Kontakt mit Tiefbauamt zur Planung am Hauptbahnhof

Ich hatte schon über die Neuplanung Am Hauptbahnhof geschrieben und auch über meine Einwendung. Ich hatte aber auch noch an das Ingineurbüro geschrieben und gefragt, was die sich dabei eigentlich gedacht hatten. Die durften mir darauf aber nicht antworten, also haben sie meine Fragen an das Tiefbauamt weitergeleitet. Von dort bekam ich auch eine Antwort. Der Beitrag ist allerdings etwas liegengeblieben, daher hole ich das jetzt noch nach.

Zuerst einmal meine E-Mail an das Planungsbüro.

E-Mail an duesseldorf@lindschulte.de am 12.08.2021

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich bin Bonner Bürger und interesse mich für die Verkehrspolitik und Radverkehrsführung. Ich habe Ihre Pläne für die Neugestaltung der Straße Am Hauptbahnhof in Bonn gesehen. Diese Planung erscheint mir gravierende Mängel für den Radverkehr zu haben:

  • In der Maximilianstraße führt die Verschwenkung eines Schutzstreifens in Mindestbreite und schmaler Kernfahrbahn sehr wahrscheinlich zu Konflikten.

  • Die Führung des Radweges vor dem Wartebereich wird sehr wahrscheinlich zu Konflikten führen. Nach ERA 2010 ist die Führung hinter dem Wartebereich Stand der Technik. Warum halten Sie sich nicht daran?

  • Die Parkstände sind als Kurzzeitparkplätze eingetragen, es fehlen jedoch die nötigen Sicherheitstrennstreifen. Außerdem gibt es vor dem Hotel keine Notwendigkeit für Parkplätze, es gibt ein neues Parkhaus in der Rabinstraße.

  • In die Herwarthstraße links abbiegen wird noch schwerer, als es jetzt schon ist. Man muss drei Fahrstreifen queren und dabei noch zwei Paar Straßenbahnschienen. Wie genau stellen Sie sich das bitte vor?

  • Radfahrende, die nach Westen in die Rabinstraße fahren wollen, müssen irgendwie vom Schutzstreifen zu der Aufstellfläche im mittleren Fahrstreifen kommen. Wie soll das genau gehen?

Haben Sie auch nur eine Radfahrerin oder Radfahrer in diese Planung mit einbezogen? Haben Sie sich überlegt, wie Radfahrende diese Strecken befahren würden?

Mit freundlichen Grüßen

Martin Ueding

Antwort

Am 16.08.2021 bekam ich eine E-Mail, in der auf jeden dieser Punkte eingegangen worden ist.

Verschwenkung Schutzstreifen Maximilianstraße

Hier habe das Radteam des Stadtplanungsamtes die gleiche Kritik gesehen, die Planung wird noch einmal angepasst.

Wartebereich der Straßenbahnhaltestelle

Eine Verschwenkung hinter den Wartebereich würde zu größeren Verschwenkungen führen, wird geschrieben. Impliziert wird, dass diese Kurven für die Radfahrenden nicht angenehm seien.

Dann würde man durch diese Verschwenkung die Radfahrenden in den Bereich lenken, in dem die Zufußgehenden unterwegs sind. Das ist schon korrekt, da ist das Schaufenster vom Primark. Aber in der aktuellen Planung werden die Radfahrenden ja durch den Wartebereich geführt. Das erscheint mir auch konfliktbehaftet.

In der Planung hätte man sich mit diversen Interessengruppen unterhalten. Ich nehme an, dass das dann der beste Kompromiss war.

Dann wird nochmal das Lichtsignal erklärt und darauf hingewiesen, dass auch Radfahrer verpflichtet sind dort anzuhalten. Ich weiß echt nicht, was sie mir mit dieser Aussage mitteilen wollen. Die bösen Rüpelradler sind das Problem? Oder dass sie eine Lösung haben, die auf dem Papier alles regelt?

Kurzzeitsparkplätze

Die Parkplätze seien nur zum Ein- und Aussteigen gedacht, nicht zum längeren Parken. Das ist ja großartig, man hat also möglichst viele Parkvorgänge, offene Türen und so weiter. Also genau das, was man an einer Radverkehrsverbindung haben möchte.

Es wird die ERA 2010 zitiert und dass nur ein Sicherheitsraum und kein Sicherheitstrennstreifen vorhanden sein. Jener muss zwischen 25 und 50 cm breit sein. Eine Autotür ist breiter als das, die Polizei Bonn empfieht einen Abstand von 100 cm zu parkenden Autos.

Sie zitieren noch eine Fußnote der ERA 2010:

Ein Sicherheitsraum muss im Gegensatz zum Sicherheitstrennstreifen nicht baulich oder markierungstechnisch ausgeprägt sein.

Toll. Wenn es kein Trennstreifen ist, sondern nur ein genereller Raum, hindert es niemanden daran, auch eher links in der Parktasche zu parken. Damit gibt es dann nur ziemlich wenig Abstand.

Weiter schreiben sie, dass die Regelmaße für Schutzstreifen 150 cm und für Längsparkstände 200 cm sind. In der Planung würde aber 160 cm für den Schutzstreifen und 250 cm für die Parkplätze vorgesehen, folglich ergebe sich ein Schutzraum von 60 cm.

Das ist noch immer weniger, als eine Autotür wirklich breit ist, wenn man sie komplett öffnet. Aber anscheinend ist man sehr stolz darauf. Zusätzlich kommt noch, dass Autos ja nur ohne Spiegel 200 cm breit sind. Ein BMW X7 ist zwar exakt 200 cm breit, mit Spiegeln sind es dann allerdings schon 222 cm. Diese stehen dann in den Gehweg oder den Schutzstreifen, je nach dem, wie geparkt wird.

Unter Idealbedingungen kann da noch knapp überholt werden, aber realistisch wird dann irgendwer nahe an den parkenden Autos fahren und gefährdet werden.

Abbiegen in Herwarthstraße

Hier wurde geschrieben, dass der geplante Zustand nicht schlechter als der aktuelle ist. Man könne sich rechtzeitig auf dem entsprechenden Fahrstreifen einordnen.

Und wann ist dieses »rechtzeitig«?

Abbiegen in Rabinstraße

Die Aufstellfläche sei nur dafür da, dass bei roter Ampel die Radfahrenden aufrücken können. Bei grüner Ampel müsste man sich einordnen, wie alle anderen Verkehrsteilnehmer aus.

Das klingt jetzt erstmal fair und gleichberechtigt. Jedoch wurden in der Planung doch gerade die langsamen Radfahrenden moniert. Von daher muss man dort bei 50 km/h im Mischverkehr von einem Geschwindigkeitsunterschied von mehr als 30 km/h ausgehen. Und in der Planung müssen die Radfahrenden dann zwei Fahrstreifen auf Verkehr von hinten überwachen, während sie die Straßenbahnschienen kreuzen. Mit dem Auto schaut man einmal und wechselt den Fahrstreifen, fertig. Soviel dazu.

Weitere Rückfragen

Das ganze erscheint mir nicht sonderlich schlüssig. Also habe ich nochmal geantwortet, wenn auch ziemlich spät.

E-Mail ans Tiefbauamt Bonn am 10.10.2021

Sehr […],

ich komme noch einmal zurück auf Ihre Antwort vom 16.08.2021.

Sie schreiben:

Das Regelmaße für den Schutzstreifen beträgt 1,50m und für einen Längsparkstand 2,00m. Nach der Planung besitzt der Schutzstreifen eine Breite von 1,60m und die Längsparkstände eine Breite von 2,50m. Somit beträgt der Sicherheitsraum, welcher nicht baulich oder markierungstechnisch ausgeprägt sein muss, 0,60m.

Die Polizei Bonn empfiehlt Radfahrenden zu parkenden Autos 100 cm Abstand zu halten. Wird ein Auto mit 200 cm Breite tatsächlich ganz rechts geparkt, so müssen Radfahrende zusätzliche 50 cm Abstand in den Schutzstreifen von den parkenden Autos halten. Somit bleiben noch 110 cm Schutzstreifen übrig. Ein typischer Lenker ist 70 cm breit. Somit bleiben noch 40 cm zum Fahrstreifen. Dieser ist 325 cm breit. Nimmt man hier ein Maß von 220 cm mit Seitenspiegeln, bleiben 105 Abstand zum Schutzstreifen. Mit den 40 cm zum Fahrradlenker sind es dann 145 cm, also 5 cm weniger als der vorgeschriebene Überholabstand.

Sobald das Auto nicht mehr bündig rechts im Parkstand geparkt wird, und/oder breiter als 200 cm ist (ein Mercedes Sprinter W907 kann bis 208 cm breit sein), wird der Überholabstand noch geringer.

Durch diese Konstruktion wird das Überholen der Radfahrenden durch den MIV unter Einhaltung aller Sicherheitsabstände knapp möglich bis nicht möglich. Nach meiner Erfahrung wissen weder Autofahrende noch Radfahrende darüber hinreichend bescheid, und man wird die Schlagzeile »Radfahrende kollidiert mit Autotür« auch einmal an dieser Stelle lesen.

Zum Abbiegen in die Herwarthstraße schreiben Sie:

Die Abbiegesituation hat sich in Bezug auf den Ist-Zustand nicht verschlechtert. Der Radfahrende kann sich rechtzeitig auf dem entsprechenden Fahrstreifen einordnen.

Wann ist dieses rechtzeitig? Schon vor der Fußgängerampel zwischen HBF-Gebäude und Poststraße?

Bezüglich der Rabinstraße schreiben sie ebenfalls, dass Radfahrende sich wie alle anderen Verkehrsteilnehmer entsprechend einordnen müssen. Das Problem hierbei ist allerdings, dass Radfahrende nicht so einfach Straßenbahnschienen kreuzen können wie Autos oder Busse. Zudem ist dort Mischverkehr mit 50 km/h vorgesehen. Da in der Planung die Radfahrenden als störend langsam beschrieben werden, müsste die Geschwindigkeitsdifferenz von über 30 km/h bekannt gewesen sein. Die Radfahrenden können nicht »mitschwimmen«, sondern müssen eine Lücke abwarten. Das halte ich weiterhin für anspruchsvoll, weil jetzt ein zusätzlich zu überwachender Fahrstreifen dazukommt.

Mit freundlichen Grüßen

Martin Ueding

Darauf bekam ich dann keine Antwort mehr.