Performative Kunst – Vorträge und Blogeinträge
Es gibt performative Kunst, die sich in Echtzeit entwickeln muss. Das kann ein Klavierspiel oder Gesang sein. Und dann gibt es Gemälde, die das nicht müssen. Die Verbindung zu Vorträgen und Blogartikeln finde ich interessant, weil sie meine Präferenz erklärt.
Ich saß in einem Klavierkonzert und hörte verschiedenen Leuten zu, wie sie auf ihre jeweils eigenen Arten Beethoven interpretierten. Ich verstehe nicht sonderlich viel von Musik, daher hörte ich ziemlich unvoreingenommen zu und fand einige Dinge ansprechend und andere nicht. Die Pianisten hatten teilweise noch kleine Vorträge gehalten und Dinge erzählt.
So hatte ein Professor für Klavier wahrscheinlich grundlegende aber für mich neue Dinge erzählt. Er erklärte, dass Klavierspiel performative Kunst sei, sich das Werk also mit der Zeit über das Stück hinweg entwickelt und das Werk nicht am Stück dort stehe, sondern die Performance, die Aufführung, das Werk sei. Das würde Musik von Malerei abgrenzen. Dort stünde man vor einem Gemälde und würde immer wieder neue Dinge im Bild entdecken, allerdings sei das Werk so fertig und es wäre eben keine Aufführung.
Das hat genau auf den Punkt gebracht, was mich an Vorträgen stört und ich an Texten mag. Bei einem Vortrag ist die Zeit von außen vorgegeben, es wird vorgetragen. Ich bin sozusagen der Aufführung des Vortragenden ausgeliefert. Wenn der Vortrag gut ist, dann ist das schön. Wenn der aber nur mittelmäßig ist, finde ich das ziemlich schwer zu ertragen. Die meisten Vortragenden sind leider schlecht bis maximal mittel, sodass ich das Format einfach nicht mag. Einen Text hingegen kann ich so schnell und langsam lesen, wie ich mag. Ich kann zurückspringen. Und beim Verfassen des Textes kann man auch zu jeder Zeit jede Stelle nochmal verändern. Damit kann man, wie bei einem Gemälde, hier und da noch Korrekturen vornehmen.
Ich selbst schreibe gerne Blogeinträge, weil ich da den Text so erstellen kann, wie ich das möchte. Ich kann Bilder einfügen. Und vor allem kann ich den Text noch einmal aktualisieren, falls ich das möchte. Die Artikel lesen ist auch etwas, was man selbstbestimmt tun kann. Zudem ist es auch noch mit aktueller Technik einfach zu durchsuchen und aufzufinden. Texte sind nicht performativ.
Ähnlich mag ich auch Podcasts, Audiobücher oder Videos nicht so gerne. Dafür aber Zeichnungen, Fotografien oder Infografiken. Mich stört die inhärent eingebettete Zeitdimension bei jenen Medien. Ich bin anscheinend jemand, der nicht-performativen Wissenstransfer bevorzugt. Aber die Verbindung konnte ich erst durch den Impuls vom Klavierkonzert machen.