Neue Aufteilung im Depot

Ich habe meine Anlagestrategie überdacht und radikal vereinfacht. Jetzt bin ich deutlich glücklicher mit einem Ein-ETF-Depot.

Im Jahr 2013 hat sich ein Kommilitone bei Tecis als Versicherungsmakler selbstständig gemacht. Er hat mich dann auch beraten. Rückblickend bin ich mit der Beratung unzufrieden, aber das ist eine andere Geschichte. Jedenfalls hat es mich auf das Thema aufmerksam gemacht und einen Prozess angefangen, von dem ich jetzt noch profitiere. Er hat es auf jeden Fall geschafft, dass ich mich von dem Telekom-Aktien-Trauma meiner Elterngeneration lösen konnte und Aktien nicht mehr für Teufelszeug hielt.

Angefangen habe ich in mit einem Depot mit vier Fonds. Zwei sehr konservative Fonds mit eher Anleihen. Und dann noch zwei ziemlich konservative Fonds, die nur so ein ganz bisschen Rendite bringen würden. Das ganze dann mit bis zu 5 % Ausgabeaufschlag. Man zahlt also fast 5 % der Investitionssumme an den Berater. Erschien mir damals nicht weiter schlimm. Ich war ja auch dankbar für die Beratung.

Bei der Beratung waren ein paar gute Lehrsätze dabei:

  • Breite Streuung senkt das Risiko.
  • Absicherungen gegen Verlust kosten Rendite.
  • Nur 20 % der Fonds schaffen es, den Markt zu schlagen. Man kann nur sehr schwer wissen, welche das sein werden.

Wenn man sich das Depot einmal mit diesen Sätzen anschaut, dann ergab das mit meiner damalig niedrigen Risikobereitschaft irgendwie Sinn.

Mit der Zeit habe ich festgestellt, dass es nicht innerhalb von Wochen zum Totalverlust kam. Ich wurde über die Jahre mutiger. So hatte ich dann irgendwann 10 Fonds. Einige relativ aggressive Aktienfonds. Die Rendite war auch okay. Ich hatte dann aber auch noch diverse andere Fonds, die dann eher gemächlicher und sicherer waren. Einzelne hatten auch ziemlich spezielle Nischen. Einer war in Frontier Markets, ein weiterer hat versucht irgendwelche Schlupflöcher in Bedingungen zu finden und diese zu nutzen.

Dann habe ich mich selbst noch etwas informiert und bin zu den Videos von Finanzfluss und Finanztip gekommen. Beide kann ich empfehlen. Und die haben einige weitere Lehrsätze Dinge gebracht.

Aktiv verwaltete Fonds haben ziemlich hohe Kosten für einen Fondsmanager. Die meisten Manager können aber nicht systematisch den Markt schlagen. Schlussendlich können sie ihre Kosten nicht dauerhaft reinholen. Die richtigen Fonds auswählen geht immer erst hinterher.

Daher schlagen sie vor erst gar nicht den Markt schlagen zu wollen. Man hängt sich mit einem Indexfonds an einen Index dran. In Deutschland am bekanntesten ist der DAX. Man hat einen Fonds, der einfach Aktien der DAX-Unternehmen kauft. Wenn der DAX steigt, dann steigt auch der eigene Fonds. Man hat also effektiv ein DAX-Depot angelegt, muss sich aber nicht kümmern. Ähnliche Indizes gibt es auch mit dem S&P 500 in den USA, und eben den Indices von MSCI und FTSE. Dazu gleich mehr.

Man kauft nun einen sogenannten ETF (Indexfonds) auf einen dieser Indizes. Diese haben eine laufende Kostenquote von 0,2 % und sind damit deutlich günstiger als aktive Fonds, die teilweise bit 5 % Quote haben. Ein teurer aktiver Fonds müsste den Markt also jedes Jahr um mehr als 4,8 % schlagen, damit sich das ganze lohnt. Und das ist schlicht unrealistisch.

Anbieter dieser Indexfonds gibt es viele, und letztlich ist es egal, welchen man nimmt. Die haben alle ähnliche Kosten, die Details sind dann nur marginal unterschiedlich. Wichtig ist, welche Anbieter die eigene Depotbank günstig anbietet. Und bei mir ist das eben iShares.

Wir haben also hier ein paar Lehrsätze:

  • Aktive Fonds können nicht ständig den Markt schlagen.
  • Mehr Zeit im Markt ist besser als versuchen den richtigen Zeitpunkt abzupassen.
  • Passives Investieren spart Kosten.
  • Lieber günstig am Markt teilhaben als versuchen diesen zu schlagen.

Risikokontrolle über Tagesgeld

Einer meiner Kollegen hat mal etwas cleveres gesagt: Überlege dir, wie viel Prozent deines Geldes du verlieren könntest. Und den Teil packst du in Aktien. Den Rest packst du auf dein Tagesgeldkonto.

Das hat den großen Vorteil, dass man komplett passiv investieren kann. Man braucht keine aktiven Fonds mit innovativem Sicherungskonzept. Man kann bei den Aktien auf volle Rendite gehen und einfach in ETFs gehen. Der Rest ist auf dem Tagesgeldkonto. Man kann das Totalverlustrisiko auch einfach beziffern indem man schaut, welchen Anteil die Aktienfonds am Gesamtvermögen haben. Fertig.

Indizes

Aber welchen Index soll man jetzt nehmen? Schaut man bei MSCI, findet man die Weltwirtschaft entlang zwei Achsen aufgeteilt: Es gibt einmal die Unterteilung in große, mittlere und kleine Firmen (large, medium, small caps). Dann gibt es noch die Unterteilung in die entwickelte Welt und die sich entwickelnde Welt.

Schaut man sich jetzt die Marktkapitalisierung an, also den Aktienpreis mal Anzahl der Aktien, so kann man zu jeder Firma eine Zahl finden. Die aktuell weltweit größten börsengehandelten Firmen sind laut MSCI Constituents in der Liste ACWI (all country world index) vom 1. September 2023:

  1. Apple
  2. Microsoft
  3. Alphabet
  4. Amazon
  5. NVIDIA
  6. Tesla
  7. Meta
  8. Berkshire Hathaway
  9. Exxon Mobil
  10. Lilly (Eli) & Company

Die Liste sollte jetzt nicht so sonderlich überraschen. Man kann sich jetzt einfach den weltweiten Börsenhandel anschauen und alle Firmen dort zusammenrechnen. Und dann rechnet man den relativen Anteil jeder Firma aus. Entsprechend kauft man dann die Aktien, also lässt den Indexfondsanbieter das machen.

Nun gibt es aber auch noch diverse Indizes, die davon abgeleitet sind. So gibt es den MSCI World, der enthält nur große und mittlere Unternehmen aus Industrienationen aus. Die großen und mittleren Firmen machen 85 % des Aktienmarktes aus, die kleinen Firmen weitere 14 %, die restlichen 1 % sind nicht handelbar. Von den Ländern her scheint 90 % in den Industrienationen stattzufinden, 10 % im Rest. Der MSCI World deckt damit dann also grob 77 % der weltweiten Firmen ab.

Es gibt dann noch den MSCI Emerging Markets. Der deckt die restlichen 10 % Wirtschaftskraft aus den anderen Ländern ab, aber auch da wieder nur die 85 % großen und mittleren Unternehmen, also ungefähr 9 % der Weltwirtschaft.

MSCI hat dann noch diese Indizes auch in der Variante IMI (investible market index), wo die kleinen Unternehmen (small caps) auch noch enthalten sind. Sie haben auch noch den MSCI ACWI (all country world index), in dem eben alle Länder drin sind. Es gibt noch den MSCI ACWI IMI, in dem ist dann alles drin.

Das ganze ist ziemlich unübersichtlich ohne Grafik. Daher hier einmal die sechs Firmengruppen und die sechs Indizes:

Zuerst klingt es am sinnvollsten in den MSCI ACWI IMI zu investieren, schließlich ist da alles drin. Am meisten Streuung ist am besten, hatten wir ja gelernt. Denn selbst, wenn dann irgendeine einzelne Firma pleite geht, ist das nur ein kleiner Teil des Depots. Die anderen Indizes haben aber nun immer einen Teil.

Gewichtung

Nun kommen wir aber zur Gewichtung. Die einfachsten Indexfonds enthalten die Unternehmen einfach nur gewichtet nach deren Marktkapitalisierung. Das klingt erstmal naheliegend. Aber ist es das wirklich?

Die meisten großen Firmen haben ihren Sitz in den USA. Und somit sind die USA und der US-Dollar sehr stark. Schaut man sich aber das BIP von USA und z.B. China an, dann ist das Verhältnis deutlich anders als das der Summe an börsennotierten Unternehmen. Was ist also »der Markt«? Etwas, das die Firmen nach ihrem individuellen Gewicht enthält? Oder etwas, das den Aktienmarkt pro Land so abbildet, wie jedes Land BIP hat?

Was ist eigentlich mit den Branchen? In der obigen Liste ist ja gut zu sehen, dass die IT-Konzerne die Top-Gewichte haben. Hat man damit nicht irgendwie einen zu großen Schwerpunkt auf IT? Sollte man die verschiedenen Sektoren der Wirtschaft nicht ein bisschen ausgleichen?

MSCI bietet für alles das Indizes an. Es gibt Indizes pro Branche. Oder pro Land. Oder pro Region. Wenn man möchte, kann man sich ein Depot damit sehr feingliedrig zusammenstellen, ohne einzelne Aktien zu kaufen.

Der MSCI ACWI hat eine Verteilung von 90 % Industrienationen und 10 % Rest. Und er deckt dann die 85 % größten Firmen ab. Man kann es etwas merkwürdig finden, dass man den Industrienationen ein so hohes Gewicht gibt und weniger in den Schwellen- und Entwicklungsländern hat. Daher gibt es das »70-30-Depot«: Man nimmt zu 70 % MSCI World und zu 30 % MSCI Emerging Markets. Damit gibt man den anderen Ländern etwas mehr Gewicht.

Aber Moment, Europa ist da auch ziemlich schwach drin! Kein Ding, einfach noch einen MSCI Europe mit dazu. Oh, und was ist mit Small Caps? Kein Ding, MSCI World Small Caps dazu und man hat den Großteil.

Oder halt MSCI World IMI und MSCI Emerging Markets IMI nehmen, wobei man dann die kleinen Unternehmen nur mit 15 % gewichtet hat, was vielleicht auch zu wenig ist. Daher lieber einzelne Fonds nehmen, dann kann man das Verhältnis steuern.

Und so gibt sich dann ein recht aufwändiger Verteilungsbaum, den ich hatte:

Aber wenn man jetzt noch weiter denkt, dann ist ja innerhalb vom MSCI World schon die USA total übergewichtet. Man müsste das also noch feiner aufspalten, damit es dem BIP näher kommt. Und irgendwie auch noch die Branchen mitnehmen. Das wird schnell sehr komplex.

Nachhaltigkeit

Habt ihr da oben gesehen, dass auf Platz 9 Exxon Mobil ist, ein Ölkonzern! Das ist ein Konzern, der Geld damit verdient die Lebensgrundlage auf unserem Planeten zu zerstören! Wenn man in den MSCI World investiert, dann investiert man in die Vernichtung unseres Lebens!

Das ist überhaupt kein Problem, da gibt es auch eine Lösung für. Es gibt alle diese Indizes nochmal in einer gefilterten Variante. MSCI hat eine Forschungsabteilung und die finden heraus, welche Unternehmen gut und schlecht sind. Dann gibt es die Indizes in der Variante ESG (environment, social, governance) und SRI (socially responsible investing). Dabei ist SRI wohl ein bisschen strenger als ESG, soweit ich das damals verstanden habe. Man nimmt den MSCI World SRI und schon hat man nur die guten Unternehmen.

Entsprechend hatte ich ein Depot aus diesen vier Fonds:

  1. MSCI World SRI
  2. MSCI Emerging Markets SRI
  3. MSCI World Small Cap ESG Enhanced
  4. MSCI Europe SRI

Ich fühlte mich gut damit. Ich lege mein Geld in gute Firmen an, ich bin ein Gutmensch.

Rebalancing

Die Idee hinter Aktien ist ja, dass sie ihren Wert verändern. Und das führt dann aber auch dazu, dass sich die Verhältnisse verändern. Hat man sich eine Aufteilung ausgedacht, so muss man immer wieder mal (einmal pro Jahr vielleicht) ein paar Anteile von einem gut gelaufenen Fonds verkaufen und von einem schlechter gelaufenen Fonds kaufen. Man kann auch seine Sparraten anpassen um diesen Zustand wiederherstellen.

Das klingt erstmal nicht schwer. Allerdings realisiert man ja Gewinne, wenn man vom besser gelaufenen Fonds verkauft. Das ist beim Investieren mit Taschengeld kein Problem gewesen, schließlich hat man pro Jahr 1000 EUR Gewinn steuerfrei. Nun investiere ich aber seit ein paar Jahren einen signifikanten Anteil meines Einkommens und dann hat man irgendwann Gewinne, die über 1000 EUR gehen. Damit werden beim Rebalancing dann plötzlich Steuern fällig. Und das Geld fehlt mir dann im Depot. Am Ende müsste ich die Gewinne natürlich auch versteuern, jedoch können sie dann länger liegenbleiben und weiter Rendite erwirtschaften.

Außerdem ist es schlicht Arbeit. Als Doktorand hatte ich noch viel Zeit, war ungebunden und irgendwie war das echte Erwachsensein noch ziemlich weit weg. Inzwischen ist es das aber nicht mehr. Ich habe einen Vollzeitjob und irgendwie nicht mehr so viel Willenskraft und -energie für solche Dinge. Entsprechend finde ich die vier Fonds schon etwas viel. Eine deutliche Verbesserung zu den 10 Fonds, die ich früher hatte. Aber es nervt mich.

Radikale Vereinfachung

Wir hatten ja vorher darüber nachgedacht, welche Aufteilung zwischen Industrieländern und Rest Sinn ergibt. Und das Problem ist einfach, dass es keine korrekte Antwort gibt. Man kann immer erst rückblickend sagen, was das optimale Depot gewesen wäre. Würde man jetzt 10 Jahre zurückschauen, wäre wohl »alles in Bitcoin« ganz ordentlich gewesen. Das hätte man damals aber eher nicht empfohlen, weil es zu wenig Streuung hat und eine zu spekulative Anlageklasse ist.

Somit muss man etwas machen, das sich eher langweilig anfühlt. Man muss breit in Aktien streuen. Wie genau man die Indizes aber aufteilt ist letztlich egal. Man kann mit einem 70/30 gut fahren. Das 90/10 vom MSCI ACWI ist in letzter Zeit aber sogar besser gelaufen. Was in Zukunft besser läuft, kann man nicht sagen.

Was ich aber weiß ist dass ich mein komplettes Depot auf MSCI ACWI umstellen möchte. Damit habe ich exakt einen Fonds. Und der ist eine Variante die ganze Welt in einem Fonds zu haben. Das ist nicht die perfekte oder richtige Art, aber eine, die ich verstehe.

Das sind nämlich auch noch ein paar Lehrsätze:

  • Es ist egal, von welchem Fondsverwalter man einen Fonds auf einen Index kauft, die unterscheiden sich nur marginal.
  • Es gibt keine »richtige« Gewichtung.
  • Weder mit 70/30 noch mit MSCI ACWI macht man wirklich etwas »falsch«.
  • Man soll nur in Dinge investieren, die man versteht.

Und entsprechend habe ich es mir jetzt ganz einfach gemacht und habe nur noch einen Fonds mehr im Depot, den ich aktiv bespare und pflege.

Kein SRI mehr

Und der letzte Satz hat mich nochmal überlegen lassen, ob ich das mit dem SRI wirklich verstehe. Was sind eigentlich »die Guten«? Das sind offensichtlich alle Firmen ohne Kohle, Kernkraft, Handfeuerwaffen, Tabak. Aber das sind auch Firmen ohne weitere kontroverse Themen wie Tierversuche, Militärwaffen, Verhütung nach der Definition von MSCI.

Handfeuerwaffen für Privatpersonen finde ich weiterhin nicht gut. Aber bezüglich Militärwaffen hat sich seit der russischen Invasion meine Wahrnehmung dann doch verändert. Es ist jetzt nicht jedes Rüstungsunternehmen direkt moralisch super, aber ganz ohne funktionieren wir in der aktuellen Welt dann auch nicht.

Und Verhütung und Abtreibung finde ich ziemlich gut. Ich verstehe, dass das kontrovers ist, aber ich finde das gut. Man kann natürlich keinen Index erstellen, in dem es für jeden passt.

Jedenfalls fühlte ich mich mit meinen SRI gut. Schaut man aber mal, was im MSCI ACWI SRI drin ist (Stand 1. September 2023), findet man diese Liste:

  1. Tesla
  2. Microsoft Corp
  3. Taiwan Semiconductor Manufacturing (TSMC)
  4. Home Depot
  5. Novo Nordisk
  6. ASML
  7. Adobe
  8. Coca Cola
  9. Pepsico
  10. Danaher Corp
  11. Texas Instruments
  12. Intuit
  13. Disney (Walt)
  14. Verizon Communications
  15. Amgen
  16. Lowe's
  17. S&P Global
  18. Prologis
  19. Booking Holdings
  20. Toronto-Dominion Bank
  21. Sony Group Corp
  22. Blackrock

Und jetzt wird es ziemlich ungemütlich: Warum ist Tesla, die Firma von diesem nach rechten Unsympath, der gegen Gewerkschaften ist, fragwürdige Arbeitsbedingungen in seinen Fabriken hat und dann noch in Grünheide eine Batteriefabrik in ein Wasserschutzgebiet gesetzt hat, das Top-Holding?

Warum ist da Microsoft, aber kein Apple oder Google? Oder zumindest NVIDIA? Dass Meta und Amazon fehlen, mag ich ja noch verstehen. Aber warum ist da Disney mit drin, wo die doch schon eher ziemlich konservativ sind? Und Blackrock, die mit ihren eigenen Fonds ganze Immobilienblasen schaffen und die Leute aus ihrer Heimat auspreisen?

Der Witz bei SRI ist eben, dass es nicht nur ESG Screened ist. Man hat also nicht nur »die Bösen« rausgeworfen, sondern gewichtet in jeder Branche noch »die Besten«. Und anscheinend ist Tesla bezüglich CO₂-Reduktion halt ganz wichtig, entsprechend wandert das nach oben. Dabei würde ich Tesla jetzt schon eher als böse denn als gut zählen.

Man kann jetzt immer so weiter machen und sich fragen, warum Firmen da drin sind oder nicht, und warum sie so viel Gewicht haben. Kurzum, ich verstehe es nicht. Und damit ist es eigentlich als Investment schon raus. Und witzigerweise sagte gerade Elon Musk, dass seiner Meinung nach diese ganzen ESG-Zertifizierungen alle Beschiss sind. Und er ist ganz oben in einem Index, der gute Firmen abdecken soll. Vielleicht hat er Recht und es ist Quatsch.

Tatsächlich stellt sich raus, dass allein MSCI entscheidet, wie sie die Firmen gewichten. Wie genau sie das machen, weiß ich nicht. Prüfen die richtig, und wenn ja, wie machen sie das? Es fühlt sich etwas willkürlich an. Und auf diese Willkür habe ich keine Lust mehr.

Aber Moment, willst du jetzt wirklich Aktien von Ölkonzernen und Rüstungskonzernen im Depot haben? Bist du kein Gutmensch mehr? Wie kannst du noch in den Spiegel schauen?

Hören wir mal mit virtue signalling auf und schauen da nüchtern drauf. Was passiert denn, wenn ich als Privatperson eine Aktie kaufe? Ich kaufe die vom Sekundärmarkt. Ich kaufe also nicht dem Fondsverwalter einen Anteil ab, vielmehr kaufe ich einer anderen Person am Markt diesen Anteil ab. Es verändert also nichts für den Fondsverwalter an sich. Und die Aktien, die der Fonds kauft, kauft der auch wieder anderen ab.

Interessant würde es werden, wenn ich direkt in fragwürdige Firmen investieren würde. Oder anders herum, wenn ich direkt in einen Windpark investieren würde. Dann hätte das einen Einfluss. Aber so hat es schlicht keinen nennenswerten Einfluss. Vielleicht erhöht mein Kauf über drei Ecken die Preise der Aktien. Und falls die Firma neue Aktien ausgibt, kann sie minimal höhere Preise dafür erzielen. Andererseits muss sie bei einem Aktienrückkaufprogramm mehr Geld bezahlen. So richtig klar, ob die Firma etwas von hohen Kursen hat, kann man auch nicht so pauschal sagen.

Zudem es nicht den Fall geben wird, bei dem niemand mehr diese Aktien haben will. Die geben nämlich Dividende. Selbst, wenn die Kurse etwas einbrechen, weil ganz viele Gutmenschen alle ihre bösen Aktien verkaufen, freut sich irgendjemand anders über die günstigen Aktien mit viel Dividende. Und dann werden die halt wieder gekauft und liegen nur woanders.

Das SRI-Konzept hat aber den großen Nachteil, dass der MSCI World nicht mit seinen grob 1700 Firmen abgedeckt wird, sondern nur grob 500 davon. Man hat also weniger Streuung. Zufällig ist der MSCI World SRI in den letzten Jahren besser gelaufen als der MSCI World, jedoch muss das nicht in Zukunft weiter so sein.

Ich habe den Eindruck, dass das hier letztlich Greenwashing ist. Für große Investmentfonds, die direkt bei den Unternehmen investieren und ihre Stimmrechte ausüben mag das durchaus einen Einfluss machen können. Als Investoren können sie mitreden. Bei Aktien im Streubesitz ist das aber nicht der Fall.

Zudem kommt eben auch, dass die Welt nicht so einfach in gut und böse einteilbar ist. Rüstungsindustrie hatten wir schon, Tesla hatten wir auch schon. Dann gibt es noch RWE: Ja, die machen Kohle und das ist schlecht. Aber die sind laut eigenen Angaben auch einer der größten Windparkbetreiber. Das ist wieder ziemlich cool. Ist RWE jetzt gut oder schlecht? Ich weiß es einfach nicht mehr.

Ich fühle mich bezüglich Klimawandel manchmal einfach total überfordert und möchte gerne mehr tun. Aber man kann eben nur so viel tun. Daher habe ich versucht es durch das perfekt klimapositive Aktienportfolio zu machen. Aber das ist letztlich auch Greenwashing. Ich bin ebenso enttäuscht wie ich vorher angetan war.

Fazit

Ich habe es jetzt ganz einfach. Ich investiere einfach in den MSCI ACWI über einen Fondsverwalter, den es bei meinem Broker zu niedrigen Kosten gibt. Damit nehme ich am Weltmarkt teil, der die großen und mittleren Firmen anhand ihrer Marktkapitalisierung abbildet. Das ist nicht perfekt, aber das muss es auch nicht. Es ist gut genug. Der Rest kommt auf das Tagesgeldkonto. Das ist auch einfach.

Und das fühlt sich erleichternd an. Ob es langfristig die Strategie mit der höchsten Rendite ist, wird mir zunehmend egal. Diese Information habe ich jetzt nicht, in der Zukunft kann ich nicht mehr anders gehandelt haben. Und somit ist es müßig. Mein Ansatz ist langfristig besser als alles Geld auf dem Tagesgeldkonto zu haben und nicht total bekloppt.

Jetzt hoffe ich wieder einige Jahre oder womöglich Jahrzehnte Ruhe damit zu haben.