Siegtal Pur 2022

Einmal im Jahr, wenn nicht gerade Pandemie ist, wird am ersten Sonntag im Juli die große Straße im Siegtal für den Kraftverkehr gesperrt. Und dann kann man dort gut 100 km mit dem Fahrrad auf feinstem Asphalt fahren, ohne von Autos bedrängt zu werden. Auf der Webseite von Naturregion Sieg steht zu der Aktion:

Die Naturregion Sieg – einen Tag ganz für euch

Erlebt den autofreien Sonntag „Siegtal pur“!

Zusammen mit dem 9-EUR-Ticket (plus Fahrradkarte für 2,85 EUR) sind wir dann mit der Bahn bis nach Siegen gefahren. Dort angekommen, hatten wir eine ganz freie Bundesstraße, nur für Radfahrer*innen und alle anderen, die dort ohne Kraftfahrzeug sein wollten.

Das ganze wurde mit breiter Unterstützung von Polizei, Technischem Hilfswerk, diversen Rettungsdiensten und Feuerwehr begleitet. Regelmäßig standen Einsatzfahrzeuge mit Ersthelfer*innen, die bei dem heißen Wetter auf die Sicherheit der Teilnehmenden geachtet haben.

Die Zufahrten wurden teilweise auf unmissverständliche Weise für den Kraftverkehr gesperrt, hier zum Beispiel mit einem Sattelschlepper quer im Weg:

So haben wir uns sehr sicher und frei gefühlt, wann hat man schon einmal drei überbreite Fahrstreifen nur zum Fahrradfahren?

Gut, bei einer Demo hat man das, aber da ist die Geschwindigkeit deutlich langsamer. Hier gab es kein definiertes Pulk, man konnte einfach seine Geschwindigkeit fahren, Platz zum Überholen gab es immer genug.

Die Ortsdurchfahrten waren nicht mehr laut, es war alles ruhig. Die Leute saßen teilweise vor ihren Häusern, es gab ja etwas zu gucken und nicht nur Lärm und Gestank. Die Anwohner*innen scheinen das teilweise sehr genossen zu haben.

Entlang der langen Strecke waren immer wieder Stände und Buden aufgebaut, es gab Würstchen, Pommes und Bier. Letztlich also ein Volksfest, aber ein sehr langes.

Entlang der Strecke konnte man immer wieder die Eisenbahn sehen, die noch mehr Touristen entlang der Strecke transportiert hat. Wir hatten einen der Sonderzüge direkt am Morgen genommen, der war auch brechend voll mit Fahrrädern.

Und natürlich hatte man auch immer wieder einen tollen Blick auf die Sieg:

Einen kurzen Abschnitt gab es, der nicht mehr asphaltiert war:

Dort hatten sie aber dann auch über die Bäche eine Brücke aufgebaut. Wenn man wollte, konnte man aber auch direkt durch den Bach fahren:

THW oder DLRG haben auch für das Event eine Brücke gebaut, das war ebenfalls sehr cool:

Und bei den ganzen Brücken hatte man auch immer wieder besondere Ausblicke auf die Sieg:

Es war eine super Tagestour, wir sind gut 100 km an der Sieg gefahren:

Bisher bin ich immer nur bis Rosbach gefahren, das liegt ungefähr in der Mitte der Strecke. Bis dahin gibt es Radwege, danach ist es nur noch Mischverkehr mit Tempo 100. Das macht dann drastisch weniger Spaß. Jetzt aber, ohne Autoverkehr, konnte man dort sicher fahren. Ich habe deutlich gemerkt, wie viel weniger kognitive Last auf mir liegt, wenn ich nicht ständig mit dem Autoverkehr rechnen muss. Ich muss nicht damit rechnen, dass ich knapp überholt werde. Ich muss bei Gegenverkehr nicht Angst haben, dass ich geschnitten werde. Ich hatte keine Angst davor, angehupt zu werden und mich zu erschrecken. Ich musste keine Ausschau nach Radwegen halten, die meist auf einer Seite enden und auf der anderen Seite wieder anfangen, wenn überhaupt. Ich musste keine kleinen Wegweiser lesen, die riesigen an der B 62 waren viel klarer.

Heute konnte man ganz viele Leute sehen, die man sonst nicht im Alltagsverkehr auf dem Fahrrad sieht: kleine Kinder, ältere Leute, unsichere Radfahrer*innen. All diese Leute fahren sonst wahrscheinlich deutlich weniger mit dem Fahrrad, und nutzen die Gelegenheit.

Für mich war das auch ein Ausblick darauf, wie entspannt eine Umgebung mit deutlich weniger Autoverkehr sein könnte. Es verdeutlich auch, wie viel Belastung der Autoverkehr eigentlich mit sich bringt. Ich hoffe, dass dieser Tag viele Menschen inspirieren konnte, sich eine Zukunft mit weniger Autoverkehr vorzustellen.