Mitschreiben in Vorlesungen
Ich halte Mitschreiben in Vorlesungen nicht für sinnvoll. Das hat zwei Hauptgründe:
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Es lenkt ab, man kann nicht mehr richtig zuhören. Dabei sind viele Vorlesungen gerade so gemacht, dass das Gesagte durchaus wichtig ist. Teilweise schreiben Dozenten auch nicht gerade viel an die Tafel, weil sie viel frei vortragen.
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Fehler können sich einschleichen. Die Dozenten bauen manchmal kleine Fehler beim Anschreiben ihrer Notizen ein. Dies ist beim Verständnis der Vorlesung häufig kein Problem, kann beim akribischen Nachrechnen später jedoch zum Problem werden. Und dann ist es auch zum Fragen zu spät. Zum anderen kann man selbst auch noch mal Abschreibefehler machen. Für mich mutet das wie die pürierten Hackfleischbällchen an. Ein Dozent bereitet aus einem Buch eine Vorlesung vor, schreibt seine Notizen an die Tafel und die Studenten schreiben das ab.
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Außerdem ist es vollkommen sinnfrei, dass 150 Studenten alle exakt das gleiche schreiben. Wie viel Papier und Tinte das verbraucht ...
Insbesondere wenn das Skript des Dozenten zugänglich ist, erscheint Abschreiben wie Beschäftigungstherapie.
Aus diesen Gründen schreibe ich in Vorlesungen nicht mit. Für die Übungen und Nachbereitung lese ich dann in Büchern und versuche welche zu finden, die der Vorlesung sehr nahe sind. Dort ist der Text ausformuliert und die Wahrscheinlichkeit für Abschreibefehler ist auch deutlich kleiner. Wenn man genug Zeit hat, kann man beim Lesen auch noch Dinge erfahren, die so in der Vorlesung nicht erwähnt worden sind. Das finde ich auch nett. Darüber hinaus lernt man das Lernen aus Büchern, was bei der Masterarbeit dann plötzlich der einzige Weg ist.
Nun gibt es aber Vorlesungen, bei denen das so nicht funktioniert. Dies sollte aber kein Grund zum Mitschreiben sein:
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Der Dozent hat kein einzelnes Buch, das ihm gut gefällt. Er kombiniert aus diversen Büchern.
Hier sollte der Dozent einfach das Buch nennen, an dem er sich gerade orientiert. Es ist ja in Ordnung, wenn ich mehrere verschiedene Bücher zum Teil lesen soll.
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Der Dozent hat ein komplett eigenes Konzept.
Hier wünsche ich mir, dass ein Skript veröffentlicht wird. Schließlich muss das Konzept ausgearbeitet werden, von daher kann ein Skript nicht deutlich mehr Arbeit sein.
Alternativ kann man auch einen Projektor anstelle der Tafel benutzen und die so generierten Folien als PDF hochladen. Dies macht ein Dozent in Bonn auch, was ich sehr angenehm finde.
Ich hatte eine Vorlesung, in der es »aus pädagogischen Gründen« kein Skript gibt. Es mag sein, dass einige Leute durch das Abschreiben am besten lernen. Aber das finde ich pauschal und muss nicht auf jeden zutreffen. Ich habe das Gefühl, dass es mir eher nicht hilft. Und in einem Masterstudiengang sollte man den Studenten hinreichend viel zutrauen und ihnen überlassen ob sie lieber mitschreiben oder zuhören. Das ganze wird noch verstärkt indem die Übungsaufgaben direkt auf die Vorlesung verweisen und man ohne Mitschrift nicht weit kommt.
Es gibt definitiv sehr positive Beispiele:
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Sehr schöne Skripte, die schon fast ein Buch sein könnten.
Die Vorlesung in ART, die ich gehört habe, hatte kein direkt nutzbares Buch allerdings ein wunderbar ausgearbeitetes Skript. Ähnlich war es in Geometrie in der Physik, wo der Dozent auch ein schönes Skript zur Verfügung gestellt hat.
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Eine Vorlesung wurde am Rechner gehalten, der Dozent schrieb mit einem Stift auf dem Bildschirm. Das ganze Tafelbild war somit in Farbe und konnte nach der Vorlesung als PDF heruntergeladen werden. Somit konnte man sich in der Vorlesung ganz auf das Zuhören konzentrieren und hatte das exakte Tafelbild zuhause.
Inzwischen werden die Vorlesungen von besagtem Dozenten wohl auch auf Video aufgenommen und zur Verfügung gestellt.
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Computational Physics wird als Videovorlesung gehalten. So kann man die Vorlesung anschauen, wann man möchte und bekommt das „Tafelbild" auch als PDF zur Verfügung gestellt.
Und in gerade diesen Vorlesungen habe ich ziemlich gute Noten in den Klausuren gehabt. Es scheint also auch ohne Mitschreiben zu gehen. Ich würde mir wünschen, wenn mehr Dozenten dies berücksichtigen und die Lernweise nicht vorgeben würden.