Linker Radweg am Ortsausgang Siegburg

In Siegburg schlechte Fahrradinfrastruktur finden ist ungefähr so wie Fische aus einem Fass zu angeln: Viel zu einfach. Und so ist am Ortsausgang von Siegburg-Dreesch nach Lohmar diese wilde Kombination zu finden:

Man hat also einen Schutzstreifen, der endet. Der wird auf einen nutzungspflichtigen gemeinsamen Radweg (Zeichen 240) geführt. Das Zeichen, das dort hängt, ist in der Variante von vor 1992, aber das ist weiterhin gültig. Es hilft allerdings diese Tiefbauperle zu datieren. Dann geht es aber nach links rüber und auf die andere Seite. Aber der Reihe nach.

Der Gehweg ist an dieser Stelle auch nur 180 cm breit. Schaut man in die VwV-StVO, so findet man dort eine Mindestbreite von 240 cm.1 Die hat man hier nicht, das ist also schon wieder ein Bedrängen des Fußverkehrs durch Radverkehr, damit der Autoverkehr mehr Platz bekommen.

Dieser Radweg ist aber auch nur dazu da, den Radverkehr von der Fahrbahn zu entfernen. Kurz darauf muss man dann mit der Querungshilfe queren, weil der Radweg entlang der L 16 auf der linken Seite geführt ist. Das ist an sich in Ordnung, da es außerorts ist und es eine sichere Querungsmöglichkeit gibt.

Man soll dann wohl ein Stück auf dem gegenüberliegenden Gehweg fahren. Ob der freigegeben ist, ist gar nicht so klar.

Am Ortsausgang hängt aber eine Version des Zeichen 240, das es seit 1992 aber nicht mehr gibt. Das ist damit dann nicht mehr gültig. Das hätte bei der spätestens alle zwei Jahre stattfindenden Verkehrsschau auffallen müssen.

Siegburg scheint echt eine Anti-Fahrradstadt zu sein. Und mal schauen, ob man hier irgendwie etwas erreichen kann. Ein paar Hebel gibt es. Ich habe zuerst einmal eine IFG-Anfrage bezüglich der Verkehrsschauen an der Stelle an die Stadt Siegburg geschickt. Die müssten nämlich alle zwei Jahre dort eine Verkehrsschau machen. Das Zeichen ist seit 1992 nicht mehr gültig, es hätte also mindestens 15 Termine geben müssen, an denen das aufgefallen wäre.

Mir ist allerdings gerade nicht klar, wer dafür zuständig ist. Es ist nämlich eine Landstraße, die L 16. Vielleicht ist es Straßen NRW, vielleicht auch die Stadt Siegburg. Also habe ich einmal bei Straßen NRW angerufen und versucht dies in Erfahrung zu bringen. Und ich habe eine ausführliche, aber wenig hilfreiche Antwort bekommen. Straßen NRW kümmert sich generell um Landstraßen außerorts. Innerorts kümmern sie sich auch, aber nur bei Gemeinden mit geringer Einwohnerzahl. Bei großen Gemeinden kümmert sich wieder die Gemeinde um Landstraßen innerorts. Es gibt aber Gemeinden, die mit Straßen NRW eine Vereinbarung haben, sodass sich doch dieser Landesbetrieb kümmert. Und bei Radverkehrsanlagen und Beschilderung kümmern sie sich auch. Mir wurde dann noch eine weitere Telefonnummer gegeben, da war aber zu der Zeit niemand erreichbar. Auf Twitter wurde mir noch gesagt, dass es immer die Gemeinde ist. Falls sie das an Straßen NRW delegiert haben, dann muss die Gemeinde das weiterleiten. Die IFG-Anfrage ist also dort richtig aufgehoben.

Erste Antwort

Am 22.06.2022 bekam ich vom Amtsleiter des Amtes für Mobilität & Infrastruktur eine Antwort. Darin wurde gefragt, ob ich wirklich alle Daten bräuchte. Möglicherweise sei nicht alles aufzufinden, und dann auch nicht unbedingt nach aktuellen Datenschutzbestimmungen geschwärzt. Dann wurde mir angeboten die Daten der Verkehrsschau von 2011 in Kooperation mit Straßen NRW zu bekommen. Zuletzt wurde ich eingeladen, über den aktuellen Bestand zu diskutieren.

Diese Einladung habe ich angenommen und dann einfach nur eine normale E-Mail verschickt:

E-Mail an Amtsleiter für Mobilität & Infrastruktur am 23.06.2022

Sehr geehrter Herr […],

vielen Dank für Ihre Antwort auf meine IFG-Anfrage. Gerne kann ich meine Anfrage konkretisieren und auf den aktuellen Bestand beziehen.

An der L 16, kurz vor der Einmündung der Straße »Am Broichshäuschen« (siehe Karte), wird der Radverkehr mittels Zeichen 240 (in der Version von vor 1992) auf das Hochbord gezwungen. Dort ist die Nebenanlage allerdings nur 180 cm breit. In den VwV-StVO findet man allerdings eine Mindestbreite von 240 cm für innerorts angelegte gemeinsame Geh- und Radwege. Da wäre meine erste Frage, warum das bisher bei keiner Verkehrsschau moniert worden ist.

Dann wird der Radverkehr kurz darauf über die Querungshilfe über die L 16 geführt. Mir erscheint das den Radverkehr unnötig zu benachteiligen. Ziel ist der linke Radweg am Ortsausgang. Bei linken Radwegen muss es eine sichere Querungsmöglichkeit geben, dies ist mit der Querungshilfe vorhanden. Aber warum muss man vorher noch auf das Hochbord? So verliert man den Vorrang gegenüber den Fahrzeugen, die bis dahin hinter einem waren, und man muss zusätzliche Zeit warten. Warum kann man hier nicht einfach direkt links abbiegen?

Dann ist das linke Hochbord nicht durch ein Zeichen 240 für den Radverkehr freigegeben. Darf man da überhaupt fahren?

Und das Zeichen, das am Ortsausgang den linken Radweg anzeigt, ist das Zeichen 244, das es allerdings nur bis 1992 gab. Für dieses Zeichen gibt es keine direkte Entsprechung mehr, sodass es meiner Auffassung nach ungültig ist.

Ich habe Ihnen Bilder von der Örtlichkeit angehängt.

In Ihrer Antwort haben Sie geschrieben, dass es eine Verkehrsschau von 2011 gäbe, diese aber schon über 10 Jahre her sei. Ich habe Sie so verstanden, dass das die aktuellste Verkehrsschau sei. Laut VwV-StVO muss eine Verkehrsschau alle zwei Jahre, teilweise sogar jedes Jahr durchgeführt werden. Wurde hier seit über 10 Jahren nicht mehr geschaut, und wenn ja, warum nicht?

Mit freundlichen Grüßen

Martin Ueding

Da habe ich dann auch die Bilder aus dem Artikel hier angehängt.

Zweite Antwort

Am 05.07.2022 bekam ich die zweite Antwort. Ich versuche hier einmal die wichtigsten Punkte wiederzugeben:

  • Die Stadt Siegburg hat kürzlich ein neues Amt für Mobilität und Infrastruktur gegründet. Über das Postfach mobilitaet@siegburg.de soll ich einfach meine Anliegen einreichen können.
  • Der direkte Weg (über dieses Postfach) sei kürzer als über Frag-den-Staat.
  • Ortstermine werden immer wieder im laufenden Betrieb wahrgenommen und nicht immer offiziell als Verkehrsschau.
  • Im Herbst steht eine Verkehrsschau an, mein Anliegen würde dort mitgenommen.
  • Die Querungsstelle sei keine Unfallhäufungstelle, und es hätte bisher auch keine entsprechenden Beschwerden gegeben.
  • Die Stelle ist allerdings nicht ideal, meine Anliegen sind nachvollziehbar. Das linke Hochbord wird tatsächlich erst später freigegeben. Man hatte hier auf zusätzliche Schilder verzichten wollen, um es nicht noch unübersichtlicher zu machen.
  • Die Beschilderung mit dem alten Verkehrszeichen sei inhaltlich noch die selbe.
  • Ein direktes Linksabbiegen auf die Querungshilfe sei rechtlich nicht zulässig. Da es keine Fahrradstraße sei, müssten Radfahrende recht weit rechts fahren und dann nach links ziehen. Dies sei gefährlich.
  • Sicherheit hat die oberste Priorität.
  • Im Rahmen des »SUMP (sustainable urban mobility plan)« soll noch dieses Jahr ein professionelles Planungsbüro die Radverkehrführungen analysieren und Optimierungsmöglichkeiten erarbeiten.
  • Sollte ich in einer anderen Stadt eine bessere Querungsmöglichkeit für linke Radwege sehen, kann ich das gerne eingeben.
  • Durch die Neustrukturierung des Amtes möchte die Stadt Siegburg in der Zukunft viel voranbringen und dabei auch die Bürger mitnehmen. Der Umweltverbund soll gestärkt werden.

Das sind gute Neuigkeiten, es freut mich, dass die Stadt Siegburg eine strategische Neuausrichtung plant. So etwas dauert auch immer sehr lange, und gerade Planungen haben Vorlaufzeiten von Jahren. Bis man da etwas auf der Straße sieht, wird es dauern. Das muss man so akzeptieren, alles andere wäre total unrealistisch.

In den Details haben mich einige Punkte aber nicht überzeugen können, sodass ich noch eine weitere Nachricht verfasst habe:

E-Mail an Amtsleiter für Mobilität & Infrastruktur am 09.07.2022

Sehr geehrter Herr […],

ich gehe mal auf die einzelnen Themen ein.

Bei der Kreisstadt Siegburg wurde seit Kurzem ein neues Amt für Mobilität und Infrastruktur gegründet.

Das freut mich sehr zu hören! Davon habe ich als Außenstehender nichts mitbekommen, und habe bisher nur aufgrund des Bestandes eine Einschätzung gebildet.

Der Weg ist eindeutig kürzer als über FragdenStaat und wir bemühen uns, all diese Themen auf kurzem Wege zu besprechen und Bürgernah zu kommunizieren sowie aufzunehmen.

Ich hatte am 14.05.2022 bezüglich eines widersprüchlich beschilderten Radweges an der Dammstraße geschrieben. Auf diese E-Mail hatte ich keine Antwort bekommen, wobei ich auch keine konkrete Frage gestellt hatte. Daher hatte ich den Weg der IFG-Anfrage gewählt, um bei diesem Anliegen eine Antwort zu bekommen.

Auf meine E-Mail bezüglich des Radweges am Kreisverkehr Konrad-Adenauer-Straße/Mahrstraße vom 13.06.2022 habe ich auch noch keine Reaktion bekommen. Dies bekräftigt ersteinmal meinen Eindruck, dass einfache E-Mails häufig zu keiner Reaktion führen.

Ich lasse mich aber gerne davon überzeugen, dass dies mit dem neuen Postfach anders sein wird.

Wir nehmen durch unsere Ortstermine, Straßenbegehungen, Bürgerbeschwerden und -eingaben sowie durch Unfallhäufungsstellen und Unfallkommissionssitzungen mit Polizei etc. immer wieder im laufenden Betrieb verschiedene Sachverhalte und Situationen im Straßenland laufend auf und bewerten diese sozusagen jeweils Einzelfallbezogen und nicht immer offiziell im Rahmen einer Verkehrsschau.

Wird dieses Vorgehen denn den VwV-StVO zu §45 Nr. 57 gerecht? Ich lese dort heraus, dass es spätestens alle zwei Jahre eine »umfassende Verkehrsschau vorzunehmen« ist.

Das "linke" Hochboard wird tatsächlich erst in ein paar Metern offiziell mittels VZ 240 (früher 244) freigegeben. Es wird wahrscheinlich deshalb so sein, dass das in der Vergangenheit der übersichtlichkeitshalber so gehandhabt wurde, um nicht zu viele Schilder in dieser engen Situation aufstellen zu müssen, welche die Radfahrer noch weiter behindern.

Ich kann das Anliegen verstehen, die Anzahl der Verkehrszeichen zu minimieren. Dazu muss aber auch die Situation vor Ort hinreichend eindeutig sein. Streng genommen verstoße ich dann aber gegen die StVO, wenn ich dort wie gewollt fahre. Das führte bei meiner ersten Fahrt durch die Stelle dazu, dass ich mich erst einmal orientieren musste. Letztlich bringt es mich in eine Situation, in der ich das Klischee »Radfahrer halten sich nicht an die Regeln« bestätigen muss, weil die Beschilderung die gewollte Führung nicht legal ermöglicht. Ich wüsste auch nicht, wie das bei einem Unfall aussehen würde. Angenommen ich fahre einen unaufmerksamen Fußgänger an, der für mich unvermittelt zur Seite läuft. Auf einem gemeinsamen Geh- und Radweg gibt es gegenseitige Rücksicht, auf einem wie hier strenggenommen reinen Gehweg hätte ich überhaupt nicht fahren müssen, der Fußgänger auch nicht mit mir rechnen müssen. Würde die gegnerische Seite darauf einlassen, dass die Radverkehrsführung wahrscheinlich so gedacht war?

Da es aber keine Fahrradstraße ist muss der Radfahrer auf so einer Strecke relativ weit rechts fahren und müsste dann für das erreichen der Querungsinsel komplett nach links ziehen, was zu gefährlichen Situationen führen kann.

Welche gefährliche Situation meinen Sie? Einen Überholvorgang mit Unterschreitung der inzwischen gesetzlich vorgeschriebenen 150 cm Überholabstand im Bereich der Querungshilfe?

Ich soll als Radfahrer einen Abstand zum rechten Fahrbahnrand lassen, ungefähr 75 bis 100 cm. Somit kann ich gar nicht bei Gegenverkehr legal überholt werden, nur wenige Fahrstreifen sind 75 cm + 75 cm (Lenker) + 150 cm (Abstand) + 190 cm (Auto) = 490 cm breit.

Auch scheint das »nach links ziehen« an anderen Stellen, bei denen ein Radfahrstreifen in Mittellage angeordnet wurde, kein rechtliches Hindernis zu sein. Aus den von Ihnen genannten Gründen bin ich von diesen »Angstweichen« aber persönlich auch nicht überzeugt.

Deshalb wurde diese vorhandene Verkehrsführung über das "rechte Hochboard" ausgewählt, die wie bereits erwähnt nicht ideal ist, aber bisher auch hinsichtlich Verkehrssicherheit unauffällig blieb. Das ist für uns die oberste Priorität.

Die Sicherheit an die oberste Stelle zu setzen, empfinde ich auch als die einzig sinnvolle Option. Jedoch gehören meiner Wahrnehmung nach zur Unauffälligkeit zwei Faktoren, nämlich einmal das Unfallrisiko pro Person und die Anzahl der Personen. Sollte eine Stelle für genügend Radfahrer*innen unsicher erscheinen, werden sie diese Stelle meiden. So habe ich diverse Straßen, die ich inzwischen komplett meide, da sie mir zu gefährlich erscheinen. Dadurch werde ich dort aber auch nie in einen Unfall verwickelt werden, weil ich nicht mehr dort fahre. Aus diesem Blickwinkel erscheint mir die Abwesenheit von Unfällen nur eine notwenige, aber keine hinreichende Bedingung für Sicherheit zu sein.

Es freut mich zu hören, dass die Sie mit der Stadt Siegburg einen Radverkehrsplan erarbeiten werden. Gibt es da einen groben Zeithorizont für den Plan und dessen Umsetzung?

ich möchte abschließend nochmal betonen, dass wir mit der Neugründung und Neustrukturierung unseres Amtes und den anstehenden Untersuchungen etc. viel in Zukunft voranbringen wollen und versuchen werden, die Bürgerinnen und Bürger mitzunehmen und mit Verkehrsplanungsmaßnahmen den Umweltverbund zu fördern.

Mir sind, insbesondere durch den engen Kontakt zur Stadtverwaltung in Bonn, die langen Vorlaufzeiten im Verwaltungshandeln bewusst. Gerade geförderte Projekte, die vor der Bewilligung schon Planungsleistungen erfordern, oder bei denen die Finanzierung eines Eigenanteils dargestellt werden muss, können direkt Jahre in Anspruch nehmen. Dass strategische Neuausrichtungen Zeit brauchen, insbesondere bis man auf der Straße Veränderungen wahrnehmen kann, verstehe ich ebenfalls.

Mit freundlichen Grüßen

Martin Ueding

Darauf habe ich dann keine Antwort mehr bekommen. Waren wohl zu viele unangenehme Fragen. Das hatte ich schon erwartet, schlägt aber einen netten Bogen zu seinem Unmut darüber, dass ich eine IFG-Anfrage gestellt habe. Das wollte ich dann einfach noch zurückgeben.

E-Mail an Abteilungsleiter am 18.08.2022

Sehr geehrter Herr […],

auf meine E-Mail vom 09.07.2022 habe ich bisher keine Antwort bekommen. Das ist schade, aber nun können Sie vielleicht verstehen, warum ich manchmal von IFG-Anfragen Gebrauch mache.

Mit freundlichen Grüßen

Martin Ueding

Vielleicht ist die irgendwann umgebaute Verwaltung dann kommunikativer, aber aktuell überzeugt mich die Kommunikation mit der Stadt Siegburg nicht.

Nachträgliche Antwort (Aktualisierung 15.09.2022)

Am 15.09.2022 bekam ich dann doch noch eine Antwort. Dem Betreff nach war die E-Mail auch im Spam-Ordner gelandet. Der Amtsleiter schrieb, dass er die offenen Fragen in die Verkehrsschau mitnehmen wollte und mir dann danach antworten wollte. Meine E-Mail sei nicht vergessen gewesen.

Ich habe dann noch eine versöhnliche Antwort geschickt, weil eine Erörterung meiner Anliegen im Rahmen einer Verkehrsschau natürlich ganz in meinem Interesse ist. Ich habe mich für meine Ungeduld entschuldigt.

Nun besteht also Hoffnung auf eine Rückmeldung nach der Verkehrsschau, ich bin positiv gestimmt.


  1. VwV-StVO, zu »Zu § 2 Straßenbenutzung durch Fahrzeuge«, laufende Nummer 20.