Lärmschutz als Individuelle Verantwortung

Unsere Städte sind voller Kraftverkehr, und der ist laut. An den großen Straßen herrscht durch den ganzen Lärm wenig Aufenthaltsqualität. Lärm macht krank, die Wirkweisen kann man zum Beispiel in »Lauter Schall«1 nachlesen. Und Robert Koch soll schon 1910 den Lärmschutz für nötig erklärt haben:

Eines Tages wird der Mensch den Lärm ebenso unerbittlich bekämpfen müssen wie die Cholera und die Pest.2

Wir brauchen den Verkehr aber auch, ganz ohne Kraftverkehr geht es aktuell nicht. Von daher braucht es einen realistischen Umgang damit. Alleine kann man da so gut wie nichts gegen machen. Man kann nur als Gesellschaft schauen, dass man den Verkehr reduziert, die Fahrbahnen und Autos leiser macht, und an anderen Stellen Schallschutz installiert. Das klappt aber nur so mittelmäßig.

Häufig haben wir nämlich das Problem, dass die Straße zuerst da war. Nehmen wir die Autobahnbrücke der A 565 über den Rhein. Die hat nur auf der Bonner Seite eine kleine Lärmschutzwand, mehr nicht. Auch bei Lengsdorf oder dem Brüser Berg könnte der Lärmschutz besser ausgeprägt sein. Das wird aber abgelehnt, weil das »herangerückte Wohngebiete« sind. Soll heißen, dass die Anwohner*innen selbst schuld sind, wenn sie dort gebaut haben.

Diese Argumentation habe ich auch häufig gehört, als ich mich über den verlärmten Rheinsteig und insbesondere über den Fluglärm beschwert hatte: Ich solle doch einfach an einen anderen Ort ziehen, wenn ich so eine Mimose wäre. Naja, aber wohin denn? Das Problem ist doch, dass überall dort, wo es leise ist, die Anbindung ziemlich schlecht ist. Und dann gibt es noch laute Orte mit schlechter Anbindung, die sind dann ziemlich bezahlbar. Die Leute ziehen also nicht freiwillig dorthin, wo es laut ist, sondern auch sozioökonomischen Sachzwängen. Und das soll den Wunsch nach weniger Lautstärke delegitimieren?

Zudem die Menge an Verkehr auch zunimmt, durch die schweren SUV mit den Breitreifen der Lärmpegel der Reifenabrollgeräusche ebenfalls steigt. Motorräder werden immer lauter konstruiert, immerhin sind die durchschnittlichen Automotoren leiser. Das ist eine schleichende Verschlechterung. Ab welchem Punkt hätte man ein Anrecht auf besseren Lärmschutz?

In Amsterdam habe ich eine Autobahnbrücke gesehen, die aber komplett von einer hohen Lärmschutzwand umgeben war. Es war wirklich aushaltbar leise da am Wasser. In Bonn finde ich es in er Rheinaue meist ziemlich doof, weil man die Autobahn dort ständig hören kann.

In Delft hat man das ganze noch ernster genommen, dort wird massiv in den Lärmschutz investiert. Das kann man schön im Video von Not Just Bikes anschauen. Es scheint dort einfach eine Priorität zu sein, während es das hier nicht ist.

Und somit wird Lärmschutz dann zur individuellen Verantwortung. Entweder man zieht irgendwo hin, wo es leiser ist. Der aktuelle Wohnungsmarkt bietet aber nicht wirklich Optionen. Von daher bleibt es nur noch, sich gute Ohrstöpsel zu kaufen.


  1. Hellbrück, J. & Guski, R. Lauter Schall: Wie Lärm in unser Leben eingreift. (2018). 

  2. https://www1.wdr.de/stichtag/stichtag8272.html