Mehrzweckabteil in der S-Bahn – Theorie und Praxis

Die S-Bahn zwischen Siegburg und Köln hat, wie wohl jede S-Bahn, ein Mehrzweckabteil am Ende des Teilzuges. Da gibt es links und rechts an den Fenstern Klappsitze, ansonsten eine große freie Fläche. Da sollen alle Leute mit Fahrrädern, großem Gepäck oder anderen sperrigen Dingen hin. Unter den Klappsitzen gibt es auch Gurte, mit denen man Fahrräder festzurren kann. Man kann die also gegen die Klappsitze lehnten, mit dem Gurt fixieren und sich entweder gegenüber auf einen Klappsitz setzen, oder einen regulären Sitzplatz suchen. Soweit die Theorie.

In der Praxis gibt es immer wieder eine hinreichende Menge Bahnfahrer*innen, die nicht mitdenken. Die steigen dann einfach irgendwo ein und setzen sich auf den nächsten freien Sitzplatz, den sie sehen können. Steigen sie zufällig am Ende des Zuges ein, sind sie im Mehrzweckabteil. Und dann setzen sie sich einfach auf einen der Klappsitze, meist natürlich mittig.

Mit einem Fahrrad steigen die Leute erst danach ein, die können sich mit Gepräch schlicht nicht so gut vordrängeln in der Tür. Und dann sitzt da schon eine Person auf dem Klappsitz, die zweite Person kann das Fahrrad nicht mehr gegen die Klappsitze lehnen.

Man traut sich heutzutage aber auch nicht mehr die Leute anzusprechen. Auf der Hinreise nach Utrecht hatte ich das versucht, aber eine Person wollte sitzen bleiben. Und dann geht es halt nicht. Man steht dann mit dem Fahrrad in der Mitte und kann sich nur an einer der Schlaufen von der Decke festhalten. Das ist ziemlich wackelig und kostet auch ziemlich viel Kraft.

Einerseits bin ich da enttäuscht, dass die Leute nicht mitdenken. Ich bin es auch leid dafür zu werben, dass die Leute sich einen anderen Sitzplatz suchen, damit ich mein Fahrrad abstellen kann. Und daher vermeide ich auch das Fahrrad in der Bahn mitzunehmen. Wenn ich das Faltrad mitnehme, dann setze ich mich in der S-Bahn inzwischen einfach in einen Vierer und habe nicht dieses Drama im Mehrzweckabteil.

Andererseits ist es vielleicht nicht so sehr das Problem der Menschen, sondern vielmehr eben ein unangebrachter Optimismus seitens der Zughersteller. Sie gehen davon aus, dass das Konzept »Mehrzweckabteil« funktionieren würde. Im Namen steckt schon drin, dass es mehrere Zwecke gibt, die sich gegenseitig ausschließen. Es wird davon ausgegangen, dass die Passagiere sich da untereinander organisieren können. Das scheint aber eben nicht der Fall zu sein. Von daher sollte man das ganze eben so konstruieren, dass es diese Probleme nicht gibt.

Das ist im Intercity deutlich besser gelöst. Da gibt es designierte Fahrradhalter in der Bahn. Es gibt keine Sitzplätze, die damit konkurrieren.

Entsprechend sollte man in der S-Bahn wohl einfach die Sitzplätze auf zumindest einer Wagenseite entfernen und nur Abstellanlagen oder Festhaltegurte anbieten.