Paketannahmestelle im Wohnhaus

Ich wohne in einem Mietshaus mit zwei Handvoll Parteien. Und eigentlich kommt jeden Tag mindestens ein Paket hier an. Ich bin der einzige, der fast jeden Tag Zuhause ist, weil ich von Zuhause arbeiten kann. Und so kann ich mir relativ sicher sein, dass gegen 12:00 Uhr der erste Zusteller klingelt und ein Paket für eine andere Partei abgibt. Häufig kommt dann noch der zweite Zusteller und gibt für eine andere Partei etwas ab. Manchmal bekomme ich natürlich auch selbst Pakete.

Die Zusteller*innen haben schon gemerkt, dass ich meist da bin. Und so klingeln sie zwar noch bei den anderen Parteien, aber dann schnell bei mir. Da wir hier im Haus diese alten 50 Hz Wechselstrom-Brummer haben, hört man die Klingeln der anderen Parteien. Und so weiß ich, dass ich schon aufstehen und die Tür öffnen kann.

Früher haben sie mir die Pakete noch in die Hand gedrückt, nach meinem Namen gefragt, es auf eine Benachrichtigung geschrieben. Dann standen meine Nachbar*innen vor der Wohnungstür und haben sich die Pakete abgeholt. Ich habe mit allen dann aber geklärt, dass ich die auch vor die Tür stellen darf. Die Zusteller*innen haben das dann mitbekommen und stellen jetzt einfach selbst vor die Tür. So haben wir meist im Flur immer die gleiche Unterhaltung. Ich mache auf, rufe »Hallo!« in den Flur. Dann wird »Paket für Nachbar/-in, ich stelle es vor die Tür« hochgerufen. Ich wünsche einen schönen Tag, bekomme einen schönen Tag gewünscht, und fertig.

Seit längerem gibt es das Konzept des Paketbriefkastens. Die Packstation ist so etwas zentralisiertes, aber es gibt auch große Paketkästen an Häusern. Oder Konzepte, dass man ein Paket in einen Autokofferraum einlegen kann. Leute mit Garage haben teilweise auch definierte Ablageorte, an denen die Zusteller*innen die Sendungen einfach ablegen.

Ich frage mich häufig, warum ich eigentlich die Tür öffnen muss. Es ist irgendwie ein System, das nicht zum Ende gedacht ist. Die Zusteller*innen fahren mit großen Autos durch die Gegend, finden keine Parkplätze. Sie treffen die Empfänger*innen aber auch häufig nicht an, müssen es dann bei anderen Parteien abgeben.

Ich selbst bestelle aktuell nicht zur Packstation, weil die einfach zu weit weg ist. Die Packstation in Holzlar ist auf dem Parkplatz eines Lidls an der Landstraße. Das ist gut für die Leute mit Auto auf dem Rückweg nach der Arbeit. Zudem macht es auch wenig besser, weil die anderen Leute hier mehr Pakete bekommen als ich. Und aufhören deren Pakete anzunehmen fände ich auch fies.

Wenn es eine Packstation alle 50 bis 100 m geben würde, wäre das sehr praktisch. Dann könnten die Zusteller*innen einen höheren »drop factor« haben, also mehr Sendungen pro Halt zustellen. Sie würden ihre Sendungen auch immer los. Und niemand müsste sein Haus nachrüsten und einen Paketkasten einrichten.

Die Frage ist natürlich, wo diese Dinger aufgestellt werden könnten. Man könnte dafür öffentliche Parkplätze umwandeln. Weitere öffentliche Flächen wird es wohl nicht systematisch geben. Man könnte sie gegen eine Miete in Vorgärten aufstellen. Aber ob die Kosteneinsparungen durch die Effizienzsteigerung der Zusteller*innen für die Miete reichen würde, weiß ich nicht. Zudem müssten dann auch genügend Vermieter*innen dem zustimmen. Falls die Kosten höher sind, müssten Empfänger*innen oder Versender*innen zusätzliche Kosten bezahlen, dazu ist man wohl auch nicht bereit.

Und so fühlt es sich so an, als würden hier Kosten für ein Geschäftsmodell vergesellschaftet. Die Gesellschaft erträgt die aus Zeitdruck behindernd abgestellten Zustellfahrzeuge, Leute wie ich öffnen ein bis zweimal täglich die Tür, damit alle Zusteller*innen ihre Pakete im Haus loswerden können. Die Unternehmen sparen sich die Entwicklung und Betrieb von Packstationen auf öffentlichen oder privaten Flächen. Ich sehe aber nicht, wie ich das als Einzelperson ändern kann. Und so werde ich wohl weiterhin die Pakete für das ganze Haus annehmen und immer zucken, wenn es bei den Nachbarn klingelt.