Kinder- und Autolärm

Autolärm macht krank und reizbar. Vielleicht wird Kinderlärm nur deshalb so störend empfunden, weil die Nerven durch Autolärm schon blank liegen.

Aktuell wohne ich an einer Einfallstraße, da fahren also relativ viele Leute mit dem Auto in den Ort rein oder raus. Alle paar Sekunden hört man ein Auto vorbeifahren. Einige Zimmer haben ihr Fenster zur Straße raus, man hört auch durch die geschlossenen Fenster den Lärm. Und es zermürbt einfach. An manchen Tagen merke ich, wie mich der Lärm besonders belastet und ich davon dünnhäutiger werde. Machen andere Leute dann noch Lärm, zum Beispiel Leute aus anderen Wohnungen im Haus oder spielende Kinder, nervt mich dieser Lärm nochmal mehr.

Der Unterschied ist aber, dass mir der Lärm aus den anderen Wohnungen oder dem Garten vermeidbar scheint. Es ist etwas, wo ich hingehen und etwas sagen könnte. Ich könnte die Kinder anpampen, dass sie leiser spielen sollten. Ich könnte zur Nachbarin gehen und sie bitten doch die hohen Schuhe in der Wohnung auszuziehen. Gegen den Autolärm kann ich aber nichts machen. Die Autofahrer sind sofort wieder weg, nicht greifbar. Und es kommen immer wieder neue vorbei. Manche lassen auch ihre Motoren noch aufheulen, weil sie sich und ihr Auto präsentieren möchten. Man spürt den Mangel an eigener Wirkweite.

Das Problem sind also nicht die spielenden Kinder. Man hört von Eltern doch immer wieder, dass die Kinder nur still vor ihrem Computer hängen und nicht mal draußen spielen. Das Problem ist der Autolärm und dass wie wir uns als Gesellschaft diesem total ergeben haben. Das Wohl von Kindern ist nicht so wichtig, wie die Automobilität von Erwachsenen.

Die Erwachsenen sind, ob sie es bewusst wahrnehmen oder nicht, vom Autolärm so gestresst wie ich auch. Und weil der Großteil von ihnen »auf das Auto angewiesen ist«, stellen sie auch nicht die Automobilität in Frage. Sie überlegen nicht, wie viel leiser eine Mobilität mit Fahrrädern und fußläufig erreichbaren Geschäften wäre. Sie haben keine Vision einer autoarmen Stadt, in der sich Menschen so frei und unbeschwert wie in einer Fußgängerzone mit Lieferverkehr bewegen können. Sie sind nervlich so am Ende, dass das Ballspiel der Kinder das Fass zum überlaufen bringt. Sie überlegen sich, wie sie ihr Stresslevel reduzieren können, und bringen einfach dieses Schild an:

No Ball Games