Kontakt mit der Verkehrslenkung der Stadt Bonn

Als Jemand, der täglich mit dem Rad in Bonn unterwegs bin, maße ich mir da eine gewisse Kompetenz und Erfahrung an. Über die Jahre kenne ich viele Problemstellen, habe mir Ausweichrouten überlegt und weiß ebenfalls um die Gründe, warum andere Leute nicht mit dem Fahrrad fahren wollen.

Die Stadt Bonn ist auf Twitter vertreten, dort sitzt natürlich ein Social-Media-Team. Die eigentlichen Entscheidungen werden woander getroffen. Daher habe ich einfach nur gefragt, wo ich mich denn zur Radverkehrsführung beschweren könnte. Mir wurde die Seite zum Radverkehr genannt, bei der es ganz unten ein Kontaktformular gibt. Also habe ich drei E-Mails an die verkehrslenkung@bonn.de dort hingeschickt:

  1. Eine ganz einfache Meldung zu einem verwaisten Verkehrszeichen. Das ist letztlich keine politische Sache, sondern einfach nur etwas, was korrigiert werden muss. Darauf bekam ich keine Antwort.

  2. Eine Beschwerde zum Schutzstreifen an der Straße »Am Alten Friedhof«, der zum wunderbaren Kreisverkehr führt. Darauf bekam ich keine Antwort.

  3. Eine Beschwerde zu den Schutzstreifen direkt neben parkenden Autos. Darauf bekam ich ein paar Antworten, aber es ist sehr ernüchternd.

Ich möchte hier die Korrespondenz zu der dritten E-Mail mit der Stadt zeigen.

Zuerst schrieb ich diese E-Mail an die Stadtverwaltung:


Sehr geehrte Damen und Herren,

in Bonn (und generell Deutschland) kommt es immer wieder zu Unfällen, bei denen Radfahrer in unachtsam geöffnete Autotüren fahren. Ein Beispiel dafür ist https://bonn.polizei.nrw/node/46126.

Nun empfiehlt die Polizei, dass die Radfahrer einen Abstand halten sollen:

Radfahrende sollten zudem einen Sicherheitsabstand von mindestens einem Meter zu parkenden oder haltenden Kraftfahrzeugen einhalten.

Das möchte ich gerne in der konkreten Situation in der Sebastianstraße in Poppelsdorf illustrieren. Dort ist der Schutzstreifen direkt neben den parkenden Autos aufgemalt (siehe angehängtes Bild). Dieser ist, mit Markierung(!) nur 125 cm breit. Mein Lenker ist 70 cm breit. Wenn ich also 100 cm Abstand zu den Türen halte, fahre ich mit den Laufrädern knapp außerhalb der Markierung, mein Lenker steht noch weiter über den Schutzstreifen heraus.

Dies ist doch eine absurde Situation. Die Farbe auf der Straße suggeriert Radfahrern, dass sie genau in der Gefahrenzone fahren sollen. Autofahrern suggeriert sie, dass die Radfahrer auf diesem kleinen Streifen fahren sollen.

Ich sehe diese Situation als unhaltbar an. Es gibt drei Möglichkeiten:

  1. Parkplätze weg. Das wäre die für Radfahrer beste Variante. Außerdem wäre dann der Gehweg wieder so breit, dass man ihn angenehm nutzen kann und nicht im Entengang laufen muss. Die autofahrenden Anwohner werden sich aber sicher laut beschweren.

  2. Schutzstreifen komplett weg. Der suggeriert nur Unsinn.

  3. Einen Trennstreifen von 100 cm zwischen parkenden Autos zum Radstreifen einrichten. Und den Radstreifen dann so breit, dass die 150 cm Überholabstand automatisch eingehalten werden. Tja, die Straße ist interessanterweise gar nicht breit genug für vier KFZ nebeneinander (zweimal Parkplätze, zweimal fahrend) und Fahrräder. Damit sind wir wieder bei Option 1 oder 2.

Der Schutzstreifen wurde sogar im letzten Jahr noch Richtung Poppelsdorf verlängert. Ich würde mich sehr freuen, wenn dieser Unsinn aufgelöst werden würde.

Mit freundlichen Grüßen

Martin Ueding


Auf diese E-Mail bekam ich noch am gleichen Tag eine Antwort von Herrn K. geschickt:

vielen Dank für Ihre Mitteilung. Leider gibt es im gesamten Stadtgebiet noch Radverkehrsanlagen, die nicht den aktuellen Richtlinien entsprechen. Die Verwaltung ist in einer dafür vorgesehenen Projektgruppe bereits beauftragt nach und nach Verbesserungen umzusetzen. Die von Ihnen genannte Stelle wird auch untersucht. Sicherlich haben Sie Verständnis dafür, dass nicht alle Maßnahmen auf einmal durchgeführt werden können und dabei auch Prioritäten gesetzt werden müssen.

Das fand ich ziemlich unzufriedenstellend. Ich habe da einen Tag drüber nachgedacht und dann einen Tag später geantwortet.


Sehr geehrter Herr K.,

Leider gibt es im gesamten Stadtgebiet noch Radverkehrsanlagen, die nicht den aktuellen Richtlinien entsprechen.

Ja, das ist sicher richtig. Mir fallen eigentlich keine Schutzstreifen ein, die einen Abstand zu parkenden Autos haben. An der Endenicher Allee zwischen Nußallee und Wegelerstraße ist ein (zu schmaler) Trennstreifen vorhanden. Ein weiteres Beispiel könnte ich gerade nicht nennen.

Die Verwaltung ist in einer dafür vorgesehenen Projektgruppe bereits beauftragt nach und nach Verbesserungen umzusetzen.

Auf welcher Zeitskala ist denn die Umsetzung angedacht? Ergebnisse vom Rad-Dialog kann ich noch nicht in der Stadt erkennen, und der Rad-Dialog liegt schon mehrere Jahre zurück.

Sicherlich haben Sie Verständnis dafür, dass nicht alle Maßnahmen auf einmal durchgeführt werden können und dabei auch Prioritäten gesetzt werden müssen.

Natürlich geht nicht alles gleichzeitig. Aber auf mich wirkt es so, als würde so gut wie nichts passieren. Die Veränderungen in der Stadt, die ich mitbekomme, sind große Experimente (Kaiserstraße, Maximilianstraße, Am Hof), die allerdings in den ersten beiden Fällen nicht wirklich gelungen wirken. Dann sah ich auch neu aufgestellte Zeichen 315 (Röckumstraße, Kollegienweg) und Zeichen 314 (Röckumstraße) nach vielen Privatanzeigen. Bei mir ist angekommen, dass Bonn etwas gegen Falschparken tut, indem sie es legalisiert.

Die Fahrradabstellanlagen in der Nassestraße sind jetzt nach Jahren des Beschlusses auch tatsächlich umgesetzt worden. Mir ist da unverständlich, warum das so lange gedauert hat. Von der Fahrradstaffel des Ordnungsamtes will ich erst gar nicht anfangen, das ist wahrscheinlich nicht Ihr Bereich.

Wenn ich jetzt den vollkommen falschen Eindruck habe, können Sie mir bestimmt viele Bespiele nennen, die in letzter Zeit umgesetzt worden sind, oder?

Mit freundlichen Grüßen

Martin Ueding


Auch hier antwortete mir Herr K. noch am gleichen Tag:

sofern häufig wechselnde Fahrzeugbewegungen an Parkständen stattfinden (eigentlich vorwiegend im Innenstadtbereich) wird zwischen Parkbucht und Schutzstreifen ein Sicherheitstrennstreifen markiert. Dies ist bei "Dauerparkern" nach den Richtlinien (ERA) nicht erforderlich. Allerdings sollten die Mindestmaße eingehalten werden (1,25 m bei Schutzstreifen, idealerweise 1,50 m). Es sind bereits viele Projekte umgesetzt worden wie der Ausbau des Fahrradstraßennetzes, Protected Bike Lane auf der Sandkaule, Radfahrstreifen in der Quantiusstraße, Anpassung der Radverkehrsanlagen auf Regelmaße in zig Straßenzügen, zuletzt Burgstraße in Bad Godesberg (die Liste lässt sich weiter fortführen). Ansprechpartnerin für die Radverkehrsplanung ist allerdings meine Kollegin [Frau J.], die Ihre E-Mail auch in Cc. erhalten hat.

Mir scheint die Stadtverwaltung hier überzeugt von ihren großartigen Erungenschaften für den Radverkehr. Ich sehe das anders, und antworte nocheinmal. Da der Herr K. sich nicht mehr weiter zuständig fühlt, habe ich es an die Frau J. addressiert.


Sehr geehrte Frau J.,

ihr Kollege Herr K. hat mich an Sie verwiesen, da Sie für die Radverkehrsplanung zuständig sind.

In der E-Mail von gestern schrieb Ihr Kollege:

Leider gibt es im gesamten Stadtgebiet noch Radverkehrsanlagen, die nicht den aktuellen Richtlinien entsprechen.

In der heutigen E-Mail schrieb er allerdings etwas in meinen Augen widersprüchliches:

Dies ist bei "Dauerparkern" nach den Richtlinien (ERA) nicht erforderlich. Allerdings sollten die Mindestmaße eingehalten werden (1,25 m bei Schutzstreifen, idealerweise 1,50 m).

Also sind 125 cm breite Radstreifen direkt neben parkenden Autos entsprechend den aktuellen Richtlinien.

Dann noch zu den Trennstreifen schrieb er:

sofern häufig wechselnde Fahrzeugbewegungen an Parkständen stattfinden (eigentlich vorwiegend im Innenstadtbereich) wird zwischen Parkbucht und Schutzstreifen ein Sicherheitstrennstreifen markiert.

Vielleicht habe ich hier zu viel Angst um meine körperliche Unversehrtheit um das aus dem Blickwinkel der autogerechten Stadt zu sehen. Auch außerhalb der Innenstadt steigen Leute in ihre Autos und öffnen dabei unachtsam Türen. In meiner schon verlinkten Pressemitteilung handelte es sich um einen Fall in Bad Godesberg, also außerhalb der Bonner Innenstadt.

Da die Autospiegel in der Regel noch in den Schutzstreifen ragen ist bei 125 cm Breite meist nur noch ein paar handbreit Abstand zur Autotür vorhanden. Wollen Sie mir also sagen, ich soll so dicht an den parkenden Autos fahren, und darauf vertrauen, dass es sich um »Dauerparker« handelt? Wie erklären Sie den Widerspruch zur Aussage der Polizei Bonn?

Ihr Kollege führte dann die vielen Projekte aus, die schon umgesetzt worden sind.

Ausbau des Fahrradstraßennetzes

Netz!? Ein Netz ist für mich erreicht, wenn ich von jedem Punkt des Netzes zu jedem anderen kommen kann, ohne es verlassen zu müssen, und dabei auch noch mehrere Wege habe. Bei den Autobahnen können wir gerne von einem Netz sprechen, man kann über die A565 oder die A59 nach Köln fahren. Aber bei den Fahrradstraßen kann das nicht ihr Ernst sein. Wie komme ich denn von der Nassestraße in den Florentinusgraben? Was nützt das sehr kurze Fritz-Schröder-Ufer so ganz isoliert? Was habe ich vom Ende Ellerstraße, wenn ich danach wieder auf einer nicht-Fahrradstraße bin?

Nun sind die Fahrradstraßen in Bonn auch wirklich peinlich. Sie haben grundsätzlich den Zusatz »KFZ frei«. Schauen Sie doch in das Fritz-Schröder-Ufer oder die Ellerstraße. Diese »Fahrradstraßen« sind auf beiden Seiten komplett zugeparkt. Bei Begegnungsverkehr mit Radverkehr geht es gerade noch so, ignoriert man die Sicherheitsabstände zu parkenden Autos, ist Begegnungsverkehr nicht mehr möglich! Bei Begegnungsverkehr mit Autos ist es immer sehr eng, das macht überhaupt keinen Spaß.

Und den Florentinusgraben Richtung Stadthaus halte ich für sehr gefährlich. Mir kam da neulich das OA entgegen und machte noch nicht einmal Platz. Ich musste anhalten, damit ich nicht in ein paar Müllsäcke am Straßenrand fahre. Eine Fahrradstraße als Zufahrtsstraße für ein Parkhaus?

Wenn mal eine echte Fahrradstraße (also ohne KFZ frei) angelegt ist, können wir nochmal darüber sprechen. Aktuell ist es doch der traurige Versuch etwas für die Fahrradstatistik zu tun und gleichzeitig bloß keinem Autoverkehr, fließend oder ruhend, etwas zu tun. Es wäre deutlich ehrlicher, wenn das einfach als Tempo-30-Zonen wären.

Die Breite Straße, eine Fahrradstraße mit Kopfsteinplaster; genau mein Humor.

Ich habe noch ein paar schöne Bilder hier.

Kommen wir zum nächsten Punkt:

Protected Bike Lane auf der Sandkaule

Ja, die ist wirklich schön. Aber der Zubringer Belderberg ist schon wieder sehr unangenehm mit dem Fahrrad. Und die PBL ist ziemlich kurz. Und es hat wohl nochmal ziemlich lange gedauert, bis die Parkplätze wirklich mit Fahrradabstellanlagen umgewandelt worden sind.

Viel nötiger wäre so eine PBL an der Oxfortstraße und Bertha-von-Suttner-Platz. Aber da ist wohl zu viel MIV und man schickt die Leute lieber in die Gefahr oder die Friedrichstraße?

Radfahrstreifen in der Quantiusstraße

Haben Sie das mal in der Realität gesehen? Da stehen jetzt die Falschparker halt nicht mehr auf dem Schutzstreifen, sondern auf dem roten Radstreifen. Die Farbe hat doch noch nie jemanden interessiert, und die Situation dort ist nur wegen Corona so entspannt aktuell.

Bei Regenwetter wird zudem die Farbe rutschig, das ist eine Verschlechterung.

Warum wurde da keine PBL eingerichtet, die das Falschparken effektiv unterbunden hätte?

Anpassung der Radverkehrsanlagen auf Regelmaße in zig Straßenzügen, zuletzt Burgstraße in Bad Godesberg (die Liste lässt sich weiter fortführen)

Sind mit Regelmaße jetzt die Mindestmaße gemeint? Und ja, bitte führen Sie die Liste fort. Wobei selbst eine Verbreiterung auf 150 cm neben parkenden Autos meiner Auffassung nach zu schmal sind.

Mit freundlichen Grüßen

Martin Ueding


Auf diese E-Mail vom 04.08.2020 habe ich bis heute keine Antwort bekommen. Wahrscheinlich bin ich einfach ein asozialer Querulant, mit dem man nicht diskutieren will. Einer, der einfach nicht die großartigen Verbesserungen für den Radverkehr anerkennen will. Einer, der nie genug bekommt.

Nachdem die Ergebnisse des Rad-Dialogs in der Schublade verschwunden sind, und solch merkwürdige Experimente wie in der Maximilianstraße umgesetzt werden, hatte ich schon wenig Hoffnung. Meine Kontakte auf Twitter mit der Stadt waren auch eher wenig hilfreich beim Thema Radverkehr. Vor Jahren habe ich dem Oberbürgermeister einmal einen Brief zum Thema Radverkehr geschrieben. Nach Monaten der Wartezeit bekam ich eine Antwort, die letztlich viel Eigenlob und Unverständnis für meine Beschwerden enthielt.

Jetzt hatte ich Kontakt mit der entsprechenden Stelle und finde es einfach nur sehr ernüchternd. Wahrscheinlich werde ich jetzt einfach davon absehen, weiter mit der Stadt in Kontakt zu treten. Die wollen nicht, und meine Einwände scheinen einfach abgebürstet zu werden. Dann teile ich die Sachen lieber auf meinem Blog und auf Twitter, das ist amüsanter.