Windschutzscheibe und wird schwer verletzt« oder »Radfahrer kracht auf Kreuzung in Auto«. Diese Art der Formulierung nimmt die Person hinter dem Lenkrad komplett raus und befreit sie erstmal von Schuld.

Ähnlich wie bei der gendergerechten Sprache versuche ich hier immer bewusst von den Personen zu sprechen, es fällt mir aber nicht leicht. Ich merke, wie tief sich das eingebrannt hat. Und auch, wie es zu gewissen Schlussfolgerungen führt. Wenn man zum Beispiel irgendwo einparkt und andere Leute in Autos dahinter kurz warten müssen, mag man denken: »Du kannst die Autos nicht warten lassen«. Aber die Personen darin sind schon in der Lage mal kurz zu warten.

Achtet mal darauf, wie sehr beim Kraftverkehr Passivkonstruktionen genutzt werden. Und wie schwer es fällt, hier immer die Kraftfahrer*innen zu benennen.