Mögen Dürfen Wollen Trauen

Von Karl Valentin gibt es diesen Satz:

Mögen hätt ich schon wollen, aber dürfen hab ich mich nicht getraut.

Als Kind hörte ich diesen Satz einmal, und fand ihn einfach lustig, weil er irgendwie die vier Konzepte Mögen, Wollen, Dürfen und Trauen vermischt. Es wirkt erstmal wahllos, aber mit Selbstbewusstsein vorgetragen. Manchmal gebe ich auch im Brustton der Überzeugung Schwachsinn von mir. Leute, die mich kennen, erkennen das ziemlich schnell. Andere nehmen das dann ernst, und finden mich ziemlich merkwürdig. Das ist eine Art Humor, die für nicht eingeweihte nicht wirklich nett ist.

Jahrzehnte später kam der Satz plötzlich wieder auf, und ich habe ihn aber ganz anders gesehen. In ihm steckt nämlich erstaunlich viel Weisheit drin. Er beschreibt genau das Gefühl was man hat, wenn man eigene Bedürfnisse für eine abstrakte Gesellschaft zurückstellt. Sei es Plakativ der Mallorca-Flug, auf den man als Klimaaktivist verzichtet. Man mag dann eigentlich schon gerne am Strand liegen (mögen wollen). Allerdings nimmt man den Klimawandel und die Klimaschädlichkeit vom Flug wahr. Die Vernunft verbietet einem dann, zu fliegen (dürfen). Diese Verbot kommt aber aus dem inneren, aus der Moral. Und somit könnte man sich selbst darüber hinwegsetzen. Das traut man sich allerdings nicht.

Gerade wenn ich andere Leute beobachte, die diese Selbsteinschränkung nicht haben, bin ich irritiert. Es gibt etwa Leute, die kein schlechtes Gewissen beim Fliegen haben‽ Beim Fleischessen, Milchtrinken oder Autofahren? Das geht doch nicht! Diese Leute haben es tatsächlich einfacher im Leben, weil sie nicht diesen inneren Konflikt haben. Strandurlaub ja, Klimaschaden nein. Sie fliegen einfach in Urlaub und können den genießen.

Wenn man zu lange in diesem Blickwinkel bleibt, dann gesteht man sich irgendwann gar nichts mehr zu. Man wird zum Vegetarier, dann zum Veganer, zum Frutarier, zum Fallobstler. Und selbst da nimmt ja eigentlich den Pilzen etwas weg, die das Fallobst zersetzt hätten. Der Raum der Möglichkeiten wird immer kleiner. Das engt ein, und das ist kein konstruktiver Umgang mit der Klimakrise.

Nur Innovationen fördern und den Konsum in grünere Bahnen lenken kann es nicht sein, aber ein Mittelweg muss es sein. Der totale Verzicht würde die Gesellschaft destabilisieren, das bringt uns auch nicht weiter. Wir müssen es sinnvoll machen. Und dazu gehört die Menge an Flüge zu reduzieren. Scham mag ein Weg sein, dies zu tun. Aber der psychische Preis ist hoch, und das will ich auch nicht für die Gesellschaft, und auch nicht für mich.

Ist so ein Gedanke erstmal konkretisiert, findet man im Internet schnell auch andere, die ihn schon hatten. So originell ist es dann auch wieder nicht.

Zitatrecht

Das erste Suchergebnis zu dem Zitat ist ein Urteil wegen Urheberrecht. Da hatte die Rechteinhaberin gegen eine Webseite geklagt, die Zitate sammelt, und gewonnen.

Für diesen Blogartikel halte ich es allerdings für zulässig den Satz zu zitieren, da ich ihn nicht nur reproduziere, sondern mich mit ihm auseinandersetze.

Die Kopie wird zu einem Zitat, wenn man das zitierte Werk als Hilfsmittel für die eigene Erläuterung, z. B. im Rahmen einer kritischen Auseinandersetzung, verwendet. — bildung-forschung.digital

Alles nicht so einfach.