Nicht über Geld reden hat Konsequenzen

In Deutschland redet man ja nicht über Geld, wahrscheinlich weil das unanständig wäre. Und das hat bezüglich der Bildung über Finanzthemen echte Konsequenzen von denen insbesondere die mit mehr Geld profitieren.

Als Kind habe ich schnell gelernt, dass man über Geld nicht redet. Man redet nicht darüber, wie viel Gehalt man bekommt. Man spricht nicht darüber, wie teuer irgendwelche Dinge waren. Wenn jemand über Geld spricht, dann sei die Person direkt angeberisch, unanständig oder sonst was. Das habe ich dann entsprechend übernommen.

Dann habe ich studiert. Unter Student:innen ist es schon okay, so ein klein bisschen über Geld zu sprechen. Da ja alle eher wenig haben, macht man da auch eher nichts falsch. Man darf sich darüber austauschen, wie man mit seinem wenigen Geld so über die Runden kommt. Wenn man da etwas mehr hat, dann hat man sich aber auch zurückgehalten.

Nun arbeite ich seit einigen Jahren und habe eine ganz neue Perspektive darauf. Plötzlich sind Beträge, über die man wirklich lange nachdenkt, nicht mehr drei- sondern sechsstellig. Und da wird es dann schnell böse, wenn man nicht tausendmal besser mit Geld umgehen kann. Aber woher soll das kommen?

Ich hatte irgendwann einen Job in der freien Wirtschaft, einige Freunde noch nicht. Und da man weiß, dass man mich zu Finanzen fragen kann, haben die mich dann bezüglich Geld immer wieder gefragt. Eine häufige Frage war, welches Gehalt man denn in einer Bewerbung fordern könnte. Und da merkte ich immer wieder, dass die meisten wenig Ahnung über ihre Branche haben.

Klar, die Arbeitgeber halten sich da bedeckt. Sie schreiben teilweise auch die (nicht haltbare) Klausel, dass man nicht über sein Gehalt reden dürfte. Und somit reden Leute nicht mit ihren Kolleg:innen, nicht mit ihren Freund:innen und teilweise auch nicht in der Familie. Wie soll man so wissen, welche Gehälter es so gibt und was angemessen ist?

Und so werden dann teilweise viel zu niedrige Gehälter in die Bewerbungen geschrieben. Falls sie den Job so bekommen, macht das die Gehälter der anderen Leute mittelfristig kaputt. Die Arbeitgeber freuen sich natürlich.

Oder Leute, die sich überlegen selbstständig zu machen und Stundenlöhne ansetzen, wie es eine angestellte Person machen würde. Kann man machen, aber wovon finanziert man die ganzen Sozialabgaben, Steuern, Krankheits- und Urlaubstage? Und dann noch die ganze Zeit, die man für und nicht bei den Kund:innen arbeitet?

Das andere ist auch die mangelnde Übersicht über den Wohnungsmarkt. Da ist ein gesundes Wissen darüber, welche Mieten aktuell so gefragt werden, durchaus hilfreich. Und auch beim Kaufen eines Hauses ist es gut zu wissen, was so auf dem Markt los ist. Dazu kommt dann halt noch grundlegendes Wissen zu Krediten und Zinsen.

Als nächstes ist es haarsträubend, wie Leute ihr Geld anlegen. In teuren Kapital-Lebensversicherungen verbrennen sie Geld, in teuren aktiven Fonds ebenfalls. Oder sie haben Anlagen mit Wertsicherung, die viel zu wenig Rendite bringt aber zusätzliche Kosten hat. Das macht mich auch immer eher traurig. Aber über Geld redet man nicht mit Freund:innen und entsprechend macht man die Makler:innen über die Provisionen reich.

Eine weitere Sache ist Steuererklärung. Ich habe wirklich bei nichts so einen tollen Stundenlohn. Das kostet mich vielleicht 4 Stunden insgesamt und ich bekomme über 1000 EUR netto raus. Das muss man erstmal mit etwas anderem schaffen. Klar, es ist Papierkram. Ja, man muss seine Rechnungen aufheben. Aber mit einer netten Software (ich nutze aktuell Wiso Steuer von Buhl) ist das voll machbar. Aber anstelle sich das zu machen, schenkt man lieber dem Staat tausende EUR und das jedes Jahr.

Und dann haben wir noch gar nicht über die gesellschaftlichen Aspekte gesprochen. In Deutschland sind Einkommenssteuerbescheide geheim. In Schweden und Finnland sind die öffentlich und man kann sehen, was die anderen verdienen und an Steuern bezahlen. Gegen diese Transparenz hätte ich nichts. Vor allem würde die aufzeigen dass die Mittelschicht nicht zu den reichen Leuten gehört, sondern die gutgestellten Arbeiter:innen sind. Da würde es dann eher eine Mehrheit für eine Reichensteuer geben können.

Von daher wäre ich da für einen sanften Mentalitätswandel hin zu mehr Offenheit bezüglich Finanzen zu haben. In meinen bisherigen Unterhaltungen hatte ich den Eindruck, dass das eine gute Sache wäre. Denn egal ob man über Geld redet oder nicht – jene mit viel Geld wissen, was sie damit tun.