Radweg an der Siegburger Straße

Aktuell fahre ich mehrfach die Woche von Endenich nach Holzlar. Auf dem Weg fahre ich ein Stück auf der Siegburger Straße vorbei, einer wichtigen Verbindung mit Autobahnzugang. Von der Beueler Rheinseite kommend kann man wunderbar den Bröltalbahnweg nehmen und kommt dann am linken Ende der eingezeichneten Strecke heraus. Ab dem rechten Ende geht es dann nach Holzlar weiter.

Diese Stelle eignet sich großartig für eine verkehrsarchäologische Untersuchung. Fangen wir auf der östlichen Seite der Strecke an. Dort fährt man von Holzlar entlang eines benutzungspflichtigen Radwegs und hat es relativ komfortabel und sicher. Kurz nach der Autobahnabfahrt kreuzt man die Maria-Montessori-Allee. Der gemeinsame Geh-/Radweg wird zu einem Gehweg mit »Radfahrer frei«. Dort beginnt die rote Linie auf der Karte. An dieser Stelle steht natürlich ein entsprechendes Schild:

Das Haus sorgt für eine Engstelle. Der dort falsch geparkte weiße Smart macht die ganze Sache nur noch brenzliger. Kurz hinter dem Haus säumen schöne Bäume den Gehweg. Damit diese genug Wasser und Luft in die Erde bekommen, wurden die Baumscheiben entsprechend groß angelegt. Dies ist für einen Gehweg vollkommen in Ordnung, für einen Radweg ist das einfach zu schmal. Aber die aktuelle Beschilderung passt ja!

Der Beschilderung nach ist man als Radfahrer nicht gezwungen dort zu fahren, man darf es aber unter Rücksichtnahme. Jetzt fahren aber relativ viele Radfahrer auf dieser Stecke (so wie die Person auf dem Foto oben). Autofahrer könnten hier davon ausgehen, dass die Radfahrer auf den Gehweg gehören.

An der nächsten Kreuzung ist eine rote Fläche aufgemalt, die kreuzende Autofahrer darauf aufmerksam machen soll, dass hier Radfahrer kreuzen. Dies verstärkt den Eindruck, dass der Gehweg für Radfahrer benutzungspflichtig wäre. Das angebrachte Schild weist natürlich das Gegenteil aus, aber die meisten Autofahrer scheinen die Abstufungen der Fahrradinfrastruktur nicht zu kennen. Siehe auch den Artikel zu Schutzstreifen.

Auf dem obigen Bild kann man ebenfalls eine Person sehen, die uns mit dem Fahrrad entgegen kommt. Dazu später noch mehr. Wir passieren nun nach dieser Kreuzung eine Bushaltestelle. Interessanterweise ist der Gehweg hier in zwei unterschiedlichen Texturen gestaltet: Links Asphalt und rechts Gehwegplatten. Nach der Bushaltestelle wartet noch ein Baum, dessen Baumscheibe mit Pollern gegen Falschparker geschützt ist.

Da der ganze Gehweg für Radfahrer freigegeben ist, könnte man links oder rechts am Baum vorbei fahren. Jedoch wirkt es links wie ein Radweg, also fahre ich immer links.

Danach geht es geradeaus. Auch hier weiterhin links Asphalt und rechts Gehwegplatten. In der Kreuzung kann man auf dem Boden ein entferntes Symbol (Geh-/Radweg in beide Richtungen) erkennen. Das könnte erklären, warum uns die Person eben auf Rad entgegen gekommen ist. Das hier war früher einmal in beide Richtungen freigegeben. Und womöglich sogar als getrennter und nicht gemeinsamer Geh-/Radweg. Vor dem Supermarkt stehen immer wieder Falschparker auf dem Gehweg. Die an sich schon knappe Verkehrsfläche wird dadurch noch mehr eingeschränkt. Hat man diese passiert, so steht man an einer Ampel, die über die Gartenstraße führt.

Hier ist lobend zu erwähnen, dass die Radfahrer eine eigene Ampel (1) haben. Diese schaltet auch etwas früher auf Grün, sodass »Übersehen« beim Rechtsabbiegen hier nicht passieren sollte. Zudem ist die Haltelinie (2) vorgezogen, sodass Radfahrer auch beim Warten vor den Autofahrern stehen. Auf dem Boden sieht man blaue Farbe und ein Piktogramm für Radverkehr in beide Richtungen (3). Blaue Farbe ist älter als rote Farbe, somit wurde diese schon deutlich früher angebracht als die rote Farbe weiter östlich. Über der Ampel ist noch ein Schild (4), was dort wohl drauf steht?

Nun bin ich über die Ampel gefahren und schaue noch einmal zurück. Die Rückrichtung dieser Straße ist nämlich das wirklich interessante. Ich habe die Richtung von Ost nach West zuerst beschrieben, weil dort auch der Gehweg angebracht ist. Schauen wir also noch einmal über zurück zu der obigen Ampel und blauen Markierungen.

Die Markierungen (1), die den Radverkehr in beide Richtungen signalisieren, sind im Gegenlicht nur schwerer zu erkennen. Ein Radfahrer, der von Westen kommt, sieht also ziemlich prominent diese Markierungen. Zudem ist auf der gegenüberliegenden Seite eine Ampel für Radfahrer (2) angebracht. Ich soll also auf der linken Straßenseite die Kreuzung überqueren. Man könnte durchaus meinen, dass man dann einfach weiter geradeaus fahren darf und sogar soll. Nun, da ist aber noch das Schild (3), das auf einen reinen Gehweg hinweist. Kein »Radfahrer frei«. Jedoch ist die Anlegung mit Gehwegplatten und Asphalt schon so, wie man es von geteilten Wegen kennt. In Bonn sind viele Radwege lächerlich schmal, von daher wird auch niemand stutzig, ob der nicht zu schmal für beide Richtungen wäre.

Mich hat es ebenfalls irritiert. Also habe ich bei der Stadt Bonn nachgefragt. Und eigentlich ist es schon vernichtend für Infrastruktur, wenn Radfahrer nachfragen müssen, wie es eigentlich gemeint ist. Seitens der Stadt wurde ich darauf hingewiesen, dass ich ja noch eine Fahrradampel über die Siegburger Straße selbst (4) habe. Ich soll dort also nochmal an der Ampel warten und die Straße überqueren. Dann fahre ich auf dem Schutzstreifen, der dort angelegt ist.

Dieser Schutzstreifen ist aber schmal, die ganze Landstraße ist schmal. Also kommt es zu Überholmanövern wie beim ersten Beispiel im Artikel Schutzstreifen. Der Schutzstreifen alleine weist schon darauf hin, dass die linke Seite nicht benutzungspflichtig sein kann.

Insgesamt bin ich mit dieser Situation sehr unzufrieden. Irgendwann früher einmal war das Radfahren Richtung Osten auf dem Gehweg erlaubt oder gar angeordnet. Die schmale Straße war dann kein Problem, Radfahrer haben dort nicht gestört. Dann fiel wohl jemandem die geringe Breite des Gehwegs auf. Somit konnte der nicht mehr benutzungspflichtig sein, und auch nicht mehr freigegeben. Auch für die Gegenseite wurde sie nicht mehr benutzungspflichtig. Das ist auch vollkommen richtig, eine Benutzungspflicht wäre sofort hinfällig. Nun haben sich die Autofahrer aber daran gewöhnt, dass man auf dieser Straße das Hausrecht hat. Die Radfahrer trauen sich nicht so ganz und fahren auf dem Gehweg.

Und auch bei der Gegenseite hat man nur den gefährlichen Schutzstreifen. Zudem ist die Führung an der Ampel sehr irritierend und nicht alle Widersprüche im Vorbeifahren aufzulösen. Somit kann man beobachten, wie viele Radfahrer illegal auf dem Gehweg nach Osten fahren.

Die Infrastruktur hier ist beschissen. Es sind einfach nur Resteflächen aneinandergebaut. Die Straße ist gerade und klar, wie ein Filetstück. Und die Radfahrer bekommen das Äquivalent von Formfleischvorderschinken vorgesetzt. Es ist besser als nichts, aber auch nicht genug um gut zu sein. Würde man hier mehr fordern, so bekäme man bestimmt zu hören, dass es doch schon genug gibt, man kann als Radfahrer ja auswählen, ob man nach Westen auf dem Gehweg oder der Straße fahren möchte. Und in die andere Richtung hat man einen ach so tollen Schutzstreifen.

Man hat nach Osten drei Optionen:

  1. Man fährt ganz auf dem Schutzstreifen, scharf rechts auf der Fahrbahn. So akzeptieren es die Autofahrer und danken es mit knappen Überholmanövern. Spricht man man einer knappen Situation einen Autofahrer an, darf man sich eine Variation von »ist doch nichts passiert« anhören. Zudem muss man an man zwei Ampelphasen abwarten. Dies ist legal, aber gefährlich.

  2. Man fährt auf dem Rand oder neben dem Schutzstreifen. So kann man nicht mehr knapp überholt werden, jedoch wird man abgehupt und teilweise erzieherisch geschnitten. So hat man dann trotzdem die zwei Ampelphasen.

  3. Man fährt einfach geradeaus. Das ist zwar verboten, man spart sich die zweite Ampelphase. Man muss auf die Fußgänger Rücksicht nehmen, die sollen schließlich nicht ausbaden, dass die Infrastruktur für Autos optimiert ist. An den Kreuzungen muss man besonders aufpassen, dass man von abbiegenden Autofahrern nicht übersehen wird. Eigentlich ist das die komfortabelste Lösung, jedoch nicht (mehr) erlaubt.

Aber ob die Stadt Bonn hier überhaupt ein Problem sieht und vielleicht irgendwie die Infrastruktur ändert? Ich bezweifele es …