Stressfaktor Oxfordstraße und Bornheimer Straße

Seit kurzem habe ich einen Pulsmesser, und den hatte ich neulich bei einer Erledigungstour in die Stadt getragen. Ich wollte zum Globetrotter in der Vorgebirgsstraße, das ist im Westen der Stadt. Ich wohne ganz im Osten, ich musste also einmal durch das Zentrum. Und da bin ich dann ganz todesmutig einfach Bertha-von-Suttner-Platz, Oxfordstraße, Berliner Freiheit, Bornheimer Straße entlang gefahren.

Für die, die sich in Bonn nicht auskennen, hier mal ein paar Eindrücke entlang der Strecke. Das hier ist der Bertha-von-Suttner-Platz Richtung Westen:

Foto Bertha-von-Suttner-Platz

Man hat einen Schutzstreifen, der zum Überholen ohne Sicherheitsabstand einlädt. Dann hat man noch eine Dooring-Zone beim Taxistand. Dort stand an jenem Tag aber nur ein Lieferwagen.

Die Oxfordstraße hat nur einen markierten Fahrstreifen, ist aber fast breit genug für zwei Autos. Da kann man sich den Platz nehmen, aber manchmal fahren die Leute dort auch zu zweit nebeneinander.

Foto Oxfordstraße

Wirklich geil ist das echt nicht. Und dann ist da seit neustem ein Logistikzentrum eines Fahrradkurier-Supermarktes, die dort auch eher unkontrolliert auf die Fahrbahn kommen. Da muss man echt mehr Platz zum Gehweg lassen.

Dann kommt noch die Berliner Freiheit vor dem Stadthaus. Da sind wieder zwei Fahrstreifen, und wieder nur so ein Schutzstreifen.

Foto Berliner Freiheit

Dieser lädt auch wieder zum knappen Überholen ein. Das stresst.

Und die Bornheimer Straße ist ebenfalls mit viel Dooring-Zone.

Auf Strava kann man sich dann die Karte, Geschwindigkeit und Herzfrequenz zusammen für diesen Abschnitt anschauen:

Strava Analyse Cityring

Man kann unten links sehen, dass mein Durchschnittspuls auf dem Abschnitt bei 162 Schlägen/Minute war. Dabei war meine Durchschnittsgeschwindigkeit mit 26,4 km/h nicht so extrem hoch. Ich war einfach extrem gestresst. Ich wollte mir meinen Platz nehmen, und bin immer mittig im Fahrstreifen gefahren. Dadurch hat mich keiner knapp überholt. Angehupt hat mich auch keiner. Trotzdem hatte ich dieses sehr unangenehme Gefühl, dass die Autofahrer*innen mir im Nacken saßen.

Kontrast

Das ganze muss man mal mit dem Abschnitt davor anschauen. Da bin ich auf der rechtsrheinischen Seite den Bröltalbahnweg entlang gefahren. Der sieht so aus:

Foto Bröltalbahnweg

Und wenig überraschend war mein Puls dort deutlich geringer, nur 137 Schläge/Minute.

Strava Analyse Bröltalbahnweg

Dort fühle ich mich wohl, kann in Ruhe fahren und habe keine Angst um meine körperliche Unversehrtheit oder auch einfach die implizite Androhung von Gewalt durch Autofahrer*innen.

Übersicht

Man kann das ganze nochmal in der Übersicht anschauen. Dort sieht man dann in der Geschwindigkeit, dass in der ersten Hälfte die Geschwindigkeit viel gleichmäßiger ist, schließlich gibt es auf dem Bröltalbahnweg keine Ampeln. Und selbst bei der Steigung die Brücke rauf war mein Puls nicht so hoch, wie er dann wurde. An den zwei Halten an Ampeln ist der auch nicht mehr so wirklich runter gegangen.

Strava Analyse Alles

Es ist einfacher purer Stress dort.

Details

Und im Detail können wir auch noch ein paar Stellen anschauen. Am Bertha-von-Suttner-Platz bin ich dort gerade losgefahren, ungefähr auf Höhe des obigen Fotos. Ich habe mir meinen Platz genommen, hatte aber einen mit einem leisen Elektroauto hinter mir. Der hat dann einen ganzen Fahrstreifenwechsel gemacht, bevor er mich überholt hat. Das hat mir aber schon angefangen zuzusetzen.

Ich bin auch etwas schneller gefahren, als ich wollte, damit ich das Risiko reduziere, angehupt oder geschnitten zu werden. Meine 30 km/h dort sind nicht die 55 km/h, die der normale Stadtverkehr hat, aber schneller als vielleicht 16 km/h.

Dann weiter bei der Berliner Freiheit war mein Puls durch das schnelle Fahren (Ampel Einmündung Kölnstraße war grün) und den Stress dann schon bei über 170/min, Geschwindigkeit weiterhin gleich.

Dann kam die Ampel vor der Bornheimer Straße. Die war rot, sodass ich mich dort etwas sammeln konnte. Der Puls ging auf 158/min herunter, was noch immer sehr hoch ist.

Bis zum Hochstadenring war ich dann wieder bei 170/m, weil dieser enge Schlauch mit den parkenden Autos links und rechts wieder Überwindung kostet. Fährt man nah an den parkenden Autos, wird man durch knappe Überholmanöver belohnt, und bringt sich selbst in Gefahr. Fährt man aber außerhalb des Schutzstreifens, so wird man wie Freiwild behandelt. Beides super furchtbar.

Fazit

Ich hasse diese Strecke. Sie ist nur leider die direkte Verbindung von Ost nach West, und daher fahre ich sie dann doch manchmal. Die Alternativen sind alle super kleinteilig zu fahren, teilweise auch Fußgängerzone (Friedrichstraße). Daher beiße ich da meist die Zähne zusammen und ertrage den Stress.

Eigentlich wäre es ganz einfach: Ich lasse mich von den Autofahrer*innen nicht mehr stressen. Ich nehme mir meinen Platz, und wähle meine Geschwindigkeit selbst. Sollen die doch warten, hupen, sich aufregen. Warum soll ich mich so devot verhalten, nur weil die Autofahrer*innen dort zwei Fahrstreifen haben, anstelle von einem Fahrstreifen und einem breiten Radweg? Soweit die Theorie.

In der Praxis schaffe ich es aber nicht, das abzulegen. Damit bin ich bestimmt nicht alleine. Ich kenne viele Personen, die dort erst gar nicht langfahren, weil ihnen das wahnsinnig gefährlich und stressig vorkommt. Und daher wünsche ich mir getrennte und geschützte Infrastruktur wie in den Niederlanden.